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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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hervor: die Geräte, das Bett, die weißen Laken. Vielleicht lag es an dem babyblauen Schlafanzug, der ein dreieckiges Stück weiße Brust erkennen ließ. Milton hatte alle seine Machtsymbole verloren: seinen großen Schreibtisch, seinen Montblanc-Füller, seine gestreifte Seidenkrawatte.
    Sein Anblick war ein Schock für Judy. »O Gott, Milt, Sie sehen ja schreck… wirklich nicht gut aus«, stieß sie hervor.
    Er lächelte. »Ich wußte, daß Sie mich nicht belügen, Judy.«
    »Entschuldigen Sie.« Es war ihr peinlich. »Ist mir so rausgerutscht.«»Sie brauchen nicht rot zu werden. Sie haben ja recht. Ich bin in einer miserablen Verfassung.«
    »Was tun die Ärzte?«
    »Sie werden mich diese Woche unters Messer nehmen. An welchem Tag, haben sie mir nicht gesagt. Aber es geht nur darum, den Verschluß im Darm operativ zu umgehen. Die Aussichten sind schlecht.« »Was meinen Sie mit schlecht?«
    »Neunzig Prozent dieser Erkrankungen enden tödlich.«
    Judy schluckte. »Mein Gott, Milt.«
    »Vielleicht habe ich noch ein Jahr.«
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    Milt ging nicht weiter auf diese schreckliche Diagnose ein. »Gestern hat Sandy mich besucht, meine erste Frau. Sie sagte mir, Sie hätten sie angerufen.«
    »Ja. Ich wußte nicht, ob Sandy Sie besuchen wollte, aber ich habe mir gedacht, sie sollte wenigstens wissen, daß Sie im Krankenhaus liegen.«
    Milt nahm Judys Hand, drückte sie. »Danke. Es gibt nicht viele Leute, die daran gedacht hätten. Wie kommt es bloß, daß Sie in so jungen Jahren schon so weise sind?«
    »Ich bin froh, daß Sandy Sie besucht hat.«
    Milt wechselte das Thema. »Kommen Sie, lenken Sie mich ein bißchen von dem ganzen Mist hier ab. Erzählen Sie mir, was im Office so läuft.«
    »Sie sollten sich keine Gedanken darüber machen, was bei uns …«
    »Du liebe Güte, das tue ich doch gar nicht. Wenn man stirbt, interessiert einen die Arbeit nicht besonders. Ich bin bloß neugierig-«
    »Nun ja, ich habe meinen Fall gewonnen. Die Fung-Brüder werden wohl den größten Teil des nächsten Jahrzehnts hinter Gittern verbringen.«
    »Gut gemacht!«
    »Sie haben immer an mich geglaubt.«
    »Weil ich weiß, was Sie können.«
    »Aber Brian Kincaid hat Marvin Hayes als neuen Supervisor vorgeschlagen.«
    »Marvin? Was für ein Schwachsinn! Sie hätten diese Stelle bekommen sollen, das weiß Brian doch.« »Wieso? Erzählen Sie mir davon.«
    »Marvin ist ein harter Bursche, aber schludrig. Auf dem Dienstweg nimmt er gern Abkürzungen.«
    »Das ist ja seltsam«, sagte Judy. »Weshalb schätzt Brian ihn dann so sehr? Was ist mit den beiden – sind sie Lover oder so was?«
    Milt lachte. »Nein, die beiden sind nicht schwul. Marvin hat Brian vor Jahren mal das Leben gerettet.« »Im Ernst?«
    »Es war eine Schießerei. Ich war dabei. Wir hatten einem Boot aufgelauert, von dem Heroin entladen wurde, oben am Strand von Sonoma im Marin County. Es war an einem frühen Morgen im Februar, und das Meer war bitterkalt. Es gab keinen Landungssteg; deshalb haben die Kerle den Stoff in kiloschweren Päckchen in ein Schlauchboot umgeladen, um ihn an die Küste zu bringen. Wir haben gewartet, bis die Burschen die ganze Ladung herübergeschafft hatten. Dann haben wir zugeschlagen.«
    Milt seufzte, und ein verträumter Ausdruck trat in seine blauen Augen. Judy erkannte, woran Milt dachte: daß er nie mehr bei einem Hinterhalt des FBI im frühen Morgengrauen dabei sein würde.
    Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Brian machte einen Fehler – er ließ einen der Burschen zu nahe an sich heran. Dieser kleine Italiener packte Brian und richtete die Kanone auf seinen Kopf. Wir alle hatten unsere Waffen gezogen, doch hätten wir den Italiener erschossen, hätte er wahrscheinlich noch den Abzug betätigen können, bevor er den Löffel abgegeben hätte. Brian hatte eine Heidenangst.« Milt senkte die Stimme. »Er hat sich in die Hose gepinkelt. Wir alle konnten den Fleck sehen.Aber Marvin blieb eiskalt. Er ging mit der Waffe auf Brian und den Italiener zu.
    ›Du kannst genausogut mich abknallen, Arschloch‹, sagte er. ›Du hast sowieso keine Chance mehr.‹ So was hatte ich noch nie erlebt. Der Italiener fiel auch prompt darauf rein. Er schwenkte den Arm herum und zielte auf Marvin. In diesem Sekundenbruchteil haben fünf von unseren Leuten den Burschen umgepustet.«
    Judy nickte. Das war eine der typischen Geschichten, die sich Agenten nach ein paar Bierchen im Everton‘s erzählten. Allerdings tat

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