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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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mißfiel ihm allerdings: Er käme in der Rolle des Bittstellers, der um das Privileg nachsuchte, ein Gespräch mit dem großen Mann führen zu dürfen. Seine Strategie bestand jedoch nicht darin, den Gouverneur um einen Gefallen zu bitten, sondern ihm seinen Willen aufzuzwingen.
    Ich könnte ja zu der Pressekonferenz gehen.
    Ungefährlich war das nicht: Wenn man ihm auf die Schliche kam, war alles umsonst.
    Trotzdem gefiel ihm der Gedanke. Sich als Reporter getarnt in die Pressekonferenz einzuschleichen wäre ein Trick wie in alten Zeiten. Damals war er auf Überraschungscoups spezialisiert gewesen: Er hatte den weißen Lincoln geklaut und bei »Pigface« Riley abgeliefert, Inspektor Jack Kassner in der Herrentoilette der Blue Light Bar erstochen, den Jenkinsons ihren Spirituosenladen abgeluchst. Und bei all diesen Aktionen und vielen ähnlichen war er ungeschoren davongekommen.
    Er konnte auch als Fotograf gehen. Paul Beale würde ihm eine schicke Kamera leihen, und Melanie könnte als Reporterin auftreten. So hübsch, wie sie war, konnte sie jeden FBI-Agenten von seiner Aufgabe ablenken.
    Um welche Uhrzeit fand diese Pressekonferenz statt? Priest rollte sich vom Bett, schlüpfte in seine Sandalen und ging hinaus. Im Mondlicht fand er den Weg zu Melanies Hütte.
    Melanie saß nackt auf der Bettkante, bürstete ihr langes, rotes Haar und begrüßte ihn mit einem Lächeln. Das Kerzenlicht zeichnete die Konturen ihres Körpers nach und umgab die ebenmäßigen Schultern, Brustwarzen, Hüften und das rote Haar zwischen ihren Schenkeln wie mit einem Halo. Der Anblick war atemberaubend.
    »Hallo«, sagte sie.Er dauerte einen Moment, bis ihm wieder einfiel, warum er gekommen war. »Ich brauch‘ mal dein Handy.«
    Melanie schob die Lippen vor und schmollte: Das war nicht gerade das, was sie von einem Mann erwartete, der nackt ihr Schlafzimmer betrat.
    Er setzte sein Ganovengrinsen auf. »Aber vielleicht muß ich dich erst zu Boden werfen und vernaschen und dann erst telefonieren …«
    Sie lächelte. »Schon gut, bring deinen Anruf ruhig zuerst hinter dich.«
    Priest nahm das Handy auf, dann zögerte er. Melanie hatte den ganzen Tag über das Sagen gehabt, und er hatte es hingenommen, weil sie Seismologin war und wußte, worauf es ankam. Doch das war jetzt vorbei. Daß sie ihm etwas erlauben konnte, mißfiel ihm prinzipiell; es widersprach den Grundbedingungen ihrer Beziehung.
    Er legte sich aufs Bett und zog Melanies Kopf zwischen seine Beine. Nach kurzem Zögern tat sie, was er wollte.
    Minutenlang lag er da und gab sich der Liebkosung hin.
    Dann rief er bei der Auskunft an.
    Melanie hielt inne und hob den Kopf, doch Priest zog ihn an einer Haarlocke wieder an Ort und Stelle. Sekundenlang spürte er ihren Widerstand, als wolle sie protestieren, doch da machte sie auch schon weiter.
    So ist es schon besser.
    Priest ließ sich die Nummer des FBI-Büros in San Francisco geben und wählte sie.
    Eine Männerstimme meldete sich. »FBI.«
    Wie immer konnte Priest sich auf seine Inspiration verlassen. »Hier spricht Dave Horlock von Radio KCAR in Carson City«, sagte er. »Wir wollen morgen einen Reporter zu Ihrer Pressekonferenz schicken. Können Sie mir sagen, wann und wo sie stattfindet?«
    »Das ging doch über die Agenturen raus«, sagte der Mann.
    Fauler Sack.
    »Ich bin gerade nicht im Büro«, improvisierte Priest. »Und unser Reporter muß morgen wahrscheinlich ziemlich früh los.«
    »Die Pressekonferenz findet um zwölf Uhr mittags statt, und zwar hier im Federal Building, 450 Golden Gate Avenue.«
    »Braucht man dazu eine Einladung, oder kann man einfach so kommen?«
    »Es gibt keine Einladungen. Ein normaler Presseausweis reicht.«
    »Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
    »Von welchem Sender sind Sie noch?«
    Priest beendete das Gespräch.
    Presseausweis. Wie komme ich denn an so was?
    Melanie hörte auf zu saugen und sagte: »Hoffentlich checken sie nicht nach, woher der Anruf kam.« »Wieso denn das?« fragte Priest überrascht.
    »Weiß ich nicht. Vielleicht gehört das beim FBI zur Routine.«
    Er runzelte die Stirn. »Geht das denn so ohne weiteres?«
    »Ja, mit Computern schon.«
    »Na ja, dafür habe ich nicht lange genug geredet.«
    »Priest, wir leben nicht mehr in den sechziger Jahren! Das geht ganz fix jetzt, so ein Computer macht das in Nanosekunden. Die brauchen bloß die Rechnungsdaten zu überprüfen, und schon wissen sie, wem die Nummer gehört, der drei Minuten vor ein Uhr nachts bei ihnen angerufen

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