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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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der Dunkelheit und obwohl sie alle hundemüde waren, bestand er darauf, daß der Laster wieder bis auf den letzten Quadratzentimeter mit Asten und Blattwerk bedeckt wurde, so daß man ihn weder vom Boden noch aus der Luft erkennen konnte. Erst danach setzten sie sich alle in den Barracuda und fuhren nach Hause.
    Priest stellte das Radio an, um noch einmal die Nachrichten zu hören.
    Diesmal ging es bereits in der ersten Meldung um das Erdbeben: »Unsere Radio-Talkrunde John Truth Live spielte heute eine zentrale Rolle bei dem fortlaufenden Drama um die ›Kinder von Eden‹, jene Gruppe von Umweltterroristen, die behauptet, Erdbeben hervorrufen zu können«, sagte eine aufgeregte Stimme. »Nach einem leichten Beben im ostkalifornischen Owens Valley rief eine Frau im Studio an, die im Namen der Gruppe die Verantwortung dafür übernahm.«
    Wieder folgte Stars Botschaft in vollem Wortlaut. »Scheiße«, murmelte Star, als sie ihre Stimme hörte. Priest war unwillkürlich sehr betroffen. Obwohl er überzeugt war, daß die Polizei mit der Aufnahme nicht viel würde anfangen können, war ihm Stars Bloßstellung zutiefst unangenehm. Sie wirkte dadurch furchtbar verletzlich. In seinem Innern sehnte er sich danach, alle, die ihr Böses wollten, zu vernichten. Als das Band abgespielt war, meldete sich wieder der Nachrichtensprecher: »Spezialagent Raja Khan holte die Aufnahme heute im Studio ab. Das Band wird jetzt von FBI-Experten für Psycholinguistik analysiert.«
    Die Meldung traf Priest wie ein Faustschlag in die Magengrube. »Was, zum Teufel, ist Psycholinguistik?« fragte er.
    »Das Wort höre ich auch zum erstenmal«, antwortete Melanie. »Ich schätze, die wollen Stars Sprache untersuchen und daraus Rückschlüsse auf ihre Psyche ziehen.«
    »Ich hätte nicht gedacht, daß sie auf solche Tricks kommen«, sagte Priest besorgt.
    »Nun mach dir mal nicht in die Hosen, Mann«, sagte Oaktree. »Die können an Star herumanalysieren, soviel sie wollen. Ihre Adresse kriegen sie trotzdem nicht heraus.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.«
    Der Nachrichtensprecher fuhr fort: »Von Gouverneur Mike Robson gibt es bisher noch keine Stellungnahme, doch kündetedas FBI-Büro in San Francisco für morgen früh eine Pressekonferenz an. Soviel zu diesem Thema …«
    Priest stellte das Radio ab. Oaktree parkte den Barracuda neben Bones‘ Kirmeswagen. Zum Schutz der bunten Bemalung hatte Bones das Fahrzeug mit einer riesigen Plane bedeckt – was darauf schließen ließ, daß er sich auf einen längeren Aufenthalt bei ihnen einrichtete.
    Sie gingen den Hang hinunter, durchquerten den Weinberg und kamen zur Siedlung. Das Küchenhaus und die Schlafhütte der Kinder waren dunkel. Hinter Apples Fenster flackerte Kerzenlicht – sie litt unter Schlaflosigkeit und las gerne bis in die frühen Morgenstunden. Aus Songs Hütte drang leise Gitarrenmusik; die anderen Hütten lagen in tiefer, stiller Dunkelheit. Nur Spirit, Priests Hund, kam ihnen im Mondlicht entgegen, um sie schwanzwedelnd zu begrüßen. Leise sagten sie einander gute Nacht und trollten sich in ihr jeweiliges Quartier. Sie waren zu müde, um ihren Triumph zu feiern.
    Die Nacht war warm. Priest lag nackt auf seinem Bett und dachte nach. Kein Kommentar vom Gouverneur, aber eine Pressekonferenz des FBI. Das war beunruhigend. Beim gegenwärtigen Stand der Dinge mußte der Gouverneur eigentlich allmählich in ; Panik geraten und sich sagen: Das FBI hat versagt, und ein zweites Erdbeben können wir uns nicht leisten. Ich muß mit diesen Leuten reden …
    Daß er die Gedanken seiner Gegner so schlecht einschätzen konnte, machte Priest nervös. Bisher hatte er seine Ziele immer erreicht, indem er die Menschen genau studierte und aus ihrer Miene, ihrem Lächeln, der Art, wie sie die Arme verschränkten oder sich am Kopf kratzten, Rückschlüsse auf ihre wahren Absichten zog. Er wollte Gouverneur Robson manipulieren, doch ohne direkten Blickkontakt war das schwer. Und was hatte das FBI vor? Was steckte hinter diesem Geschwätz über eine »psycholinguisti- sche Analyse«?
    Er mußte mehr wissen. Einfach liegenzubleiben und auf den nächsten Schritt des Gegners zu warten reichte nicht aus.
    Priest überlegte, ob er versuchen sollte, den Gouverneur in seinem Büro anzurufen. Die Frage war, ob er überhaupt zu ihm durchkommen würde, und wenn ja, was er sich davon erwarten durfte. Vielleicht war es tatsächlich einen Versuch wert. Die Situation, in die er sich dadurch manövrieren würde,

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