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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sich die Fragen in Grenzen halten.
    Er stellte die Scheinwerfer an, und Melanie kletterte neben ihn auf den Beifahrersitz. Priest legte den ersten Gang ein, steuerte das schwere Fahrzeug durch den Wald auf den Weg und dann den Hang hinauf Richtung Straße. Die Geländereifen bewältigten die Bachbetten und Schlammlöcher ohne Schwierigkeiten.
    Jesus, ich frag‘ mich, ob das wirklich klappt.
    Ein Erdbeben? Du spinnst ja wohl…
    Aber es muß einfach klappen.
    An der Straße bogen sie nach Osten ab. Zwanzig Minuten später kletterten sie aus dem Silver River Valley hinaus und erreichten die Fernstraße 89. Priest ging auf Südkurs. Im Rückspiegel sah er, daß Star und Oaktree im Barracuda noch immer hinter ihnen waren.
    Melanie neben ihm verhielt sich sehr still. »Wie ging‘s Dusty gestern abend?« fragte er sanft.
    »Prächtig. Er besucht seinen Vater gerne. Für ihn hat Michael immer Zeit gehabt, für mich nie.«
    Melanies Verbitterung war Priest nichts Neues. Was ihn überraschte, war ihre Furchtlosigkeit. Anders als er quälte sie sich nicht mit dem Gedanken herum, was aus ihrem Kind werden sollte, wenn sie den heutigen Tag nicht überlebte. Sie schien felsenfest davon überzeugt zu sein, daß das Erdbeben sie nicht in Gefahr bringen würde.
    Weiß sie mehr als ich? Oder gehört sie zu den Menschen, die unbequeme Tatsachen einfach nicht wahrhaben wollen?
    Priest wußte es nicht.
    Im ersten Licht des Morgens erreichten sie das Nordende des Lake Tahoe, dessen spiegelglatte Wasseroberfläche wie eine zwischen die Berge gefallene Scheibe aus blankem Stahl aussah. Der
    seismische Vibrator war ein auffälliges Gefährt auf der kurvenreichen Straße, die den Windungen des von Kiefern gesäumten Ufers folgte. Aber die Urlauber lagen alle noch in ihren Betten, und so bekamen den Laster nur ein paar schläfrige Arbeiter und Angestellte zu Gesicht, die auf dem Weg zu ihren Jobs in Hotels und Restaurants waren. Bei Sonnenaufgang hatten sie auf der US 395 bereits die Grenze nach Nevada überquert und rumpelten durch eine flache Wüstenlandschaft weiter gen Süden. An einem Fernfahrerstopp fanden sie einen Parkplatz, der von der Straße aus nicht einsehbar war, frühstückten ölige Western-Omelettes und tranken dünnen Kaffee.
    Als die Straße in einer weiten Biegung wieder nach Kalifornien zurückschwang, begann der Anstieg in die Berge. Zwei Stunden lang fuhren sie durch eine grandiose Landschaft mit steilen, bewaldeten Hängen– eine größere Ausgabe ihres Silver River Valleys. Dann ging es wieder bergab zu einem silbrig schimmernden See –dem Mono Lake, wie Melanie sagte.
    Kurze Zeit später waren sie auf einer kleineren Straße, die in gerader Linie ein langes, staubiges Tal durchschnitt. Das Tal weitete sich, bis die Berge am anderen Ende im blauen Dunst verschwanden, dann wurde es wieder schmaler. Der Boden beiderseits der Straße war gelbbraun und steinig; hie und da wuchsen ein paar Sträucher. Einen Fluß gab es hier nicht mehr, doch die ausgetrockneten Salzpfannen sahen aus wie ferne Gewässer. »Jetzt sind wir im Owens Valley«, sagte Melanie. Priest konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß dieses Gebiet irgendwann von einer Katastrophe heimgesucht worden sein mußte.
    »Was ist hier passiert?« fragte er.
    »Der Fluß ist trockengefallen, weil das Wasser schon vor Jahren nach Los Angeles abgeleitet wurde«, erklärte Melanie.
    Etwa alle zwanzig Meilen fuhren sie durch verschlafene kleine Ortschaften. Mit der Anonymität war es hier vorbei. Es gab nur wenig Verkehr. Jedesmal wenn der seismische Vibrator an einer roten Ampel hielt, wurde er angestarrt. Viele Menschen würden sich später daran erinnern.
    Ja, ich hab‘ diesen Apparat gesehen. Sah aus, als wollten sie damit ‚ne Straße teeren. Was war das überhaupt für ‚n Ding?
    Melanie schaltete ihren Laptop an, entfaltete die Karte und meinte nachdenklich: »Irgendwo unter uns sind zwei riesige Platten der Erdkruste verkeilt. Sie stecken fest und wollen sich voneinander lösen.«
    Ein kalter Schauer überlief Priest.
    Und ausgerechnet ich will diese aufgestaute zerstörerische Kraft entfesseln? Ich muß verrückt sein … »Irgendwo auf den nächsten fünf bis zehn Meilen«, sagte Melanie.
    »Wieviel Uhr ist es?«
    »Kurz nach eins.«
    Sie lagen gut in der Zeit. In einer halben Stunde würde sich das seismische Fenster öffnen und fünfzig Minuten danach wieder schließen.
    Melanie dirigierte Priest auf eine Seitenstraße, welche die flache;

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