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Die Kinder von Avalon (German Edition)

Die Kinder von Avalon (German Edition)

Titel: Die Kinder von Avalon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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lachte. »Nein, nicht weit. Du müsstest es schon sehen, wenn der Nebel sich hebt. Was willst du in Camelot?«
    »Oh«, sagte er vage, mit einer Bewegung seiner Hand, die den Speer blitzen ließ. »Ich suche jemanden. Er soll hier am Hofe sein. Ein Zauberer …«
    »Merlin? Du kennst Merlin?«
    Er runzelte die Stirn. »Der Name ist mir unbekannt. Aber vielleicht ist er es; er hat viele Namen.«
    »Und wie ist dein Name, und wer schickt dich?«
    »Mich schickt … ähm … die Herrin vom See.« Es klang irgendwie nicht ganz echt. »Mein Name ist …« Es folgte eine Ansammlung von keltischen Lauten, mit vielen ›ll‹ und ›eu‹ und ›y‹, die sie nicht verstand.
    »Lancelot«, sagte sie. »So werde ich dich nennen. Lancelot du lac – so jedenfalls würde man sagen in der Sprache des Landes, aus dem ich komme.«
    »Und wer bist du, schönes Mädchen?«
    Es lag etwas so Befreiendes in dieser Frage, nach den gekünstelten Umgangsformen des Hofes, dass ihr Herz ihm zuflog.
    »Guinevere.« Sie hätte auch sagen können: »Die Königin«, doch in diesem Augenblick war sie einfach Guinevere.
    »Gwenhyfar«, meinte er. »In unserer Sprache heißt das ›die Eule‹. Ich habe einmal eine Frau gekannt, die in eine Eule verwandelt wurde. Aber sie war keine richtige Frau; sie war nur aus Blumen gemacht.«
    In diesem Augenblick wusste sie, dass sie ihn liebte.
    »Und was hast du vor, wenn du gefunden hast, was du suchst?«
    Er sah sie an, mit einem Blick, der ihr durch und durch ging. »Vielleicht habe ich es schon gefunden«, sagte er leise und unbestimmt.
    Er presste seinem Pony die Fersen in die Seiten, dass es einen Satz nach vorn machte.
    »Vielleicht werde ich in Arthurs Dienste treten!«, rief er im Davonreiten. »Gewiss braucht er noch einen Mann, der mit einer Lanze umzugehen weiß …«
    Die Bilder flossen durch Gunhild hindurch und strömten hinüber zu der Stelle, wo Siggi stand. Das Schwert blinkte.
    Siggi sah:
    Es war eine weite Halle, mit Säulengängen an den Seiten. Das hohe Mittelschiff war mit Balken gedeckt; die kleinen Fenster über den Seitenschiffen waren mit dicken verbleiten Scheiben verglast, die kaum einen Schimmer hereinließen. Nur in den halbrunden Chor am Ende des Saales fiel Morgenlicht. Dort stand der Thron. Die hohe, holzgeschnitzte Lehne bildete einen schwarzen Schattenriss vor dem hellen Hintergrund.
    Aus dem Schatten heraus hatte man einen guten Blick in die Halle. Allmählich begann der Raum sich zu füllen. Noch verschlafen, nahmen hier und da die Ersten an den Tischen Platz. Diener und Mägde brachten Brot und mit Wasser verdünnten Wein herbei, die übliche Mahlzeit, um das nächtliche Fasten zu brechen.
    Sein Blick blieb an einem jungen Mann mit lockigem schwarzem Haar hängen, der mit gerunzelter Stirn in der Nähe des oberen Endes der Tafel saß, und glitt dann über ihn hinweg.
    An der Eingangstür zur Halle gab es Bewegung. Einer der Wachen vom Tor trat in den Saal und blickte sich suchend um. Auf einen Wink kam er herbei.
    »Herr«, sagte der Wächter, selbst ein wenig übernächtigt und bemüht, seine schlechte Morgenlaune nicht zu zeigen, »da ist ein junger Mann draußen, einer aus dem Norden, wie es scheint. Ein merkwürdiger Kerl mit einem alten Speer. Er sucht Euch.«
    Das war doch mal eine Abwechslung.
    »Alle herhören!«, rief er und klatschte in die Hände. Aller Augen wandten sich erwartungsvoll ihm zu. »Da ist ein Bauernbursche aus dem Norden, der sucht den König. Wollen wir es ihm nicht allzu leicht machen. Kommt, stellen wir die Tische im Rund zusammen. Dann soll er selbst herausfinden, wer von uns Arthur ist.«
    Ein allgemeines Aufstöhnen ging durch die Halle. »Oh«, kam eine Stimme von irgendwoher, »nicht so früh am Morgen.« Aber der Sprecher gab sich nicht zu erkennen. Andere standen auf und begannen halbherzig mit dem Stühlerücken.
    »Macht voran, ihr Schlafmützen!«
    »Und was ist mit Eurem Thronsitz, Vater?«, fragte der schwarz gelockte junge Mann, der lautlos herbeigetreten war.
    »Da kannst du sitzen, Mordred.« Er lachte. »Wolltest du das nicht immer schon? Hier, nimm meinen Kronreif und meinen Mantel.«
    »Und das Schwert?«
    Ein unmerkliches Zögern. Die Hand ging zu dem Schwert an seiner Seite, einer fein ziselierten Waffe, wie sie die Seekönige von einst getragen hatten, wenn man den Legenden Glauben schenken konnte. »Das nicht.«
    Als sie den Fremden hereinführten, waren die Tische zu einem Kreis zusammengestellt; es war keine richtige

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