Die Kinder von Alpha Centauri
Neonlicht. Die Bowery-Bar, ein beliebter Treffpunkt regulärer
Soldaten in der Freizeit, war in eine Ecke des Bereichs gezwängt, neben einem
Cafe, hinter einer nietenbeschlagenen Tür aus furnierter Eiche und einem hohen
Fenster aus kleinen, farbig getönten Scheiben, hinter denen die Innenbeleuchtung
rot schimmerte.
In der Bar war es voll und rauchig, im Gedränge an der langen Theke auf
der linken Seite sah man viele Uniformierte und Frauen. Hinter der Ecke, in dem
kleinen Raum dahinter, spielte eine Vier-Mann-Combo. Colman und andere von der
Kompanie D saßen an einem der Tische der Doppelreihe an der Wand gegenüber der
Bar. Sirocco hatte sich entgegen der Vorschrift zu ihnen gesetzt,
Fraternisierung zwischen Offizieren und Mannschaften war untersagt, und
Corporal Swyley war wieder auf den Beinen, nachdem der Diätarzt im
Brigadelazarett den Befehl gegeben hatte, Swyley jedesmal, wenn er aufgenommen
wurde, auf Spinat und Fisch zu setzen. Bret Hanlon, der Sergeant, der den
zweiten Zug führte und ein alter Freund Colmans war, saß auf der anderen Seite
Siroccos zusammen mit Stanislau, dem Laserkanonier des dritten Zuges, und zwei
Zivilistinnen; eine Funkspezialistin, die Antia hieß und im
Brigadehauptquartier Dienst tat, schmiegte sich an Colman. Ihren Arm hatte sie
durch den seinen geschoben.
Stanislau blickte gebannt auf ein Kom-Gerät, das er auf die Tischkante
gelegt hatte. Der Mini-Bildschirm war voller Mikrocode-Mnemonikzeilen. Er
tippte auf der Tastatur geschickt eine Reihe von Ziffern ein, sah sich das
Ergebnis an und gab eine Befehlsfolge ein. Unten in einer Ecke erschien eine
Zahl. Stanislau sah Sirocco triumphierend an.
»3,141592653«, verkündete er. »Pi auf zehn Stellen.«
Sirocco schnaubte durch die Nase, zog einen Fünfdollarschein aus der
Tasche und reichte ihn hinüber. Die Wette war darum gegangen, ob Stanislau das
Sicherheitssystem der Datenbank knacken und eine Eingabe herausholen konnte,
die Sirocco eine halbe Stunde vorher im öffentlichen Sektor mit einem
persönlichen Zugangsschlüssel deponiert hatte.
»Was sagt ihr!« rief Hanlon begeistert. »Er hat es geschafft!«
»Nicht vergessen - eine Runde Bier auch noch«, sagte Colman zu Sirocco.
Die Mädchen quietschten erfreut.
»Wo hast du das gelernt, Stan?« fragte Paula, eine der beiden
Zivilistinnen. Sie hatte ein schmales, aber hübsches Gesicht, das durch zuviel
Schminke unnötig knallig wirkte. Ihre Bluse spannte sich straff und
herausfordernd über den prallen Brüsten.
Stanislau schob das Gerät in die Tasche.
»Das willst du gar nicht wissen«, sagte er. »Ist nicht sehr anständig.«
»Komm schon, Stan, heraus damit«, drängte Terry, Pailas Begleiterin.
Colman warf Stanislau einen herausfordernden Blick zu, der keine Wahl mehr
ließ.
Stanislau trank einen großen Schluck Bier und machte eine wegwerfende
Handbewegung.
»Mein Großvater hielt sich in den Kargen Jahren dadurch am Leben, daß er
staatliche Lagerhäuser ausraubte und die Sachen verkaufte. Er knackte jedes
Sicherheitssystem, das es gab. Mein Vater bekam eine Stellung beim
Nothilfe-Amt, und gemeinsam schrieben sie zwei Schwestern und einen Bruder, die
ich nie hatte, ins System und kassierten für sie. Das Leben war also nicht so
übel.« Er zuckte die Schultern, als wollte er sich dafür entschuldigen. »Das
ist wohl eine Art Tradition geworden ... in der Familie gewissermaßen
weitergereicht.«
»Ein echter Profi-Einbrecher!« rief Terry.
»Du Schweinehund«, sagte Hanlon bewundernd.
»Jedenfalls ein Hund«, fügte Anita hinzu. Alle lachten.
Sirocco hatte die Geschichte schon gekannt, aber es wäre nicht in Ordnung
gewesen, etwas zu sagen. Stanislaus Versetzung zur Kompanie D war auf die
Untersuchung des geheimnisvollen Verschwindens von Werkzeug und elektrischen
Ersatzteilen in Brigade-Lagern erfolgt, die später in der Abteilung
»Unterhaltung im Heim« in einem der Einkaufsmärkte wieder aufgetaucht waren.
Swyley wirkte abwesend und nachdenklich hinter der dicken Brille, die
seine Augen in pochierte Eier verwandelte und die Vorstellung, er könnte auf
besondere Sehfähigkeit geprüft werden, unsinnig erscheinen ließ. Er fragte
sich, wie nützlich Stans ruchlose Talente dafür sein mochten, in seine eigenen
Daten im militärischen Verwaltungscomputer ein paar Pluspunkte einzuschmuggeln,
konnte in Siroccos Anwesenheit aber nicht gut davon anfangen. Man konnte auch
zu vermessen sein. Er beschloß, unter vier Augen mit Stanislau zu reden.
»Wo ist
Weitere Kostenlose Bücher