Die Kinder Paxias
zurück.
Zeitgleich mit dem Gast erhob sie sich, doch Nandini war nicht in der Lage, der Herrscherin Beachtung zu schenken. Obwohl sie mit ihren Worten diese adressierte, ruhte ihr Blick unverwandt auf Iain, während sie langsam auf ihn zutrat, dicht vor ihm stehenbleibend, dass nur er die lockende Verheißung im dunklen Glanz ihrer Augen erkennen konnte.
„Erlaubt mir den Rückzug, Herrscherin. Heute Nacht erwartet mich ein anstrengender Weg, und ich brauche einige Stunden Ruhe und Entspannung zur Vorbereitung.“
Lianna bemühte sich die körperliche Nähe der beiden neben ihr stehenden zu übersehen, ebenso wie sie die aufkommende erotische Spannung zu ignorieren suchte. Kein Zweifel, Nandini war eine Meisterin im Aufbau solcher Bannkreise – viel Erfahrung, trotz ihrer jungen Jahre, schien ein ausgezeichneter Lehrmeister gewesen zu sein.
„Ihr wollt wirklich bereits diesen Abend abreisen? Wir hofften, Ihr würdet uns die Ehre Eurer Anwesenheit bei der Festtafel geben?“
„Leider nicht“, lehnte Nandini höflich ab. „Mein Vater erwartet meine Rückkehr, und es ist eine lange Reise.“
Dieses Argument schloss jedweden Einwand seitens Lianna aus – also blieb ihr nur das Angebot, die Abgesandte zu ihren Gasträumen zu eskortieren. Sie machte keine Anstalten den beiden ein diskretes Alleinsein zu ermöglichen, also blieb Nandini nichts anderes übrig, ihrem Verlangen im Stillen Gestalt zu geben. Sie zog Iain zu sich herunter, dass sie ihren Mund dicht an sein Ohr bringen konnte. Seine unbewegliche Miene ließ keine Deutung der geflüsterten Worte Nandinis zu, und die Zunge die diesen Nachdruck verlieh und aufreizend an der empfindlichen Haut seiner Ohrmuschel entlangglitt, sah Lianna nicht. Also fanden ihre Ahnungen über den Inhalt dieses letzten Intermezzos keine Manifestation.
Iain schwieg, kein Blick folgte den beiden scheidenden Frauen.
Er hatte sein Urteil gefällt: Nandini war ihm nicht ebenbürtig.
Zu leicht würde sie sich von ihm brechen lassen, konnte seiner Willenskraft niemals standhalten.
Kapitel 8
„In einer alten Überlieferung steht geschrieben, die Hierarchie des Sternenvolkes entwickelt sich nach der Macht des Stärkeren. Ist das richtig?“
Was immer Saya über seine überfallartige wenn auch sachlich ausgesprochene Frage, die seinen Eintritt unmittelbar begleitete, denken mochte, ihrer Miene war keinerlei Regung erkenntlich.
Doch die ruhige, fast offene Art ihrer Reaktion, bestätigte seinen Plan auf jegliche Floskeln zu verzichten, um das nun so lange vernachlässigte Thema ihrer Abmachung anzugehen.
Es waren drei Tage seit ihrer letzten Begegnung vergangen, und sie beide fühlten drängende Ungeduld.
Er nahm ihr gegenüber an der kleinen Sitzgruppe Platz, die sie bis eben zum Studieren genutzt hatte, wie die umfangreichen, aufgeschlagenen Bücher vor ihr Zeugnis ablegten.
Sein Kinn auf beide Hände gestützt blickte er sie an – abwartend, gespannt.
Sie verwehrte ihm die Antwort nicht, verzichtete ihrerseits auf jedwede Einleitung.
„Diese Überlieferung bedarf einer grundlegenden Korrektur. Entspräche sie der Wahrheit, würden wir ein sehr ungerechtes System leben.
Wie dir bekannt ist, gliedern wir uns in zwei Status: Krieger und Gelehrte. Die Macht des Stärkeren kann hierbei keine funktionsfähiges Gleichgewicht erzeugen.“
„Aber was ist mit dir? Du bist vom Status einer Gelehrten und besitzt die Kraft und Erfahrung kampferprobter Männer. Mir selbst hast du dies schon erlebnisreich zu verstehen gegeben.
Kann das Ausmaß der Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen noch so gewaltig sein?“
„Meine Geschichte ist eine andere!“,
Sayas verschlossene Entschiedenheit, mit der sie Iains Einwand begegnete, war ihm Warnung genug, die Persönlichkeit von Inhalten vorerst zu meiden und die allgemeine Auskunft, die sie zu geben bereit war, zu akzeptieren.
„Unsere Hierarchie ist einfach strukturiert. Sie gliedert sich dem Alter entsprechend. Weisheit bedeutet also Macht.“
Iain verinnerlichte die absolute Logik in der Existenz von Sayas System nur sehr langsam. Zu unterschiedlich war sie von allem, was ihm je zuvor begegnet war, an das er Zeit seines Lebens glauben gelernt hatte.
Nur aus dem Wunsch heraus sich seines Verständnisses zu vergewissern, entstand seine Nachfrage.
„Heißt das, ich würde allein wegen meiner um wenige Jahre größeren Daseinsdauer, einen höheren Rang in der Folge einnehmen als du?“
Für Saya bedeutete ein ehrliches
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