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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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und die Autorität ausführlich mit ihm gesprochen hatten, weil sie verstehen wollten, was geschehen war. Zuerst hatten sie ihm nicht glauben wollen und es für die Fantasie eines Heranwachsenden gehalten. Als aber Mirron wieder zu reden begonnen hatte, wären sie beinahe in Panik geraten.
    Vieles hatte Kovan in seiner Benommenheit nicht mitbekommen. Auf jeden Fall hatten sie in ihren Büchern gesucht und immer wieder hitzige Debatten begonnen und sich sogar gestritten. Immer wieder hatten sie ihn ausgefragt, um sicher zu sein, dass er kein Detail ausgelassen hatte. Er hatte sogar still sitzen müssen, während ein Künstler seine Schilderung in Zeichnungen festgehalten hatte.
    Endlich waren sie fertig mit ihm, obwohl nichts dabei herausgekommen war. Auch Mirron hatte das Rätsel nicht lösen können. Sie war und blieb verwirrt, wie es schien. Kovan hatte sich geweigert, die Villa zu verlassen, bis Vater Kessian ihm versichern konnte, dass ihr nichts fehlte. Es war schon spät, als der alte Mann schließlich in die Bibliothek kam, wo Kovan sich mit Büchern abzulenken versuchte. Er sprang sofort auf, als die Tür geöffnet wurde.
    Schwer auf seine Krücken gestützt, schlurfte Kessian herein. Er wirkte erschöpft und war blass, weil er sich eine hartnäckige Infektion in der Brust zugezogen hatte. Mit zitternden Händen hielt er sich an den Gehstöcken fest. Genna Kessian trat hinter ihm ein, war aber eher um ihren Gatten als um Kovan besorgt.
    »Es ist gut, dass du gewartet hast«, sagte Kessian. Er sprach leise, und man hörte den Schleim in der Brust rasseln. »Bleib nur sitzen.«
    »Ich konnte doch nicht einfach verschwinden«, entgegnete Kovan. »Wie geht es ihr? Ist sie wohlauf?«
    »Soweit wir es sagen können, fehlt ihr nichts«, sagte Kessian. »Weder Ossacer noch Genna können irgendetwas finden.«
    »Hat sie noch etwas dazu gesagt, wie sie sich gefühlt hat und was passiert ist?«
    »Dieses und jenes«, meinte Kessian. »Sie ist durcheinander. Es ist aber sicher, dass deine Berührung das aufgehalten hat, was im Gange war. Ob das nun richtig war oder nicht, können wir noch nicht bestimmen, weil wir nicht wissen, ob Mirron tatsächlich in Gefahr war oder nicht.«
    »Aber sie hatte eindeutig Schmerzen, ich habe es gehört«, wandte Kovan schaudernd ein. »Das werde ich nie vergessen.«
    Kessian lächelte. »Ich weiß, Kovan, und wir hatten Glück, dass du dich heute entschlossen hast, nach ihr zu sehen. Aber unsere Aufgestiegenen haben inzwischen gelernt, dass Schmerz und Schreck nicht immer ein Zeichen von Gefahr sind. Manchmal ist es nur der Schreck, wenn der Körper auf etwas Neues reagiert und sich umstellt. Vielleicht ist dies auch heute geschehen. Die Zeit wird es zeigen, und Mirron wird uns bald alles erklären können.«
    »Habe ich ihr dann geschadet, als ich sie berührt und es aufzuhalten versucht habe?«
    »Das bezweifle ich sehr«, beruhigte Kessian ihn. »Aber jetzt geh wieder nach Hause und schlaf dich aus. Eines darfst du nicht vergessen. Du hast aus völlig ehrenwerten Gründen gehandelt, weil du hören konntest, dass Mirron gelitten hat. Dafür ist sie dir ebenso dankbar wie wir alle. Außerdem warst du bei ihr und konntest Hilfe holen. Noch wichtiger, Mirron war nicht allein, als sie diese neue Erfahrung gemacht hat, und das kann man gar nicht hoch genug einschätzen.«
    Kovan lächelte beruhigt, und erst jetzt fiel ihm auf, wie müde er war. Er kam sich klein und verwundbar vor, überhaupt nicht mehr groß und stark und siebzehn Jahre alt.
    »Danke, Vater Kessian.«
    »Morgen kannst du wieder herkommen und dich vergewissern, wie es Mirron geht«, sagte Genna. »Ich bin sicher, dass sie dich sehen will.«
    Kovan wünschte ihnen eine gute Nacht, verließ die Bibliothek und wanderte durch den Garten und die Säulengänge. Die Springbrunnen und Blumen waren an diesem Abend wundervoll beleuchtet. Kleine, am Boden aufgestellte Laternen wiesen ihm den Weg.
    »Na, läufst du jetzt nach Hause?«, sprach ihn jemand aus der Dunkelheit an.
    Kovan blieb stehen und drehte sich zum Sprecher um. Hinter den Lichtern erkannte er einen Schatten, der nicht zum Garten gehörte.
    »Es ist schon spät, Gorian«, sagte er. »Zeit, dass ich zu Bett gehe. Und kleine Jungs müssten sowieso schon lange schlafen.«
    Gorian trat ins Licht und baute sich vor ihm auf.
    »Du kannst sie nicht in Ruhe lassen, was?«, sagte er, während er Kovan entgegenschlenderte. Seine Sandalen scharrten über den Stein.
    »Was?« Kovan

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