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Die Kinder Paxias

Die Kinder Paxias

Titel: Die Kinder Paxias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Feder
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steht dir gut.“
    Iains erwiderndes Lächeln, mit dem er seine Aussage begleitete, irritierte Saya - doch nicht ausreichend, um sie ihrer seltenen Ruhe zu berauben.
    Ihre Beobachtungen hatten ihr einen gewissen Eindruck über das Verhaltensmuster ihres Gastgebervolkes vermittelt. Es war stark geprägt durch ein rücksichtsvolles und innerhalb der Familie überwiegend liebevolles Miteinander. Auf Streit folgte Versöhnung, auf Weinen Lachen, auf Kummer Freude. Leichtigkeit und Fröhlichkeit dominierten oberflächlich betrachtet in dieser Welt und bestimmten den gemeinsamen Umgang.
    In den ersten Wochen hatten Iains Anpassungsfähigkeit und Colias wissenschaftlicher Ernst, ihr einen realitätsgetreuen Einblick in die vorherrschende Lebensschablone erschwert, doch seit dem Kennenlernen des Herrscherpaares und dessen Kindern, hatte Saya ihr Wissen erheblich bereichern können und ihrem Temperament stärkende Zügel des Verständnisses angelegt. Dennoch bevorzugte sie in das Thema ihres Gespräches lenkend einzugreifen.
    „Ich entnehme deinen Worten, dass Paxias Geschenk der Unsterblichkeit auf deine Dankbarkeit verzichten muss.“
    „Auf keinen Fall!“, entsetzt hob Iain in abwehrender Geste die Hände.
    „Paxia möge mir verzeihen, wenn ich diesen Eindruck vermitteln sollte.
    Die Gabe der Unsterblichkeit ist ein Segen.
    Der Umgang meines Volkes damit ist es nur, der es mir in seltenen Momenten als Fluch erscheinen lässt.“
    „Unsterblichkeit – Auslegung und Bedeutung, ein würdiger Diskussionsgrund, um Generationen von Gelehrten intensiv in ihrer Forschungsarbeit zu beschäftigen“, bestätigte Saya in lebendiger Erinnerung ihrer eigenen Erfahrungen. Aber Iain widersprach ihr mit einem entnervten Seufzen, das deutlich genug seinen Mangel an Ergebenheit in die Erkenntnisse seiner Heimat zum Ausdruck brachte.
    „Schön wäre es, wenn auch nur ein Einziger endlich innovative Ideen einbrächte, die die verstaubte Tradition und die eingefahrenen Methoden dieses Reiches ins Schwanken bringen könnten. Es ist eine erschreckende Tatsache, dass unsere starre Lebensweise die Sicht auf die Ursache meiner Unsterblichkeit förmlich unauslöschlich geprägt hat und man nun von mir erwartet, dieser mit dankbarem Herzen gerecht zu werden.
    Sicher ist dir die beträchtliche Anzahl Kinder bei der Versammlung nicht entgangen.“
    Die Wächterin nickte schweigend mit vorsichtigem Interesse, seiner leisen Andeutung ungewiss. Bereitwillig konkretisierte Iain seine Worte mit nüchterner Sachlichkeit, der unverkennbar ein Hauch Ironie beigemischt war.
    „Fruchtbarkeit.“
    „Was?“, Saya glaubte sich verhört zu haben. Skeptisch starrte sie den Diplomaten an, der eine Grimasse schnitt.
    „Fruchtbarkeit bedeutet in den Traditionen dieses Reiches Anfang und Ende – sie ist die Essenz unseres Daseins. Die Vermehrung unserer Art ist die Wurzel aller geltenden Grundgesetze.
    Dieser primitiven Gegebenheit entspringt der unerschütterliche Glaube meines Volkes an meinen Daseinszweck: Eine ewige Orgie sexueller Ausschweifungen hinter der Maske kultureller Prinzipien.“
    „Das ist absurd!“
    War ihr angedeutetes Lächeln vor wenigen Augenblicken bereits ein Ereignis für den stets wieder von ihrer wandelbaren Art angezogenen Mann gewesen, so musste diese Wirkung durch ihr ungläubiges Auflachen noch eine vielfache Steigerung erfahren. Es war ebenso klangvoll wie geheimnisvoll, mit einem erregenden Timbre in ihrer Stimme. Iain ließ das dunkle Echo in seinem Innern ungestört arbeiten, lehnte jedoch für den Moment ab, sich um die daraus resultierende Wirkung auf seinen Körper zu kümmern. Seine in stummem Sarkasmus hochgezogenen Brauen, begleitet von einem mehr als ausdrucksstarken Blick aus klarblauen Augen, überzeugten Saya vom Wahrheitsgehalt seiner Worte.
    Ihre Belustigung wandelte sich in entsetzte Fassungslosigkeit.
    „Du hast in vollem Ernst gesprochen“, stellte sie entgeistert fest.
    „Absolut“, seine lakonische Reaktion hielt dem Anblick ihrer konfusen Miene nicht stand. Aber sein Lachen galt seiner eigenen vertrackten Situation, nicht der Gelehrten.
    „Mein Bruder versucht seit vielen Jahren, gleichzeitig den Erwartungen seines Volkes und meinen Interessen gerecht zu werden, indem er unermüdlich mit dem Ansinnen an mich herantritt, eine feste Bindung einzugehen und mir die passend erscheinenden Gefährtinnen zuführt.
    Diese Versuche endeten nicht selten in regelrechten Basaren – bei denen mir Frauen wie

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