Die Kinder von Erin (German Edition)
nicht das halbe Land diesen Fremden überlassen; denn wenn wir es tun, werden sie uns bald das ganze nehmen.‹
Es war am Mittsommertag, als die Schlacht begann. Dreimal neun Krieger der Tuatha Dé Danann zogen gegen dreimal neun Krieger der Firbolg in den Kampf, und sie wurden geschlagen und alle von ihnen getötet.
Doch am Abend der Schlacht sammelte die Mórrigan die Gefallenen auf, und der Dagda tauchte sie in seinen großen Kessel, und als er sie wieder herauszog, waren sie heil und gesund wie zuvor.
Dies war einer jener vier Schätze, welche die Göttin Dana aus der Fremde mitgebracht hatte: der Kessel des Lebens, den der Dagda hütete; das Schwert der Macht, das Nuadu führte; der Speer des Sieges, den Macha trug; und der Lia Fál, der Große Stein, den man auch den Stein des Schicksals nennt.
Doch als die Firbolg am zweiten Tag der Schlacht sahen, dass dieselben Krieger wie zuvor wieder gegen sie ins Feld zogen, da ergrimmten sie und kämpften noch härter und entschlossener, und am Abend des Tages gehörte der Sieg wiederum ihnen. Da riet Tuan seinem König, den Gefallenen die Köpfe abzuschlagen und sie auf die hohen Steine zu stellen, die das Feld säumten, damit der Feind sie nicht wieder in der Nacht zum Leben erwecken könne; denn er hatte in der Gestalt eines Fuchses den Dagda bei seinem Tun beobachtet. So geschah es, und seitdem nennt man das Feld dieser Begegnung Mag Tuired, die Ebene der Grabsteine.«
Gunhilds Blick war unwillkürlich zu dem Kopf des Fomoriers auf seiner Steinsäule gegangen, doch der Erzähler fuhr bereits fort:
»Am dritten Tag der Schlacht von Mag Tuired wurden große Taten auf beiden Seiten vollbracht, und viele Helden fanden den Tod. Am schrecklichsten aber wütete Nuadu mit dem Schwert der Macht, bis Sreng, der Held der Firbolg, ihm entgegentrat. Lange währte ihr Kampf, und sie schlugen sich viele Wunden, doch am Ende trennte Sreng seinem Gegner die rechte Hand ab, und Nuadu wurde von seiner Leibgarde vom Schlachtfeld getragen.
In jener Nacht waren die Fomorier zu erschöpft vom Kampf, um aufs Feld zu gehen und den Gefallenen die Köpfe abzuschlagen, und so arbeiteten die Mórrigan und der Dagda die ganze Nacht daran, die Toten wieder ins Leben zu rufen.
Am vierten Tage zog Macha, die Göttin des Kampfes, an der Spitze der Tuatha Dé Danann in die Schlacht, und ihr Speer leuchtete wie die Sonne. Da überkam Eochai, den König der Firbolg, ein großer Durst, und er ging vom Schlachtfeld hinweg, um etwas zu trinken. Seine Leibgarde ging mit ihm. Doch die drei Söhne Nuadus folgten ihm, und sie trieben ihn und seine Männer bis an den Strand des Meeres, und dort gab es einen wilden Kampf, in dem König Eochai sowie seine Verfolger fielen. Dort begrub man ihn, und man häufte einen Cairn, ein großes Grabmal aus Steinen, über ihm und errichtete drei hohe Steine daneben, um der Söhne Nuadus zu gedenken.«
»Ich habe sie gesehen«, sagte Gunhild aufgeregt, die zwischen den Kämpfen und den vielen seltsamen Namen etwas den Überblick verloren hatte. Doch das Bild des Steinhaufens am Strand und der drei aufragenden Felsen, die den Weg ins Meer wiesen, stand ihr noch genau vor Augen. »Dann ist es also wahr … ich meine«, sie kam ins Stottern, »nicht nur … bloß eine alte Geschichte.«
Natürlich hatte sie nie wirklich daran gezweifelt, aber irgendwie hatte sie plötzlich das Gefühl, nun selbst in die Geschichte hineingeraten zu sein; denn es ist immer etwas anderes, etwas nur zu hören oder zu lesen oder es mit eigenen Augen zu sehen. Oder etwa nicht?
»Ich meine nur«, schloss sie lahm, um ihre Verlegenheit zu überspielen, »es hat mich gewundert, dass am Ende beide Könige tot waren und eine Frau als Siegerin dasteht – wie hieß sie? Macha? Das ist bei den alten Sagen, die ich kenne, nie so.«
»Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn in Erin die Frauen die Macht übernommen hätten«, seufzte Manannán. »Dann soll dir Brigid den Rest der Geschichte erzählen.«
Eine Pause trat ein, ehe Brigid mit leiser Stimme anfing zu reden.
»Nuadu war nicht tot, nur schwer verwundet. Diancécht, der Heiler, hatte die Blutung seines Armes gestillt. Aber auch die Firbolg waren zu wenige und zu erschöpft, um noch weiterzukämpfen. So schloss man Frieden. Nuadu bot ihnen die Wahl zwischen den fünf Vierteln von Erin an – Ulad, dem Norden; Mumu, dem Süden; Connacht, dem Westen; Laigen, dem Osten; und Míde, dem Zentrum –, und Sreng entschied sich für Ulad. Als
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