Die Kinder Paxias
Schmunzeln vor, um dem Regenten das widerstrebende Bündel abzunehmen und mit leichten wiegenden Bewegungen zu beruhigen, damit dieser seine Rede ungestört und von jedem gehört fortsetzten konnte.
„Vor sechs Nächten ist in Talei nicht nur ein neues Leben geboren, sondern Lianna, meiner Gemahlin, ein zweites Mal das ihre geschenkt worden.
Auch aus diesem Geburtstag, der eine unaussprechliche Bedeutung für mich hat, soll ein Feiertag entstehen.“
Liannas Hände ruhten sanft geborgen in denen Drakos. Momente lang versank er in dem innigen Blick ihrer strahlenden Augen. Seine geflüsterten Worte mit denen er sein Gesicht ihrem näherte, waren nur für sie bestimmt, aber vernehmlich genug für die anderen Anwesenden auf der Empore.
„Du bedeutest die ganze Welt für mich. Ich liebe dich.“
Der feuchte Glanz verschwand unter ihren Lidern, als sie den weichen Kuss Drakos empfing und behutsam in seine Arme gezogen wurde, als wäre sie ein zerbrechliches Kleinod unschätzbaren Wertes. Ohne Zögern erwiderte sie seine Geste mit aller Liebe, die in ihr für ihn lebte.
Ein neuer Freudensturm tobte unter dieser Aktion, diesmal wirkungsvoll und lautstark unterstützt von Iain und den Kindern des Paares.
Nicht frei von Widerstreben, sich aber dem eigentlichen Grund dieser Versammlung bewusst, unterbrach Drako die zarte Umarmung und wandte sich diesmal lediglich halb der harrenden Menge zu. Seine Aufmerksamkeit gehörte Saya. Langsam näherte er sich ihr, ihren Blick mit dem dunkler werdenden Ausdruck seiner Augen fesselnd. Diese tiefblaue Intensität war der Gelehrten fremd, seine Stimmung nicht einschätzbar für sie. Mit angespannter Vorsicht bewahrte sie ihre neutrale Haltung. Angriff oder Verteidigung – beides erschien ihr unerklärlicherweise falsch. Einzig Neugierde wollte ihren Geist beherrschen.
„Eben sprach ich von einem Wunder, als Ursache für die Tatsache, dass wir am heutigen Tag mit Vorbereitungen auf ein Freudenfest auseinandergehen werden.
Denn eigentlich ständen wir heute einer Trauerprozession gegenüber, die Lianna und Talei das Geleit auf ihrem letzten Weg geben würde.
Beide zu geschwächt von den Anstrengungen der Geburt, hatten es nicht vermocht, ohne eingreifende Hilfe die Qual von Schmerzen und Stagnation zu überwinden. Die Kräuter unserer Heimat erwiesen sich als nicht ausreichend, einen glücklichen Ausgang herbeizuführen, wenn sie auch nicht nutzlos blieben.
Colias Idee, eine Bitte um Hilfe, veranlasste schließlich die wundersame Rettung.
Ein Gast, der seit Wochen mit einer heilenden Verletzung in unseren Mauern weilt, zeigte sich ohne Zögern bereit, ihre überwältigende Kraft und ihr reiches Wissen in die Waagschale zu werfen. Mit Colias Assistenz, setzte sie ihre gesammelten medizinischen Fähigkeiten ein. Sie trat in den scheinbar aussichtslosen Kampf um das Leben zweier wertvoller und geliebter Mitglieder unseres Volkes. Dabei nahm sie keine Rücksicht auf den eigenen angeschlagenen physischen Zustand und riskierte die eigene Genesung zu verlangsamen.
Erst als sie Lianna bei vollem Bewusstsein wusste und sie und Talei vollständig medizinisch versorgt waren, verließ unser wertvoller Gast ihre helfende Stellung, um sich die wohlverdiente Ruhepause zu gönnen - nachdem sie meinen Bruder Iain und mich über das Ergehen unserer Angehörigen beruhigt und informiert hatte.“
Tiefernst hallte die dunkle Stimme des Herrschers durch den Ebenensaal, in dem atemlose Stille kein Geräusch zuließ. Aller Augen ruhten auf Saya, die sich Drako nun gegenüber fand. Beide musterten sich schweigend – sie in Erstaunen versunken, er mit entgegengestreckter offener Hand.
„Ihr seid unser Wunder, Gelehrte Saya, lasst mich Euch aus dem Grund meines Herzens für Euer mutiges Eintreten und besonnenes Handeln danken.
Wir werden Euren Rat befolgen, um Liannas zweitem Leben viele Jahre zu schenken. Jahre, die nur durch Euch existieren und in denen wir stets dankbar erinnernd in Eurer Schuld stehen werden.
Talei wird mit der Geschichte ihrer ereignisreichen Geburt aufwachsen und als lebender Beweis Eure Heldentat bezeugen – ein Begriff, mit dem wir sehr vorsichtig umzugehen pflegen.
Aber für meine Familie, Gelehrte Saya, seid Ihr genau das – eine Heldin.“
Es war ihr Instinkt, der Saya dazu trieb ihre Hand in die des Herrschers zu legen. Sie fühlte sie mit warmem Druck umschlossen. Seine Ehrerbietung ihr gegenüber, ließ ihn weder seine Haltung verlieren noch etwas von seiner
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