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Die Kinder von Avalon (German Edition)

Die Kinder von Avalon (German Edition)

Titel: Die Kinder von Avalon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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sie nur mit Mühe und wie durch einen Zauber entkommen waren. Und so sagte er das Erste, was ihm in den Sinn kam: »Bist du …« Er räusperte sich. Seine Zunge war wie gelähmt. »Bist du wirklich die Mutter von diesem … diesem Ungeheuer?«
    Wenn Sie die Frage als ungehörig empfand, so zeigte Arianrhod es nicht. Mit einem Lächeln antwortete sie: »Dylan ist mir immer ein guter Sohn gewesen«, erklärte sie. »Er und sein Volk, die Coranieid, haben alle Gefahren von mir fern gehalten, diese vielen langen Jahre. Er und seine Hunde sind meine Wächter.«
    »Die Hunde …« Siggi blinzelte.
    »Oh, ihr habt die Wächter überwunden?« Sie wiegte anerkennend den Kopf. »Das ist bislang keinem gelungen.«
    »Fast wäre es mir auch nicht geglückt«, sagte Merlin, »Er grollt mir immer noch, weißt du, weil ich daran schuld bin, dass es ihn gibt.«
    Arianrhod sah ihm voll ins Gesicht. »Für dich gab es immer nur einen Sohn, nicht wahr?«
    »Erzähle mir von ihm.«
    Sie fuhr zurück. »Ausgerechnet ich? Du weißt, dass ich ihm nie viel Liebe entgegenbrachte; er war immer mehr dein als mein.«
    »Ich weiß«, antwortete er. »Doch ich habe zu lange geschlafen. Ich habe zu viel vergessen von dem, was einmal war, und darum musst du mir helfen, diese Geschichte zu erzählen. Zu diesem Zweck sind wir hierher gekommen. Denn in der Geschichte von Llew Llaw Gyffes, das weiß ich nun, liegt der Schlüssel zu allem.«
    Sie sah ihn lange an. Dann seufzte sie und sprach: »Dann soll es so sein.« Sie ließ sich wieder auf ihren Schemel am Spinnrad nieder, und während sie das Rad drehte, begann sie mit leiser Stimme, die sich mit dem Sirren des silbernen Rades verwob, zu erzählen:
    »Setzt euch her, und ich werde euch von Llew Llaw Gyffes berichten, dem Löwen mit der sicheren Hand, dem Herrn des Speers …«
    Da es weder Bänke noch Stühle in dem Raum gab, außer dem Schemel, auf dem Arianrhod saß, ließen sie sich auf den Boden nieder: Gunhild immer noch wie in Trance, Siggi mit einem verwunderten Blick in den Augen, als träume er, und Hagen mit einem misstrauischen Stirnrunzeln, aber genauso interessiert. Nur der Alte blieb stehen; er stützte die Arme auf das Knie, bis sein Kopf fast auf derselben Höhe wie Arianrhods Gesicht war, als wolle er ihr jedes Wort von den Lippen ablesen.
    »Mâth mab Mathonwy suchte eine Jungfrau in jenen Tagen … aber das wisst ihr bereits, wie mir scheint. Jedenfalls gingen wir, mein Bruder Gwydion und ich, miteinander zu Rate, und wir beschlossen, dass ich den Versuch machen sollte, Mâths Fußhalterin zu werden. Denn wir wussten um die Gefahr, die darin lag, dass die vier Schätze der Welt noch in den Händen Arawns waren. Wir hofften, wenn ich erst das Vertrauen von Mâth besäße, dann würde ich auch einen Weg erfahren, wie wir an jenen geheimen Ort am Ende der Welt gelangen könnten, wo sie verborgen waren – und von dort wieder zurück.
    Was damals geschah und warum, das weiß ich bis heute nicht. Denn ich schwöre, beim Namen meiner Mutter, der Göttin Dôn, dass ich noch mit keinem Mann zusammen gewesen war. Und dennoch gebar ich Dylan, und er war wie ein junger Mann, als er geboren wurde, kräftig und stark, und sogleich suchte er seinen Weg zum Meer … aber auch das wisst ihr gewiss, da ihr ihm begegnet seid.
    Doch zugleich mit ihm gebar ich etwas anderes, ein unfertiges Ding, und ich glaubte, es sei tot geboren. Gwydion nahm es an sich und hüllte es in seinen Mantel, und ich glaubte, das geschehe nur, um mir den Schmerz dieses Anblicks zu ersparen. Und so zog ich mich zurück nach Caer Arianrhod und nährte meinen Schmerz.
    Dann, eines Tages, kam er zu mir. Er kam in Begleitung eines Knaben. Der Junge sah aus, als wäre er schon acht, aber er war erst vier. ›Dies ist dein Sohn‹, sagte er, ›und der meine.‹«
    »Und warum auch nicht?«, warf ihr Bruder ein. »Ich habe ihn ausgebrütet, in einem Kasten, weil er noch nicht lebensfähig war. Bin ich somit nicht mehr als ein Vater für ihn gewesen? Ich besorgte ihm eine Amme. Ich lehrte ihn alles, was er wissen musste. Er wuchs schneller heran als jedes Kind, das ich je gekannt hatte. Sollte ich nicht stolz auf ihn sein? Und so brachte ich ihn zu dir, seiner Mutter. Aber du weigertest dich …«
    »Ich wollte nicht an jenen Schmerz erinnert werden. Und so erlegte ich ihm das Schicksal auf, dass er nie einen Namen haben sollte außer von mir. Doch ich hatte nicht mit der Klugheit Gwydions des Listenreichen gerechnet.«
    »Ich

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