Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
Vom Netzwerk:
mag es, wenn die Pflanzen auf diese Weise auf mich reagieren. Es ist, als würde ich überall Wohlbefinden verbreiten.«
    Sie sagte es ohne Überheblichkeit, ihre Stimme war vielmehr voller Staunen und Freude. Kovan lächelte und kam etwas näher.
    »Es ist erstaunlich, was du tun kannst«, sagte er. »Geschieht es inzwischen ganz von selbst?«
    »Nein«, antwortete sie. »Jede Arbeit erfordert Konzentration und Energie wie immer. Aber Vater Kessian sagt, unsere schlummernde Energie sorgt dafür, dass das Gras wächst, wenn wir unsere Hände eine Weile drauflegen. Es ist die gleiche Energie, die uns hilft, uns zu erneuern, und die unsere Falten verschwinden lässt.«
    »Darf ich mich zu dir setzen?«
    »Aber sicher.« Sie klopfte auf den Boden. »Hier ist noch reichlich Gras.«
    So nahe neben ihr war er beinahe überwältigt. Er hörte ihren Atem, er sah den Schwung ihrer Lippen und nahm den Duft ihres Körpers und ihrer Kleider auf. Er wollte sie unbedingt berühren und hatte zugleich Angst davor. Vielleicht wich sie zurück, und das hätte er nicht ertragen. So ließ er seine Hand, wo sie war.
    »Was fehlt dem Baum denn?«, erkundigte er sich.
    An den Enden aller Äste waren eingerollte tote Blätter und verdorrte Zweige, die Rinde schälte sich ab und hatte Risse.
    »Das weiß ich noch nicht.«
    »Oh.« Er hielt inne. »Warum hast du die Hände auf den Boden gelegt?«
    »Ich beginne mit den Wurzeln und erkunde, ob sie krank sind.«
    Kovan nickte. »Ich verstehe.«
    Auf einmal geriet er in Panik. Irgendetwas in ihm setzte aus, und er wusste nicht mehr, was er sagen sollte. Das Schweigen dehnte sich und wurde mit jedem Augenblick drückender, aber er konnte nichts weiter tun als nicken und noch einmal sagen: »Ich verstehe.« Die Erleichterung, als Mirron fortfuhr, stand ihm sicherlich überdeutlich ins Gesicht geschrieben.
    »Ich wollte gerade mit dem Stamm anfangen, als du gekommen bist. Möglicherweise ist er innerlich verfault, aber ich weiß den Grund nicht.« Dann unterbrach sie sich und wandte sich mit einem Lächeln an ihn, das sein Herz bis zum Hals hüpfen ließ. »Das ist mein Vorwand, um hier zu sein. Was ist deiner?«
    »Ich …«, stammelte Kovan. Sein Gesicht war schrecklich heiß. »Ich wollte … na ja, ich wollte nur sicher sein, dass es dir gut geht, wenn du allein hier oben bist.«
    »Warum sollte es mir nicht gut gehen?«
    »Ach, einfach so. Naja, nach dieser Untersuchung und so weiter …« Er ließ den Satz unvollendet, weil ihm selbst klar war, dass es alles andere als überzeugend klang.
    »Kovan, das ist doch schon eine Ewigkeit her. Ich meine, es sind mindestens zwanzig Tage vergangen. Aber trotzdem vielen Dank. Es ist immer gut zu wissen, dass ich einen Beschützer habe.«
    »Immer«, sagte er.
    Sie wurde wieder ernst. »Darf ich dich mal was fragen?«
    »Natürlich«, stimmte er zu, und tausend Möglichkeiten rumorten in seinem Kopf. Was sie dann aber sagte, entsprach keiner von ihnen.
    »Wir haben uns unterhalten, und …«
    »Wir?«, fragte er rasch.
    »Gorian und ich.«
    »Oh.« Sein Herz sank.
    »Hat dein Vater dir gegenüber erwähnt, was aus uns werden soll?« Verletzlich und ängstlich sah sie ihn an. »Wir wollen hier nicht weg. Müssen wir fortgehen?«
    »Bei Gott, der uns umgibt, ich hoffe nicht«, erwiderte er. Der Gedanke, dass sie im fernen Estorr leben könnte, schuf einen stechenden Schmerz in seiner Brust, der nicht mehr nachlassen wollte. »Du weißt aber, was Schatzkanzler Jhered zu meinem Vater gesagt hat, oder?«
    Sie nickte und starrte den Boden an. »Vater Kessian hat es uns erklärt. Wir dachten nur, dein Vater könnte sie zu der Einsicht bringen, dass es nicht nötig ist. Dass sie uns auch hier überwachen können, wenn sie das tun wollen.«
    »So einfach ist das nicht«, wiederholte er die Worte seines Vaters. »Nichts in der Konkordanz ist einfach. Es geht nicht nur darum, euch zu beobachten, sondern ihr müsst auch beschützt werden. Der Orden würde euch hassen.«
    »Aber warum? Wir haben nichts Böses getan und werden auch nichts tun.«
    Kovan zuckte mit den Achseln. »Sie sehen das wohl anders.« Er versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nicht. Schließlich nahm er seinen ganzen Mut zusammen und legte eine Hand auf die ihren. Sein Herz sang, als sie nicht zurückschreckte. »Außer Elsa Gueran hast du noch niemanden vom Orden kennen gelernt, nicht wahr?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Die meisten sind nicht so wie sie. Sie begreifen nicht, dass eure

Weitere Kostenlose Bücher