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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Gespür dafür entwickelt hatte, was andere von ihm erwarteten – Respekt, Zuneigung, Humor oder irgend etwas anderes in dieser Preislage -, verbunden mit der Angewohnheit, ihnen möglichst schnell alles recht zu machen. In der Ölbranche war es der Humor, der die Männer zusammenhielt – normalerweise spöttischer, manchmal hintersinniger und oftmals zotiger Humor.
    Obwohl Priest erst seit zwei Wochen dabei war, hatte er sich schon das Vertrauen seiner Kollegen erworben. Dagegen wußte er immer noch nicht, wie er den seismischen Vibrator stehlen sollte. Nur eines war klar: Es mußte in den nächsten Stunden geschehen, denn morgen würde das Fahrzeug an einen anderen Standort überführt werden – und der lag ein paar hundert Meilen weit weg bei Clovis in New Mexico.
    Priest hatte nur einen vagen Plan: Er wollte sich von Mario mitnehmen lassen. Die Fahrt würde zwei oder drei Tage dauern – der Achtzehntonner brachte es auf dem Highway auf eine
    Durchschnittsgeschwindigkeit von kaum mehr als 45 Meilen in der Stunde. Irgendwo auf der Strecke wollte er Mario betrunken machen und dann mit dem Laster abhauen. Er hatte gehofft, ihm würde noch etwas Besseres einfallen, doch bislang hatte ihn seine Phantasie im Stich gelassen.
    »Mein Wagen ist am Verrecken«, sagte er. »Kannst du mich morgen bis San Antonio mitnehmen?«
    Mario war überrascht. »Du kommst nicht mit nach Clovis?«
    »Nö.« Mit einer Handbewegung verwies Priest auf die öde Landschaft um sie herum. »Schau dir das doch mal an«, sagte er. »Texas ist so herrlich, Mann, da will ich gar nicht weg.«
    Mario zuckte mit den Schultern. Leute, die ständig auf Achse waren, gab es in diesem Gewerbe genug. »Klar nehm‘ ich dich mit«, sagte er. Das verstieß zwar gegen die Vorschriften, hinderte jedoch keinen Fahrer daran, es immer wieder zu tun. »Warte an der Deponie auf mich.«
    Priest nickte. Die Mülldeponie war ein trostloses Loch, angefüllt mit rostzerfressenen Pickups, zertrümmerten Fernsehapparaten und wurmzerfressenen Matratzen, und befand sich am Rande von Shiloh, der nächstgelegenen Stadt. Kein Mensch würde sehen, wie Mario ihn dort zusteigen ließ – höchstens ein paar Kids, die mit ihren Zweiundzwanziger-Flinten auf Schlangenjagd waren. »Um wieviel Uhr?«
    »So um sechs rum.«
    »Ich bring‘ uns Kaffee mit.«
    Priest brauchte diesen Laster. Er hatte das Gefühl, sein ganzes Leben hinge davon ab. Es juckte ihn in den Fingern, Mario auf der Stelle zu packen, aus der Kabine zu schmeißen und mit der Karre abzuhauen. Aber das war natürlich Unfug. Zum einen war Mario fast zwanzig Jahre jünger als er selber und würde sich vielleicht nicht so ohne weiteres an die Luft setzen lassen. Und zum anderen kam es darauf an, daß der Diebstahl mehrere Tage lang unbemerkt blieb. Priest mußte das Fahrzeug nach Kalifornien bringen und dort verstecken, bevor die Polizei im ganzen Land nach einem gestohlenen seismischen Vibrator Ausschau hielt.
    Das Funkgerät piepte. Das hieß, daß der Meßtechniker in der Hundehütte die Daten der letzten Vibration überprüft und für einwandfrei befunden hatte. Mario zog die Bodenplatte hoch, legte den ersten Gang ein, fuhr an und hielt fünfzig Yards weiter direkt neben dem nächsten rosafarbenen Markierungsfähnchen
    wieder an. Dort senkte er die Platte auf den Erdboden und gab per Funksignal durch, daß er wieder bereit war. Priest sah ihm aufmerksam zu und prägte sich die Reihenfolge ein, in der Mario Hebel und Schalter bediente. Das tat er nicht zum erstenmal. Wenn er später etwas vergaß, würde niemand da sein, den er um Anweisungen bitten konnte.
    Sie warteten auf das Signal aus der Hundehütte, das die nächste Vibration in Gang setzen würde. Zwar waren auch die Fahrer in der Lage, die Erschütterungen auszulösen, doch behielten sich die meisten Meßtechniker das Kommando selber vor und starteten den Vorgang per Fernsteuerung. Priest zog ein letztes Mal an seiner Zigarette und warf die Kippe aus dem Fenster. Mario hatte Priests Wagen entdeckt, der ein paar hundert Meter weiter auf der zweispurigen Asphaltpiste parkte, und deutete mit einem Kopfnicken darauf. »Deine Frau?«
    Priest sah auf. Star war aus dem verdreckten hellblauen Honda Civic ausgestiegen, lehnte an der Motorhaube und fächelte sich mit ihrem Strohhut Luft zu. »Yeah «, sagte er.
    »Ich zeig‘ dir mal was.« Mario zog ein altes Lederportemonnaie aus der Tasche seiner Jeans, nahm ein Foto heraus und reichte es Priest. »Das ist

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