Die Kinder von Alpha Centauri
er.
»Arrogant?« Adam lächelte in sich hinein. »Das sind diejenigen, die so
sicher sind, daß sie »wissen«, nicht ich. Ich lege die Tatsachen nur so
günstig aus, wie ich kann.« Er dachte wieder nach. »Jedenfalls sind Arroganz
und Stolz nicht dasselbe. Ich bin stolz darauf, ein menschliches Wesen zu sein,
das allerdings.«
»Sie würden Ihnen auch sagen, Demut sei eine bessere Tugend«, erklärte
Colman.
»Das stimmt«, gab Adam zu. »Aber Bescheidenheit und Selbstverleugnung
sind auch nicht dasselbe.«
Colman blickte unwillkürlich zu Kath hinüber, um ihre Meinung zu hören.
»Wenn Sie Glaubenssysteme meinen, die trotz eines gegenteiligen
Eindrucks an der Oberfläche auf krankhafter Besessenheit, Tod, Haß, Verfall,
Entmenschlichung und Demütigung beruhen, dann ist die Antwort auf Ihre Frage
ein Nein«, sagte sie und sah Colman an. Sie warf einen Blick auf ihre
Enkelkinder. »Aber wenn ein Einsatz für Leben, Liebe, Wachstum, Leistung und
die Kräfte des menschlichen Schöpfergeistes nach Ihrer Definition gelten, dann
könnte man sagen, ja, Chiron hat Religion.«
Bis die anderen zurückkamen, hatten alle Hunger, und Kathy und Susie
beschlossen, auf die Dienste der automatischen Küche zu verzichten und ein
Experiment in der altmodischen Kunst des Kochens zu veranstalten, wozu sie
nichts als Mixer, Schäler, Schneidemaschine, einen automatischen Herd und ihre
Hände benutzten. Das Ergebnis wurde einstimmig als Erfolg gefeiert. Während
der Mahlzeit unterhielten sich die Terraner hauptsächlich über die
eindrucksvolleren Ereignisse während der Reise, dieweil Kath mehr über das
Antriebssystem der »Mayflower II« erfahren wollte, als Vorbereitung auf den
Rundgang, den sie mit der chironischen Delegation machen sollte. Colman stellte
jedoch fest, daß er nicht viel zu den Dingen beitragen konnte, die sie schon
wußte.
Dann tauchte die Frage auf, was man mit dem Rest des Abends anfangen
sollte.
»Tim hat uns von der Kamschule erzählt, wo er und seine junge Dame hier
Mitglieder sind«, sagte Hanlon. »Scheint ganz toll zu sein. Ich habe den
Verdacht, daß Jay Lust hätte, sich das anzusehen, und ich überlege mir, ob ich
nicht mitgehen soll.«
»Ich?« sagte Jay. »Ich komme mit, klar, aber ich dachte, Sie sind
derjenige, der es kaum erwarten kann.«
»Bret ist Nahkampflehrer bei der Armee«, erläuterte Tim.
Adam entschuldigte sich mit Arbeit, und Bobby und Susie freuten sich
auf eine musikalische Komödie, die an diesem Abend nicht weit vom Haus entfernt
gegeben wurde. Colman vermutete, daß Kath sie begleiten wollte, so daß er eine
Münze hätte werfen müssen, um zu wissen, was er sich ansehen sollte, aber zu
seiner Überraschung schlug sie statt dessen vor, irgendwo zu zweit etwas zu
trinken. »Ich habe das öfter gesehen, als ich zählen kann«, flüsterte sie ihm
zu. Wie kam er also dazu, das abzulehnen? dachte Colman. Gleichzeitig wurde er
aber den heimlichen Verdacht nicht los, daß das alles ein bißchen sonderbar
war.
Kath schlug ein Lokal in der Stadt vor, das »Doppelmond« hieß, wo sie
und ihre Freunde in der Regel zu Unterhaltung und Geselligkeit hingingen. Für
einen erfrischenden Spaziergang an einem Abend wie diesem sei die Entfernung
gerade richtig. Unterwegs kamen sie an dem Haus vorbei, wo Colman und seine
Begleiter heute stehengeblieben waren, und er erwähnte den Malerroboter.
»Es sah so aus, als lerne er den Beruf«, meinte er.
»Sehr wahrscheinlich«, erwiderte Kath. »Der Mann, den Sie gesehen
haben, wollte sich wohl ein, zwei erholsame Tage gönnen, an denen er
beschäftigt war. Es ist schön, Maschinen in der Nähe zu haben, wenn aus einer
Beschäftigung Mühsal wird.«
»Die Menschen haben keine Angst davor, von einem Chip ersetzt zu
werden?«
»Wenn ein Chip die Aufgabe erfüllen kann, hat ein Mensch sicher mehr
davon, etwas anderes zu machen.«
Nach kurzem Schweigen sagte Colman: »Diese Roboter - wie gut sind sie
eigentlich?«
»Sie werden gesteuert von verfeinerten, anpassungsfähigen
Lernprogrammen, die über die Computer laufen und durch das Netz verteilt
werden, das ist alles. Ich kann mir nicht denken, daß die Methoden sehr viel
anders sind als bei Ihnen.«
»Sie sind also keineswegs intelligent... haben kein Bewußtsein oder so?«
Kath lachte auf.
»Natürlich nicht... aber das täuscht oft, nicht?
Sie dürfen nicht vergessen, daß sie sich aus Systemen entwickelt haben, die
darauf konstruiert waren, sich an Kinder anzupassen und sie zu
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