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Die Kinder von Avalon (German Edition)

Die Kinder von Avalon (German Edition)

Titel: Die Kinder von Avalon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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Schloss mit Türmen wie aus einem Märchenbuch, sondern eine Burg mit dicken Mauern. Im Angesicht welcher Feinde mochte sie in grauer Vorzeit errichtet worden sein? Vielleicht aber war sie nur dazu gedacht gewesen, den Stürmen der Zeit zu trotzen, Schutz zu bieten vor Wind und Wetter und dem schleichenden Zerfall, der im Kern aller Dinge steckt.
    Höher und höher führte der Weg hinauf. Über schmale Treppen, die dem gerundeten Verlauf des äußeren Mauerrings folgten, gelangten sie schließlich über eine Folge von Wachstuben in den inneren Bereich.
    Alles war wie ausgestorben. Auch hier waren die Räume eng, mit hohen Decken, die sich im Dunkel verloren. Die Wände bestanden aus großen Steinblöcken, ohne Mörtel, aber so eng verfugt, dass man keine Messerklinge dazwischenschieben konnte. Die Fenster, hoch in den Wänden eingelassen, waren mit einem Mosaik von handtellergroßen runden Glasscheiben besetzt. Vielleicht hatte man früher einmal dadurch die Farbe des Himmels erkennen können, aber jetzt waren sie von Sand und Salz so zernarbt, dass sie nur ein trübes Licht hereindringen ließen. Hagen blickte sich um und stellte fest, dass sie allein waren: sie drei und der Alte. Ihre Begleiter waren irgendwann zurückgeblieben, ohne dass es ihm aufgefallen war, und hatten sich in einen Seitengang verdrückt.
    Doch Merlin hatte, als wäre es das Natürlichste der Welt, die Führung übernommen. Er schritt durch die leeren, hallenden Kammern, als kenne er hier jeden Fußbreit. Und wenn sein Blick über die kahlen Mauern strich, dann schien er Dinge zu sehen, die einst gewesen waren, und wenn er den Kopf neigte, war es, als lauschte er unhörbaren Tönen nach.
    Einstmals mochten auch in diesen Hallen die Wände mit gewirkten Gobelins behangen gewesen sein, und Teppiche mochten den kalten Boden bedeckt haben. In den toten Nischen hatten einst Fackeln Licht gespendet, das die Farben der Banner zum Leuchten brachte. Auch hier waren einmal Lieder erklungen, wo nun jeder Hall die Stille störte.
    Und doch, dachte Hagen, verglich man diese Festung der Ewigkeit mit den hohen Hallen der Elben von Avalon, so sah man deutlich den Unterschied. Zwar hatte hier die Zeit alles Vergängliche hinweggefegt, aber der Stein war noch fest; kein bröckelnder Putz lag in den Ecken. Dunkler war es hier und enger, doch die Linien der Hallen und Gänge waren klar und rein. An diesen Steinen würde der Zahn der Zeit noch Jahrhunderte nagen, ohne sie je zu zerfressen.
    Selbst die Linien im Gesicht des Alten wirkten in diesem Licht tiefer, die Kanten härter. Welche Gedanken, welche Erinnerungen mochten sich hinter der hohen Stirn verbergen?
    Es war schließlich Siggi, der die Frage stellte, welche auch Hagen auf der Zunge brannte.
    »Ist das wahr, was dieser … dieser Fischmann gesagt hat? Dass er dein Sohn ist?«
    Der Alte wandte den Kopf. Seine Augen lagen tief in den Schatten unter den vorspringenden Brauenwülsten.
    »Er ist der Sohn Arianrhods, so wie ich der Sohn Dôns bin. Der Vater ist immer ungewiss, so hieß es in den alten Zeiten, nur der Name der Mutter zählt. Aber die Geschichte, so wie Dylan sie berichtete, ist wahr. Ich selbst war dabei. Mâth der Alte suchte eine neue Fußhalterin; denn, wie ich euch erzählte, er besitzt seine göttliche Weisheit nur, wenn seine Füße im Schoß einer Jungfrau ruhen, und Goewyn war ja von meinem Bruder entehrt worden. Da schlug ich ihm Arianrhod vor, meine Schwester, und sie willigte ein. Doch als er sie der Prüfung unterzog und von ihr verlangte, über seinen Druidenstab zu steigen, da gebar sie Dylan. Und sobald er geboren wurde, kroch er in Richtung Meer, denn er war damals schon groß und stark, und das Meer war in seinem Blut. Dylan Eil Ton, den Sohn der Welle, nannte man ihn deshalb. Aber mein Sohn, das war Dylan Eil Ton nie …«
    Er schwieg. Er schwieg so lange, bis Hagen nicht mehr an sich halten konnte: »Und was ist mit dem anderen, seinem Bruder? Was ist mit Llew?«
    »Llew?« Merlin fuhr herum. »Was weißt du von Llew Llaw Gyffes?«
    »Du hast ihn selbst einmal erwähnt.« Hagen runzelte die Stirn, und plötzlich fiel es ihm wieder ein, wo er diesen Namen gehört hatte: »Die Herrin der Insel, sie hat mich mit ihm verglichen, war es nicht so? Llew mit der sicheren Hand, so nannte sie mich … Llew, das bedeutet Löwe, nicht wahr?«
    »Ein Löwe«, sagte der Alte sinnend, »ja, das war er. Wenn ich je einen Sohn hatte, dann ihn.«
    Er wandte sich ab. »Aber um diese Geschichte

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