Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
Vom Netzwerk:
hechelte der Hund neben ihm.
    Hagen verdrängte die Gedanken und folgte seinem grauen Führer, der nach dem Schlenker wieder die nördliche Richtung einschlug. Das Tier hatte sich nicht um die Alte und ihre Wäscherei gekümmert.
    Der Fluss blieb hinter ihnen zurück. Hagen folgte weiter dem Hund, aber immer wieder ließ er seinen Blick über die Landschaft vor ihm schweifen, um nur nicht daran zu denken, was hinter ihnen lag. Und jedes Mal, wenn das Bild des blutigen Flusses und der träge aus den Tüchern tropfenden Röte vor seinem geistigen Auge entstehen wollte, trieb der Wolfshund ihn an. Hagen war ihm dankbar dafür.
    Die Sonne neigte sich wieder dem Westen zu, als Hagen nach und nach einen Wechsel in der Landschaft bemerkte. Die sanften grünen Hügel wurden zunehmend felsiger, die Anstiege schroffer. Allmählich wurde aus der Hügellandschaft ein Felsengarten.
    Die Gipfel waren nicht allzu hoch, aber das Gestein stach hier durch den Grasbewuchs, und die Moore blinkten nicht mehr so tückisch unter der grünen Decke, sondern wurden zu vereinzelten Tümpeln, in Felsen gebettet. Auch das Gras war längst nicht mehr so saftig wie auf den Hügeln, der Boden unter seinen Füßen nicht mehr so weich und federnd wie in der Ebene.
    Der Wolfshund lief, so es möglich war, kaum Anstiege, aber auch unter der Erde wurde der Boden felsiger. Die Humusschicht war hier selbst in den Tälern deutlich dünner als in im Hügelland oder gar in der Flussniederung.
    Die Sonne verschwamm über dem Horizont und versank schließlich fast gänzlich. Mit zunehmender Dämmerung stieg vom Boden ein zunächst kaum wahrnehmbarer fahler Dunst auf, der mehr und mehr zum Nebel wurde. Wie ein grauer Schleier legte er sich über das Land, und das letzte rote Licht der untergehenden Sonne schimmerte hindurch, als wäre das Blut des Flusses zu Licht geworden.
    Wieder überschritten sie einen kleinen Kamm, und Hagen war froh, dass der Fels glatt war; denn so fand er leichter Halt, als wenn er über ein Geröllfeld laufen müsste.
    Der Hund führte ihn schnurstracks nach unten, und durch den dichter werdenden Nebel konnte Hagen im schwachen Licht der Dämmerung Bäume erkennen. Zu seiner Freude – aber auch Überraschung – waren es fruchttragende Apfelbäume.
    Hagen wich vom Weg ab; denn jetzt spürte er, dass er außer den Erdbeeren an jenem Teich noch nichts gegessen hatte, und der Hunger begann in seinen Eingeweiden zu wühlen.
    Hagen hielt an und streckte die Hand nach dem erstbesten Apfel aus.
    NEIN!, klang es befehlend in seinen Gedanken auf, und dann überfiel ihn geradezu eine wüste Bilderflut. Hagen sah, wie er in den gepflückten Apfel biss, und beinahe im selben Augenblick wand er sich von Krämpfen geschüttelt und mit schmerzerfüllten Gesicht am Boden.
    Sofort riss er seine Hand zurück.
    »Sind die giftig?«, fragte er den Hund, aber statt einer Antwort sah ihn dieser nur durchdringend an. Das war Hagen Antwort genug.
    Aber mochten nicht auch andere Gefahren auf sie lauern? Gefahren, denen selbst der Hund nicht ohne Hilfe zu begegnen vermochte? Hagen war kein Kämpfer, doch wenn er wenigstens eine notdürftige Waffe hätte, könnte er vielleicht hilfreich sein, wenn es darum ging, Angreifer abzuwehren. Es gab wohl nur wenige Menschen hier, aber das mochte sich ändern. Und nicht alle mochten ihm freundlich gesinnt sein.
    Ein unterarmdicker Ast, geknickt vom letzten Sturm, hing nur noch an einem Fetzen Rinde von Baum. Er war etwa fünf Fuß lang. Hagen riss ihn ab, aber die Rinde und ein paar Zweige störten ihn noch.
    Wie sehr wünschte er sich nun, sein Taschenmesser dabei zu haben, aber das lag sicher verwahrt in der Nachttischschublade. Doch als Hagen nach unten blickte, sah er vor seinen Füßen einen scharfkantigen Stein. Im letzten Licht des Tages mühte sich Hagen mit den Zweigen und der Rinde ab.
    Es ging besser, als er gedacht hatte. Nicht allzu viel später hatte er einen recht brauchbaren Stecken, wie er ihn in den Robin-Hood -Filmen bei Little John gesehen hatte. Alles in allem fühlte er sich nun nicht mehr ganz so wehrlos.
    Der Hund hatte sich hingesetzt und ihm die ganze Zeit neugierig zugesehen. Des Öfteren hatte er, ohne dass ihm von Hagen dabei Beachtung geschenkt worden wäre, die Lefzen hochgezogen und gegrinst.
    Weiter!, drängte der Wolfshund nun, nachdem Hagen seine Arbeit vollendet hatte.
    Sie liefen in die Nacht hinein, aber der am Himmel stehende Mond wies ihnen den Weg. Sie kamen auf einen Weg, der von

Weitere Kostenlose Bücher