Die Kinder Paxias
Zugeständnis eine erzwungene Unterordnung – etwas, gegen dass es sich mit aller Macht zu erwehren galt.
Iain bemerkte seinen verhängnisvollen Fehler zu spät. Das wilde Blitzen ihrer Augen, die aggressive Anspannung ihres Körpers manifestierten seinen Eindruck, dass ihre Beherrschung kaum mehr ihrer Gewalt unterstand.
Beide Fäuste fest zusammengepresst auf den Tisch vor sich bringend, lehnte Saya sich ausreichend vor, um ihren nächsten Worten eine wenig unterschwellige Drohung beizumischen.
„Wenn ich mich nicht sehr irre, herrscht in dieser Welt eine andere Form der hierarchischen Ordnung. Deine Unterwerfung gehört einzig und allein ihr – wie meine einzig und allein der des Sternenvolkes.“
Ein Rettungsanker, ganz unerwartet und ausgerechnet in ihrer indirekten Kampfansage.
„Die Paxianer leben in einer anderen Ordnung als wir Angehörigen der Naturreiche Paxias. Es gibt also zwei verschiedene Hierarchieformen auf dieser Welt.“
Ein erheblicher Teil der kriegerische Spannung schwand in dieser harmlosen Information, vorgetragen in dem nüchternsten, ruhigsten Tonfall, den Iains Sprachvorrat beherbergte.
Die Wildheit in Sayas Wesen gab ihren Verstand frei.
Es begann in ihr zu arbeiten, den Blick auf die unterschiedlichen Bücherpassagen gerichtet, mit denen sie sich vor Iains Ankunft beschäftigt hatte. Nachdenklich hielt sie bei dem Generationenwerk inne – geschrieben von Iain und seinen Vorfahren, besann sich auf ihre grundlegenden Forschungen. Auf ihre Suche nach Antworten, die sie zu einer würdigen Gelehrten machte.
Die interessante Aussage des Mannes vor ihr, bildete dabei sicher eine fundierte Basis.
Entschlossen entspannte sie ihre Hände, ließ sie über die handgeschriebenen Seiten der sorgfältigen Dokumentation über die Völker der Welt Paxia gleiten.
„In eurem umfangreichen Werk ist ein weiteres Volk nicht einmal ansatzweise erwähnt.
Enttäuschend, in Anbetracht dessen, wie nahe ihr diesem steht.“
Der kurze Moment bis ihr Iains verstehende Aufmerksamkeit gehörte, begleitet von einem unkontrollierten, jungenhaften Lächeln, war ihr nützliche Gelegenheit ihre Konzentration endgültig wieder auf die sachliche Ebene zu fokussieren.
Seinen unvermeidbaren Kommentar: „Das geschriebene Wort ist ein unverzichtbares Gut, aber in diesem Fall haben wir jeden Tag aufs Neue das lebende Bild“, ignorierte sie.
„Da du so eifrig verschiedene Hierarchieformen auf dieser Welt erwähnst, berichte mir von der dir nahestehendsten. Wie ist dieses Reich organisiert? Du bist der Bruder des gegenwärtigen Herrschers, wenn ich mich recht erinnere.“
„Und ich werde der Onkel des Nachfolgers sein“, die seltsame Art seiner Bestätigung, veranlasste sie zweifelnd die Brauen zusammenzuziehen. Er wunderte sich nicht über ihr mangelndes Begreifen, setzte unbeirrt mit einer Licht bringenden Erklärung fort.
„Seit Anbeginn unserer Existenz wird das Recht des Herrschertums von Blut bestimmt. Nur den ältesten Söhnen einer Blutlinie ist es erlaubt, unser Volk zu führen.“
„Eine Blutlinie“, diese kurz formulierte Tatsache und die absolute Akzeptanz die unterschwellig Iains Tonfall beeinflusst hatte, erschien Saya unglaublich in ihrer fehlenden Logik. Wie konnte so ein System frei jeder Balance, voll unflexibler Schablonenhaftigkeit friedlich funktionieren?
Ohne Widerstand des Volkes?
Ohne Gerechtigkeit in der Rangordnung?
Ihr Wissensdurst drängte sich an die Oberfläche.
„Was geschieht, wenn diese Linie unterbrochen wird? Existiert ein Eskalationsplan?“
Iain lächelte undefinierbar, doch seine blauen Augen umwölkten sich für den Bruchteil eines Momentes, dass in ihr die Erkenntnis erwachte – dieses Lächeln war nicht echt.
„Unmöglich! Dies wird niemals Realität.“
„Aber...“, noch während Saya, ihrem Temperament entsprechend, Protest einlegen wollte, dämmerte ihr die Wahrheit. Langsam lehnte sie sich in dem bequemen Sitzmöbel zurück, ein Nicken signalisierte ihre Bereitschaft, dieses für ihn offensichtlich unangenehme Thema ruhen zu lassen. Wie auch er ihre Ablehnung, auf Fragen einzugehen, die sich ihrer Privatsphäre näherten, respektiert hatte.
Eine knappe Antwort begleitete ihre Reaktion.
„Ich verstehe.“
Sie unterschätzte Iain.
Er war durchaus einverstanden einen kleinen Schritt in der Phase ihres gegenseitigen Kennenlernens weiterzugehen und mehr von sich preiszugeben, als sie es sich zu diesem Zeitpunkt vorstellen konnte.
Allerdings nur
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