Die Kinder von Alpha Centauri
nichts
anmerken und fragte sich, wie es weitergehen würde.
Merrick ließ seine Hände auf die Brust sinken.
»Und wie leben Sie sich ein? Kommt Ihre Familie gut zurecht?«
»Sehr gut, wenn man bedenkt, daß es zwanzig Jahre gewesen sind.« Bernard
erlaubte sich ein schwaches Lächeln. »Jean findet manche Dinge ein wenig
sonderbar, aber ich bin sicher, daß sie das überwinden wird.«
»Gut, sehr gut. Und wie sehen Sie die Frage Ihrer Beziehungen zu den Chironern
im allgemeinen?«
»Ich halte sie für erfrischend aufrichtige und direkte Leute. Man weiß,
woran man bei ihnen ist.« Bernard zog die Schultern hoch. »Angesichts der
kurzen Zeit, die wir hier sind, finde ich, daß alles überraschend glatt
gegangen ist. Es hätte sicher schlimmer kommen können.«
»Hamm . . .« Die Bemerkung schien nicht ganz dem zu entsprechen, was
Merrick erwartet hatte. »Nicht alles, denke ich doch«, sagte er. »Was ist mit
dem tödlichen Schuß auf Corporal Wilson vorige Woche?«
»Das war ein bedauerlicher Zwischenfall«, bestätigte Bernard. »Aber nach
meiner Ansicht hatte er sich das selbst zuzuschreiben, Sir.«
»Das mag sein, liegt aber neben der Sache, auf die es mir ankam«,
erklärte Merrick. »Sie werden sicherlich nicht die Herrschaft durch den Pöbel
billigen, der bei diesen Leuten das Gesetz vertritt. Wollen Sie behaupten, daß
Sie unsere eigene Bevölkerung der Gefahr aussetzen möchten, auf der Straße von
jedem niedergeschossen zu werden, dem man nicht paßt?«
Bernard seufzte. Wie gewohnt schien Merrick entschlossen zu sein, die
Antworten zu verdrehen, bis sie so ausfielen, wie er sie zu hören wünschte.
»Natürlich nicht«, erwiderte Bernard. »Aber ich glaube, die Leute
übertreiben. Dieser Vorfall ist nicht typisch für das, was wir zu erwarten
haben. Die Chironer verhalten sich so, wie sie behandelt werden. Leute, die
sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern und nicht das Bestreben haben,
jemanden zu belästigen, haben keinen Anlaß zur Sorge.«
»Also ist jeder für sich selbst das Gesetz«, schlußfolgerte Merrick.
»Nein, das Gesetz ist stillschweigend da und gilt für jeden, aber man muß
es zu lesen verstehen.« Bernard zog die Brauen zusammen. Das war nicht so
herausgekommen, wie er gewollt hatte. Es lud zu der naheliegenden Antwort ein,
daß keine zwei Menschen etwas genau gleich sahen. Der Unterschied war nur der,
daß es bei den Chironern ging. »Ich will damit nur sagen, ich halte das Problem
nicht für so schlimm, wie manche Leute es darzustellen versuchen«, erläuterte
er und fühlte gleichzeitig, daß die Erklärung recht lahm war.
»Ich nehme an, Sie haben die neuesten Meldungen über die Soldaten
gehört, die aus der Kaserne in Canaveral ausgebrochen sind«, fuhr Merrick fort.
»Ja, aber die Situation kann nicht von Dauer sein. Wenn die Armee sie
nicht bald erwischt, dann schnappen die Chironer sie.«
Padawski und seine Anhänger waren auf irgendeine Weise auf der anderen
Seite des Medichiron aufgetaucht, einer Gegend mit nur spärlicher Besiedelung,
und schienen sich als Banditen in den Bergen einzurichten. Was ein Bandit auf
einer Welt wie Chiron zu erreichen hoffte, war schwer zu sehen, aber Rache
gegen die Chironer schien eine große Rolle dabei zu spielen; zwei vereinzelt
stehende Häuser waren überfallen, durchsucht und ausgeplündert worden. Dabei
hatten fünf Chironer und ein Soldat den Tod gefunden. Drei Chironerinnen,
darunter ein fünfzehnjähriges Mädchen, waren mißhandelt und vergewaltigt
worden. Die Armee suchte das Gebiet von der Luft aus und mit Streifen zu Fuß
ab, bis jetzt aber ohne Erfolg - die Ausbrecher kannten sich in der Kunst des
Versteckens gut aus. Satelliten waren von begrenztem Nutzen,vor allem in
unübersichtlichem Gelände.Bernard vermutete jedoch, daß die Chironer durchaus
fähig waren, das Problem auch ohne die Hilfe des Militärs zu lösen. Die
chironische Bevölkerung schien Experten auf allen Gebieten hervorgebracht zu
haben, darunter auch sehr tüchtige Scharfschützen und Waldläufer, die in
früheren Jahren ab und zu gerufen worden waren, um beharrliche Unruhestifter zu
entmutigen oder im Notfall zu beseitigen. Beispielsweise war Van Ness, der
Mann,der Wilson mit einem gezielten Schuß aus der anderen Ecke eines Lokals
niedergestreckt hatte, offenkundig kein Amateur. Es hatte sich herausgestellt,
daß Van Ness nicht nur Kartograph und Holzlieferant, sondern auch ein
erfahrener Jäger und Forscher war und in der Kampfschule in
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