Die Kinder von Alpha Centauri
sehen wir jetzt. Wir hätten strengste Trennung durchsetzen
sollen, bis ordnungsgemäße Beziehungen bestehen.«
»Das wäre nicht möglich gewesen«, gab Wellesley zurück. »Wir wären
einfach hinter einem Zaun geblieben, unbeachtet, und hätten uns lächerlich
gemacht.«
»Wenn Ihre Absicht darin bestanden hat, bei den Chironern eine
feindselige Reaktion zu provozieren, als Rechtfertigung für gewaltsames
Eingreifen, um die Ordnung herzustellen, hat das auch nicht geklappt«, gab
Kalens kalt zurück. »Jetzt müssen wir mit dem Schaden leben und über
Alternativen nachdenken.«
»Was meinen Sie damit?« Wellesley umklammerte die Armlehnen seines
Sessels, als wolle er aufspringen. »Ziehen Sie Ihre Anschuldigung sofort
zurück!«
»Wollen Sie bestreiten, daß Sie durch das Vorschicken von Zivilisten
einen Zwischenfall zu provozieren hofften, der den Einsatz von Truppen
gerechtfertigt hätte?«
Wellesley erbleichte. An seinen Schläfen traten die Adern quellend
hervor. »Das bestreite ich! Ich bestreite ferner, daß Sie für eine strikte
Trennung eingetreten sind. Meine Politik war darauf gerichtet, ihre Führung aus
der Reserve zu locken, indem wir friedliche Koexistenz demonstrierten, und Sie
haben zugestimmt. Ziehen Sie Ihre Behauptung zurück.«
Kalens sah ihn einige Sekunden lang ruhig an und nickte dann.»Gut. Ich
ziehe die Behauptung zurück und entschuldige mich.«
»Protokoll«, zischte Wellesley immer noch zornig zu dem Computer, der
die Äußerungen aufzeichnete. »Die Erklärung über eine feindselige Reaktion und
alles Folgende löschen.«
»Gelöscht«, bestätigte die Maschine. »Letzte Protokollzeile lautet: »...
hinter einem Zaun geblieben, unbeachtet, und hätten uns lächerlich gemacht.««
Die Unterstellung hatte ihre Wirkung getan. Sterm betrachtete Wellesley
forschend, und Marcia Quarrey blickte mit neuer Achtung über den Tisch. Farnhill
scharrte verlegen mit den Füßen.
»Wie soll es dann weitergehen?« fragte Borftein, auf das Thema
zurückkommend, um die Spannung zu mildern.
Sterm betrachtete seine Finger und hob dann den Kopf.
»Wenn direktes militärisches Eingreifen ungeeignet oder unerwünscht
ist, wird Kontrolle in der Regel dadurch ausgeübt, daß man die Güterverteilung
einschränkt und überwacht«, sagte er langsam. »Hier wären die traditionellen
Methoden, das zu erreichen, schwierig anzuwenden, wenn nicht gar unmöglich,
weil der Begriff nicht in seiner gewohnten Bedeutung angewendet werden kann.
Diese Gesellschaft muß aber trotzdem ihre Schwachpunkte haben. Es handelt sich
um eine fortgeschrittene Gesellschaft mit hoher Technologie; letzten Endes muß
ihr Reichtum von ihren technischen und industriellen Ressourcen herrühren. Dort
sollten wir nach verwundbaren -Stellen suchen.«
Es trat kurze Zeit Stille ein, während die Anwesenden darüber
nachdachten. Kalens dachte an den Fusionskomplex, von dem Famhill bei seinen
vorwiegend ergebnislosen Gesprächen mit einer Anzahl Chironer in Franklin
erfahren hatte. Kalens hatte Famhill ausgeschickt, um zu erfahren, was er durch
beiläufigere Kontakte und Unterhaltungen herausfinden konnte, nachdem Borftein
die sarkastische Bemerkung hatte fallen lassen, die Kompanie der Außenseiter
scheine bei den Einheimischen mehr Erfolge zu haben als die Diplomaten.
»Ja, ich weiß, was Sie meinen«, sagte Kalens mit einer Kopfbewegung zu
Sterm. »Wir hatten in dieser Richtung schon Ermittlungen angestellt.« Er wandte
sich an Famhill. »Amery, erzählen Sie uns noch einmal von dieser Anlage an der
Küste.«
»Port Norday?«
»Ja - eine Art Industriekomplex, nicht wahr?«
»Es handelt sich um eine zentrale Fusionsanlage, die Energie für
praktisch das ganze Gebiet hier und eine große Menge Material über eine
Vielzahl voneinander unabhängiger Prozesse liefert«, teilte Farnhill mit. »Zu
den Hauptprodukten gehören wichtige Metalle und Chemikalien ebenso wie
elektrischer Strom.«
»Wer betreibt sie?« fragte Marcia Quarrey.
Farnhill wirkte verlegen. »Nun, soviel ich herausfinden konnte, scheint
eine Frau namens Kath für vieles verantwortlich zu sein ... soweit dort
überhaupt jemand etwas zu sagen hat. Ich habe sie aber nicht persönlich kennengelernt.«
»Das wäre ein guter Anfang«, meinte Kalens zu Wellesley.
Wellesley wirkte nachdenklich.
»Ich frage mich, ob Leighton Merrick und seine Spezialisten so eine
Anlage betreiben könnten«, überlegte er versonnen. Nach einigen Sekunden fügte
er hastig hinzu:
Weitere Kostenlose Bücher