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Die Kinder von Avalon (German Edition)

Die Kinder von Avalon (German Edition)

Titel: Die Kinder von Avalon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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geschlungen. Mit dem Rücken zum Mast ließ sie sich nieder. »Nur keine Müdigkeit, Jungs«, sagte sie.
    »Du hast gut reden«, schnaufte ihr Bruder. »Aber wenn du willst, kannst du gleich auch mal rudern.«
    »Ihr macht das schon ganz gut«, meinte sie.
    Hagen grinste. Ihm schien das Rudern weit weniger auszumachen als Siggi. Ja, Gunhild hatte fast das Gefühl, als sei er hier draußen auf dem Meer in seinem wahren Element.
    »Von mir aus können wir noch Stunden weiterrudern …«, erklärte er.
    »Ooh!«, stöhnte Siggi.
    »… aber ich kriege langsam Hunger.«
    »Nachdem du dir in Brâns Höhle … den Bauch so voll geschlagen hast … wundert mich das aber sehr«, keuchte Siggi zwischen den Ruderschlägen.
    »Seeluft macht hungrig«, meinte Hagen. »Und ich hatte noch kein Frühstück.«
    »Ich schau mal, was sich machen lässt«, erbarmte sich Gunhild schließlich.
    So nahmen sie auf dem schwankenden Boot ihre erste Mahlzeit des Tages ein: Brot, hart, in Fladen gebacken, aber noch genießbar, und Schinken, dazu Äpfel und Nüsse als Nachspeise, und keiner zierte sich zuzugreifen. Zum Trinken hatte der Druide zwei große irdene Krüge mit Wasser an Bord bringen lassen, dazu einen kleineren in einem Korbgeflecht, der Wein enthielt. Gemischt mit dem Wasser ergab er ein Getränk, das erfrischte, auch wenn es nicht eiskalt war.
    »Es würde mich interessieren«, sagte Hagen zwischen zwei Bissen, »was aus den anderen geworden ist, die damals in Brâns Halle gespeist haben. Sie sind von dort entkommen, so viel steht fest. Sie haben den gleichen Weg gewählt wie wir, durch eine der beiden Türen …«
    »Die schwarze und die weiße?«, fragte Gunhild. Als Hagen und Siggi erstaunt zu ihr hinüberblickten, zuckte sie entschuldigend die Schultern. »Ich habe sie in meinem Traum gesehen«, fügte sie hinzu.
    »Aber haben sie den Weg in die Freiheit gefunden?«, fuhr Hagen fort. »Pryderi und Manawyddan und die anderen?«
    Er hatte sich mit seiner Frage an den Alten gewandt, doch Siggi antwortete an seiner statt:
    »Nicht alle. Zwei von ihnen wurden verraten, durch einen gewissen Gwydion.«
    »Woher willst du das wissen?«, kam die Stimme des Alten vom Heck her.
    »Ich habe mit einem von ihnen gesprochen. Mit seinem Geist, um genau zu sein. Heilyn hieß er. Er hat den anderen umgebracht, einen gewissen Twyllion …«
    »Tyllion«, verbesserte Aneirin. »Tyllion Mordydd nannte man ihn.«
    »Irgendwo«, überlegte Gunhild, »habe ich diesen Namen schon gehört. Es ist verwirrend, mit diesen ganzen fremden Namen.«
    »Ich wüsste dennoch gern«, sagte Siggi, »was mit diesem Gwydion und seinen Brüdern geschehen ist. Sie haben sich mit den Schätzen Erins von Annwn freigekauft.«
    »Und wieso sind der Speer und das Schwert dann jetzt hier?«, fragte Hagen. »Und was ist mit den anderen geworden? Was ist mit dem Kelch? Und dem Stein?«
    Unwillkürlich gingen ihre Blicke zu Gunhild. Das Juwel der Göttin, das sie jetzt offen an der goldenen Kette um ihren Hals trug, blitzte im Licht.
    »Der Stein? Aber wie ist das möglich?«
    »Fragen«, sagte Aneirin, »immer so viele Fragen:
    Was war zuerst, Dunkelheit oder Licht?
Oder der erste Mensch, wann wurde er erschaffen?
Oder was sind die Festen der Erde unter dem Land?
Das Aufwallen des Meeres, woher kommt es?
Wer will die Grenzen Annwns ermessen?
Was ist die Größe seiner Steine?
Oder die Spitzen seiner wirbelnden Bäume,
Wer hat sie so krumm gebogen?
Sind es Llew und Gwydion selbst, die Zauber wirken,
Oder schöpfen sie aus Büchern, wenn sie ’s tun?
Woher kommen Nacht und Flut?
Wohin flieht die Nacht vor dem Tag?
Und warum hat keiner jemals etwas gesehen?
    Fragen über Fragen. Und auf nicht alle gibt es auch eine Antwort.« Er überlegte einen Moment, ehe er fortfuhr. »Ja, sie fanden den Weg zurück nach Prydain, sie alle, die Überlebenden. Doch es war ein anderes Land, als sie es in Erinnerung hatten.«
    Er beugte sich vor. Seine dunklen Augen brannten.
    »Vergesst nicht, es waren inzwischen vierzig Jahre vergangen. An Brân mab Llŷr erinnerte man sich nur noch als an eine große Gestalt der Legende: Bendigeidvrân, Brân den Gesegneten, zu dessen Zeit die Insel der Mächtigen ein Land des Glücks gewesen sei. Doch über den Großteil der Insel herrschte jetzt ein neuer Hochkönig: Pendragon nannte man ihn, den Großen Drachen. Sein wirklicher Name war Uther, und es hieß, er stamme von den römischen Kaisern ab und von einer Prinzessin des Sommerlandes. Aber

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