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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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Gegenleistung für den Friedensschluss forderte er die Vermählung mit Macha, die er im Kampf gesehen und bewundert hatte. Und so geschah es.
    Die Tuatha Dé Danann nahmen Besitz von Tara, und von jener Zeit an nannte man es das Tara der Könige, das über allen anderen Orten steht; denn sein König ist der Hochkönig über ganz Erin.«
    »Und damit begann das Unheil«, ergriff nun Manannán Mac Lir wieder das Wort. »Denn es gab ein Gesetz bei den Tuatha Dé Danann –«
    »Genug!«, unterbrach ihn Brigid. »Du hast nun die Geschichte aus der Sicht der Männer erzählt, Oheim. Doch unser Gast hat in einem Recht, wenn auch vielleicht unwissentlich gesprochen: Am Ende, wenn der Kampf vorbei ist, sind es immer die Frauen, welche die Last von Krieg und Gewalt zu tragen haben.
    Kind«, sagte sie, an Gunhild gewandt, »willst du mir folgen, damit ich dir die andere Seite der Geschichte zeigen kann, die Seite der Frauen? Nein«, fuhr sie rasch fort, als Gunhild etwas sagen wollte, »antworte nicht vorschnell. Nicht nur die Sonne wirft Schatten. Auch der Mond hat eine dunkle Seite, und die Göttin, der ich diene, fordert Gehorsam, mitunter Tränen und manchmal auch Blut. Aber nur wenn du diese Seite kennst, wirst du verstehen, warum wir dich aus der Welt der Menschen zu uns geholt haben – um des Übels willen, das Erin befallen hat.«
    Gunhild blickte von ihr zu Manannán und wieder zurück. Sie hatte mehr Fragen als je zuvor und wusste nicht einmal, wo sie beginnen sollte; es fehlte ihr einfach noch zu viel an Informationen, um überhaupt die richtigen Fragen zu stellen. Aber sie wusste, dass sie sich im Grunde bereits entschieden hatte.
    Sie hatte keine Ahnung, wohin der Weg sie führen würde. Konnte es noch fantastischer werden als an diesem Ort unter dem Meer, der allen Naturgesetzen widersprach? Doch nicht die Befürchtung, dass dies alles über ihnen zusammenbrechen könnte, wenn selbst die Götter, alt und müde geworden, ihre Kraft verloren, war es, was sie zu ihrem Entschluss gebracht hatte. Es war mehr das Gefühl, dass sie selbst schon ein Teil dieser Geschichte geworden war – und eine unbändige Neugier, herauszufinden, wie es weiterging.
    »Gut«, sagte sie, »ich komme mit.«
    Sie ergriff Brigids Hand, und diese führte sie an dem etwas verblüfften Manannán Mac Lir vorbei um das Podest herum, auf dem Balors Haupt ruhte. Gunhild sah, dass dort etwas in den Boden eingelassen war; es sah fast aus wie das Zeichen Manannáns, das umlaufende Dreibein. Doch dieses Symbol war geschwungen, nicht eckig, und vielfach in sich gedreht: eine dreifache Spirale.
    Gunhild sah auf das verwirrende Muster, und es schien ihr, als begännen die Spiralen zu kreisen, wie ein Wirbelsturm, ein Tornado, wie sie ihn vom Fernsehen her kannte. Sie wandte den Blick ab und hob den Kopf.
    »Du musst den Schritt selbst tun«, sagte Brigids Stimme neben ihrem Ohr.
    Sie trat in den Kreis. Im selben Moment steigerte sich der Wirbel vor ihren Augen zu einem Sturm aus Licht und spiralförmigen Schatten, und schon fühlte sie sich mitgerissen. Sie packte Brigids Hand fester. Dann nahm der Wirbel aus Licht sie beide auf, und ihr schwanden die Sinne …



5
Das Schwert im Stein
    »Ich muss mal ’ne Pause machen«, keuchte Siggi. »Ich hab Seitenstiche.«
    Die Sonne stand hoch am Himmel und brannte ihm direkt in die Augen. Siggi hatte das Gefühl, als habe sie sich schon seit Stunden nicht mehr vom Fleck gerührt. Im Gegensatz zu ihm. Er und der kleine dunkle Mann waren gelaufen und gelaufen, bis selbst Siggi, der sich für einen geübten Jogger hielt, die Zunge aus dem Hals hing. Er hatte kaum noch auf seine Umgebung geachtet, nur noch auf den hämmernden Rhythmus seiner Schritte. Jetzt schmerzten ihn die Lungen und das Zwerchfell und selbst die Milz. Von seinen Füßen ganz zu schweigen.
    Die Schuhe, die er trug, waren auch für einen längeren Dauerlauf kaum geeignet. Es war nicht mehr als ein Paar Lederlappen, mit Bändern zusammengeschnürt, und er wunderte sich, dass sie nicht längst in Fetzen herunterhingen.
    Sein Begleiter sah ihn von der Seite an. Er atmete völlig flach, als hätte er sich nicht im Geringsten verausgabt. In seinem struppigen Fellgewand und mit seinem Federkopfputz sah er eher aus wie ein Höhlenmensch als wie – wie hatte er sich doch gleich genannt – der Erzdruide von Erin.
    Siggi stöhnte und stützte sich an einem großen Stein ab. Er traute sich nicht, sich hinzusetzen, aus Angst, die flatternden Muskeln

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