Die Kinder Paxias
sicher doch. Er ist Schreck einflößend, von grässlicher Erscheinung und unvorstellbarer Macht. Er hat versucht mich mit einem furchtbaren Bann zu belegen, aber Colia und ich haben ihn gerade rechtzeitig in Ketten gelegt. Diese markerschütternden Schreie und das schrille Kreischen, die zuweilen durch die Gänge hallen, entstammen seinen – mit dem Blut unzähliger erlegter Feinde besudelten – wulstigen Lippen……“
Drako gebot ihm mit erhobener Hand zu schweigen – immer eine Ermahnung und Klarstellung der Rangfolge, doch auch in seinen herrischen Zügen zuckte es bedeutungsvoll.
„Ich vermute, er ernährt sich von mit Feigheit und Blässe durchtränktem Fleisch, weswegen ihm stündlich ein neues Opfer geliefert werden muss. Seine Leibspeise sind Augäpfel, geprägt von einer weißen Iris. Und wenn er diese nicht in seinen tiefen Schlund geworfen erhält, wird er dieses Reich dem Erdboden Paxias gleich machen.“
„Selbstverständlich. Ich bewundere deine Weisheit und deinen immerwährenden Scharfsinn, gebietender Bruder“, in tiefster Demut legte Iain beide Hände aneinander und verbeugte sich in uneingeschränkter Unterwerfung vor dem Älteren.
„Deine Auffassungsgabe und Intelligenz kennt keine Grenzen, wie froh bin ich über deine heutige Rückkehr. Und deshalb lege ich das Schicksal dieses Ungetüms in deine Hände, auf dass das Recht aller Entscheidungen über die zukünftigen Verhaltensweisen gegen den Dämon der finsteren Mordgelüste, deiner Herrschaft angehört.“
„Bei allen guten Mächten Paxias, nichts davon wirst du tun!“, donnerte Drako, teils amüsiert, zum Teil erbost. Seine Faust landete krachend auf der mit Stoff bespannten Fläche des umfangreichen, dunklen Holztischs. Ein loser Blätterstapel diverser historischer Texte glitt lautlos zu Boden und verteilte sich auf den grau glänzenden Steinfliesen. Zwischen all dem entstandenen Chaos erschien ein zierliches Paar grauer Wildlederschuhe unter hellblauem Kleiderleinen. Die dazugehörigen Schritte ihrer Herkunft, waren in dem Krach Drakos Ausbruch untergegangen.
„Typisch Iain, nur du schaffst es deinen Bruder mit ein paar Sätzen aus der Haut fahren zu lassen. Was ist das überhaupt für ein Thema bei einem Wiedersehen?
Kaum sind wir wieder hier und ihr beide gerade für wenige Augenblicke zusammen, da spinnt ihr euch die grausigsten Märchen – fürwahr, meine Haare stehen in diesem Moment unverändert zu Berge.“
Es war Lianna, die süße Gattin Drakos seit über dreißig Jahren, viele Jahre jünger als beide Brüder, deren strahlendes Lächeln den Raum zu erhellen schien. In ihren blauen Augen tanzten muntere Wölkchen und führten einen fröhlichen Wettkampf mit dem Glanz ihrer goldblonden, elegant aufgesteckten Haare.
„So macht mein Bruder also einen Barbaren aus mir, dass ich durch unsere Debatte unverzeihlicherweise versäumt habe, meine kleine Schwägerin mit dem ihr gebührenden Respekt zu begrüßen.“
Iain ignorierte das grimmige Knurren Drakos hinter ihm, dessen Kernaussage ähnlich einer Forderung nach herrschaftlicher Ehrerbietung und Hochachtung klang, während er sich übergangslos der Betrachtung der hübschen Frau widmete. Seine Miene verlor sich dabei in sympathischer Weichheit.
Doch das Objekt seiner Aufmerksamkeit stemmte nur in gespielter Empörung die Hände in die Hüften.
„Respekt? Seit wann denn das?“
Voll einvernehmlicher Zuneigung blickten sie sich lachend an. Schließlich bot Lianna dem Schwager ihre rosigen Lippen zum Kuss, eine Einladung die er mit einer begleitenden Umarmung aufrichtig gerne annahm. Ein leiser Stoß der sich von ihrem Körper auf seinen übertrug, behinderte ihre Begrüßung, führte zu einem abrupten Abbruch. Iain legte seinen Arm um die Mitte Liannas, sie grinsend musternd.
„Du wirkst ausgesprochen schwanger, meine Dame.“
„Dagegen kann ich glücklicherweise nicht viel tun, ich bin schwanger“, erinnerte sie ihn vergnügt, ihre Hand streichelte in einer unbewusst innigen Bewegung ihren stark gewölbten Leib, der ihren fortgeschrittenen Zustand verriet. Eine Aura inneren Leuchtens umgab sie, verschönerte das gesamte zierliche Wesen, dass Gatte und Schwager in stummer Bewunderung ihrem liebevollen Glück huldigten.
Erst als Drako an die Seite Liannas trat, ihr Lächeln mit seinem Mund in einen zärtlichen Kuss wandelnd, erwachte Iain aus seiner Starre. In seinen Augen funkelte es ironisch.
„Ihr solltet aufpassen, dass man euch nicht mit
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