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Die Kinder von Avalon (German Edition)

Die Kinder von Avalon (German Edition)

Titel: Die Kinder von Avalon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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wäre. Da sagte mir Gwydion, der kluge Gwydion, der listige Gwydion … ›Gib ihm das Leben deines Gefährten. Denn was ist teurer als ein Menschenleben?‹ … Und ich tötete Tyllion Mordydd, mit meinen eigenen Händen tötete ich ihn …« Der Geist hob die Hände, und Siggi sah, dass sie blutverschmiert waren. »Und Arawn … Arawn …«
    »Was?«
    »Arawn lachte.«
    »Aber wieso?«
    »Es war die falsche Entscheidung, verstehst du? Einen anderen zu töten ist immer die falsche Entscheidung. Gwydion … er hat es gewusst. Er wollte nur nicht, dass wir … dass wir …« Das Gesicht des Geistes dehnte sich in die Länge, zerfloss zu einem Schwaden.
    »… dass wir es weitersagten …«, heulte die körperlose Stimme des Unglücklichen. »… weitersagten … wie er sich die Freiheit erkauft hat …«
    Auch die magische Klinge konnte ihn nun nicht mehr halten. Er floss darum herum, wand sich darunter hervor wie eine Schlange, ein Rauchfaden im Wind.
    »Gibt es einen Weg nach draußen?«, schrie Siggi, als der Geist sich aufzulösen begann.
    Aber er hörte nur noch das ersterbende Echo der verblassenden Stimme:
    »… gefangen … gefangen auf ewig …«
    »Antworte mir!«
    »… ewig …«, heulte das Echo.
    Siggi stand allein da. Der Geist des Toten hatte ihm nicht helfen können; also musste er sich selbst helfen. Einen Moment lang überlegte er, ob er zurückgehen sollte, über die Brücke, um nach seinem Freund zu suchen. Aber er sagte sich, wenn er die falsche Tür genommen hatte, dann musste Hagen die richtige gewählt haben. Also war er vermutlich in Sicherheit. Und wenn nicht, dann konnte er ihm wahrscheinlich auch nicht helfen.
    Richtig oder falsch? Er wusste es immer noch nicht. Aber obwohl ihn die Worte des Geistes verfolgten, war er nicht ganz ohne Hoffnung. Zumindest gab es einen Ausweg von hier, auch wenn der unglückliche Heilyn ihn nicht gefunden hatte und nun immer noch in dieser Zwischenwelt sein Unwesen trieb. Weiterzugehen war in diesem Fall das einzig Sinnvolle.
    Ein Weg führte zwischen den Felsen hindurch. Er war kaum zu erkennen außer an gelegentlichen Markierungen. Hierhin und dorthin wand er sich zwischen Steinformationen, die immer höher und mächtiger wurden. Der schimmernde Dunst klebte an den Felsen, sodass er ein gleichbleibend helles Zwielicht spendete. Die Steine flirrten von der Feuchtigkeit, funkelnd wie Juwelen.
    Fast hätte Siggi den schmalen Gang übersehen, der sich plötzlich zur Linken zwischen den Felsen auftat. Während der Weg weiter bergan zu führen schien, stach der Stollen direkt hinein in das Herz des Gesteins.
    Siggi zögerte. Sollte er dem hellen Pfad weiter folgen, in das ungewisse Licht hinein? Oder sollte er sich in diesen dunklen, engen Gang wagen?
    Was hätte Hagen an seiner Stelle getan, überlegte er sich. Aber du bist nicht Hagen, sagte ihm eine innere Stimme. Seine Wege sind nicht deine Wege.
    Hagen hätte vermutlich gesagt, dass dies alles viel zu einfach war. Irgendwo auf diesem Weg musste es einen Punkt geben, an dem die einen in die Irre gegangen waren, die anderen die Freiheit erlangt hatten. Und der einfachste Weg ist nicht immer der beste. Wo hatte er das gehört?
    Hagen ist ein Geschöpf der Dunkelheit, sagte die Stimme in seinem Kopf. Du musst den Weg des Lichts gehen …
    Er wischte die innere Stimme beiseite. Er musste sich frei entscheiden, ohne auf irgendwelche Einflüsterungen zu lauschen.
    Er horchte in die Öffnung des Ganges. Irgendwo aus weiter Ferne glaubt er ein Rauschen zu vernehmen, ganz leise, an der äußersten Grenze des Hörbaren.
    Entschlossen packte Siggi sein Schwert fester und tauchte hinein in die Dunkelheit.
    Nebel war überall. Nicht jene wabernden, lichterfüllten Schwaden, durch die sie in den Tälern des Sommerlandes gezogen waren. Dies war eine dunkle, formlose Masse, von einem fahlen Dämmerschein erfüllt. Nirgendwo war etwas zu erkennen, dennoch hatte Hagen das Gefühl, dass er sich in einem Raum befand. Er drehte sich um, streckte den Speer vor. Die Spitze traf auf Widerstand, aber es war nicht der dumpfe Klang von Holz, den er erwartet hatte. Seine Hand ertastete hartes, massives Gestein, feucht von der Nebelkühle. Von der Tür, durch die er soeben getreten war, keine Spur.
    Mit der Orientierung kam auch die Sicht zurück, zumindest auf Armeslänge. Er befand sich am Ende eines blinden Stollens, der, wie es schien, von Hand in den gewachsenen Fels getrieben worden war. Die Meißelspuren an den Wänden bildeten

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