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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Schachzügen den Krieg entscheiden. Irgendwo glaubte er Hundegebell zu hören.
    Inzwischen lösten sich die Kavallerieeinheiten nach dem ersten Zusammenprall wieder voneinander. Dort würde es geschehen. Die Steppenkavallerie entschied über die Moral der Tsardonier. Es wäre ein vernichtender Schlag, wenn es gelänge, auch nur eine Flanke zu entblößen.
    Er ließ sein Pferd die Hacken spüren und ritt mit seinen Extraordinarii hinüber, um Rittmeisterin Kell zu suchen.
     
    Selbst Herine Del Aglios zeigte sich beeindruckt von den prächtigen Spielen, und als Advokatin und Tochter von Advokaten hatte sie schon häufig solche Ereignisse gesehen. Die offizielle Eröffnung der zehntägigen Wettkämpfe war von wundervollem warmem Sonnenschein in ganz Estorr gesegnet. Strahlendes Sonnenlicht erfüllte die Hauptarena und warf Schatten hinter die Säulen, Bögen und Flaggen, auf das mit Steinen belegte Oval und das mit Sand bedeckte innere Feld.
    Herine war an der Spitze ihrer Palastwache im Triumphwagen durchs Siegestor hereingefahren. Die Parade hatte sie die Prachtstraße hinunter und am Garten der Advokaten vorbeigeführt, wo die Statuen ihrer Vorgänger mit Blumen geschmückt waren. Menschenmengen hatten ihren Weg gesäumt. Über ihnen hatten bemalte Banner die Geschichte der Konkordanz in Bildern erzählt, an deren Rändern in verschnörkelter Schrift die Namen der Helden aufgeführt waren. Sie hatte den Applaus und die Jubelrufe der Menge entgegengenommen, während die Erste Legion gewacht und für Ordnung gesorgt hatte, und anmutig und dankbar zurückgewinkt.
    In den Gärten waren die Ausscheidungen für die Endkämpfe in der Arena schon seit vier Tagen im Gange. Vor provisorischen Sportplätzen waren Tribünen errichtet worden, auf denen sich die Menschen drängten, um den Besten zuzusehen, die der Konkordanz noch geblieben waren, wie sie mit Schwert, Speer, Pfeil und Wurfspeer ihre Geschicklichkeit unter Beweis stellten. Doch viele waren wegen des Feldzugs nicht da oder erfüllten, wie Jhered, einsame Aufträge.
    Auf anderen Plätzen wetteiferten die Läufer, Pferde und Reiter zeigten Dressuren und führten ihre Schritte und Sprünge vor, im Oval am nördlichen Ende des Gartens fanden Wagenrennen statt, und die Gruppen aus allen Winkeln der Konkordanz bezwangen die Hinderniskurse, die später in der Arena noch einmal absolviert werden mussten.
    Alles war, wie es sein sollte. Die Wissenschaftler der Advokatur hatten unvergleichliche moderne und klassische Vorführungen versprochen. Am letzten Tag sollte der Boden der Arena freigeräumt und ein maßstabgerechtes Modell des Tirronischen Meers rings um die Insel Kester aufgebaut und geflutet werden. Nach Herines Ansicht kam nichts diesem Spektakel einer Rekonstruktion der Belagerung von Kester kurz vor dem Fall von Gestern im 633. Zyklus gleich.
    Die Leistungen der Ingenieure, die Schiffe, Burg und Artillerie nachgebaut hatten, versetzten sie immer wieder in Erstaunen, obwohl sie Ähnliches seit ihrer Kindheit schon ein halbes Dutzend Mal gesehen hatte.
    Sie stieg die Treppe zum großen Balkon auf der ersten Ebene der Arena hinauf und betrat den dunkelgrünen Teppich, der rings um den üppigen Thron im Zentrum ausgelegt war. Ordenskanzlerin Felice Koroyan hatte ihren Platz neben den Sprechern der Winde, der Meere und der Erde bereits eingenommen. Rechts neben ihr saßen der innere Kreis der Gönner und zwei ihrer Kinder; Adranis, ihr siebzehnjähriger Sohn, und Tuline, ihre vierzehnjährige Tochter. Letztere wirkte etwas mürrisch und wäre offenbar am liebsten überall gewesen, nur nicht hier. Adranis dagegen beobachtete mit unverhohlenem Staunen das Schauspiel.
    Herine trat vor, worauf sechzigtausend Bürger jubelten und ihren Namen riefen. Sie atmete tief durch und sah ihre Entscheidung, die Spiele abzuhalten, auf beeindruckende Weise bestätigt. Wie konnte jemand daran zweifeln, dass der Wunsch, den früheren Ruhm noch einmal zu erleben, in ihrem Volk so stark war wie eh und je? Wie konnte dies eine Verschwendung von Zeit und Mitteln sein, wenn es doch die Menschen mit solcher Leidenschaft und Kraft erfüllte?
    Die Gesänge gingen weiter. Die Menschen stießen die Fäuste in die Luft und winkten mit Halstüchern. Die vielen leuchtend bunten Flecken waren ein passendes Schauspiel zur Eröffnung. Die Begeisterung der Zuschauer griff auch auf sie über, und so schloss sie einen Augenblick die Augen. Allein das war schon die ganzen Mühen der Vorbereitungen wert.

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