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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Judy Marvins Verhalten nicht einfach als Beispiel für machohaftes Draufgängertum ab. FBI-Agenten wurden nicht oft in Schießereien verwickelt, und wenn, so vergaßen sie diese Erfahrung niemals. Judy konnte sich gut vorstellen, daß Kincaid sich Marvin Hayes nach diesem Vorfall sehr nahe gefühlt hatte.
    »Nun, das erklärt, weshalb ich so viel Ärger hatte«, meinte Judy. »Brian hat mir irgendeinen kleinen Scheiß-Auftrag gegeben, und als sich dann herausstellte, daß es eine Riesengeschichte ist, nahm er mir den Fall weg und übertrug ihn Marvin.«
    Milt seufzte. »Ich nehme an, ich könnte meinen Einfluß geltend machen. Im Prinzip bin ich ja immer noch der Leitende Spezial-agent. Aber Kincaid ist mit allen Wassern gewaschen, was bürointerne Dinge angeht, und er weiß, daß ich nicht mehr wiederkomme. Er würde mich bekämpfen. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich noch die Kraft hätte, mich mit ihm anzulegen.«
    Judy schüttelte den Kopf. »Das möchte ich auch gar nicht. Ich werde schon allein damit fertig.«
    »Welchen Fall hat er Marvin denn übertragen?«
    »Die Kinder von Eden. Die Leute, die Erdbeben auslösen können.«
    »Die Leute, die behaupten, sie könnten Erdbeben auslösen.«
    »So sieht Marvin die Sache auch. Aber er irrt sich.«
    Milt runzelte die Stirn. »Ist das Ihr Ernst?«
    »Mein voller Ernst.«
    »Was haben Sie jetzt vor?«
    »Hinter Brians Rücken an dem Fall zu arbeiten.«
    Milton blickte sie besorgt an. »Das ist gefährlich.«
    »Ja«, erwiderte Judy. »Aber nicht so gefährlich wie ein richtiges Erdbeben.«
    Michael trug einen marineblauen Baumwollanzug über einem schlichten weißen Hemd, am Hals offen und ohne Krawatte. Hat er diese lässige Zusammenstellung gewählt, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden? fragte sich Judy. Oder ist ihm bewußt, daß er geradezu zum Vernaschen gut aussieht?
    Judy selbst trug ein weißes Seidenkleid mit rotem Punktmuster, genau das richtige für einen Maiabend. Und immer, wenn sie dieses Kleid trug, drehten sich Männerköpfe nach ihr um.
    Michael führte sie in ein kleines Restaurant in der Innenstadt aus, in dem es vegetarische indische Speisen gab. Judy hatte noch nie indisch gegessen; deshalb bat sie Michael, für sie zu bestellen. Sie legte ihr Mobiltelefon auf den Tisch. »Das gehört sich nicht, ich weiß. Aber Bo hat versprochen, mich anzurufen, sobald er irgend etwas über gestohlene seismische Vibratoren erfährt.«
    »Mir soll‘s recht sein«, sagte Michael. »Haben Sie die Herstellerfirmen angerufen?«
    »Ja. Ich habe einen Verkaufsdirektor zu Hause erwischt, als er sich im Fernsehen ein Footballspiel anschaute. Er hat mir bis morgen eine Liste der Käufer versprochen. Ich habe versucht, die Liste noch heute abend zu bekommen, aber der Mann sagte, das sei unmöglich.«
    Judys Gesicht wurde düster vor Zorn. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit – nur noch fünf Tage.
    »Aber er hat mir ein Foto gefaxt.«
    Sie nahm ein gefaltetes Blatt Papier aus ihrer Handtasche und zeigte es Michael.
    Er zuckte die Achseln. »Ja, das ist ein seismischer Vibrator. Im Grund bloß ein großer Lastwagen mit einer Maschinerie zur Erzeugung der Schockwellen.«
    »Aber sobald Bo dieses Bild über CLETS verbreiten läßt, wird jeder Cop in Kalifornien nach einem solchen Fahrzeug Ausschauhalten. Und wenn die Zeitungen und Fernsehsender morgen das Foto bringen, wird obendrein noch die Hälfte der Bevölkerung auf Beobachtungsposten sein.«
    Das Essen wurde serviert. Es war scharf gewürzt, schmeckte aber sehr gut. Judy aß mit Appetit. Nach ein paar Minuten bemerkte sie, daß Michael sie beobachtete, den Anflug eines Lächelns auf den Lippen. Judy hob eine Braue. »Habe ich irgend etwas Witziges gesagt?«
    »Es freut mich, daß es Ihnen schmeckt.«
    Judy grinste. »Laß ich‘s mir so deutlich anmerken?«
    »Ja.«
    »Dann werde ich versuchen, mich zurückzuhalten.«
    »Bitte nicht. Es macht mir Freude, Sie zu beobachten. Außerdem …«
    »Ja?«
    »Ich mag Ihre Art, wie Sie direkt auf die Dinge zusteuern. Das gefällt mir an Ihnen … unter anderem. Ich glaube, Sie haben einen gewaltigen Lebenshunger. Sie mögen Dusty, und Sie kommen prächtig mit Ihrem Vater aus, und Sie sind stolz auf das FBI, und Sie stehen offensichtlich auf schicke Kleidung … Sie mögen sogar Cap‘n Crunch.«
    Judy spürte, wie sie errötete, doch in ihrem Inneren war strahlende Freude. Ihr gefiel das Bild, das Michael von ihr zeichnete. Sie fragte sich, was an ihm war, daß sie sich so

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