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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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denken.« Dann wurde er wieder ernst. »Kell, da wäre noch etwas. Ich weiß nicht, wie glaubhaft es ist, aber meine Späher berichten nur, was sie sehen. In den Kolonnen der Gefangenen, die nach Osten gehen, sind Tundarraner, Estoreaner, Caradukier, Phaskarer – aber kein einziger Krieger aus Atreska.«
    »Ob das Zufall ist?«
    Nunan zog die Augenbrauen hoch. »Es heißt auch, Infanterie und Kavallerie aus Atreska marschiere mit den Tsardoniern nach Westen.«
    »Getrennte Gefangenenlager?«
    »Möglicherweise waren es überhaupt keine Gefangenen«, sagte Nunan.
    »Willst du ernsthaft andeuten, es seien massenhaft Kämpfer aus Atreska desertiert?«
    Nunan seufzte. »Ich weiß nicht, was es zu bedeuten hat. Aber Del Aglios hat zwei atreskanische Alae bei sich. Ich glaube, er sollte erfahren, was wir gesehen haben, das ist alles.«
    Kell kam ein Gedanke, und sie entschuldigte sich und eilte zu ihrem Pferd zurück. Was hatte der Mann am ausgebrannten Lager zu suchen gehabt? Sie wühlte in den Satteltaschen herum und ging alles noch einmal durch. Tatsächlich, da war eine Botschaft. Kaum überraschend für einen Meldegänger. Sie kehrte ins Lager zurück und suchte jemanden aus Atreska oder Gosland, der die tsardonische Schrift entziffern konnte.
    Der Mann, der einen Verband über der leeren Augenhöhle hatte, las ihr die Botschaft stockend vor. Bei jedem Satz packte er das Papier fester, und Keils Herz schlug so heftig, dass sie seine Worte kaum noch verstehen konnte.
    »Das kann nicht sein«, sagte sie. »Das kann nicht sein.«
    »So steht es hier, Rittmeisterin Kell. Es tut mir leid.«
    »Aber wird er sich abwenden?«, überlegte Kell.
    »Wer denn, Herrin?«
    »Yuran. Der gute Gott möge uns beschützen, wenn er es tut, denn dann hätten wir noch vor Dusas den Krieg direkt vor Estoreas Türschwelle.« Sie stand auf und sah den Atreskaner an. »Bete, dass unsere Botschaften vor denen der Tsardonier ankommen. Bete, dass ich Del Aglios rasch erreiche. Und bete, dass nicht wahr wird, was in dieser Botschaft steht. Denn sonst, mein Freund, bist du sehr bald schon mein Feind, und dann war unser ganzes Leben Zeitverschwendung.«

 
32

     
    848. Zyklus Gottes, 11. Tag des Solasauf
    15. Jahr des wahren Aufstiegs
     
    O rin D’Allinnius war froh, wieder daheim zu sein. Er mochte Seereisen nicht und hatte die Rückfahrt auf der Falkenpfeil nach Estorr eher erduldet als genossen, bis er dankbar, aber mit weichen Knien wieder auf die Mole treten konnte.
    Nach ihren ausführlichen Diskussionen sowohl in Cirandon als auch später an Bord des Schiffs hielt Jhered nun den umfassenden und unterzeichneten Bericht in Händen. Jhered hatte ihn und Harkov entlassen und war mit seiner Leviumwache durch die dunklen Straßen geritten. Inzwischen war er schon auf dem Weg zum Hügel, um ihren gemeinsamen, und wie D’Allinnius dachte, klug verfassten Bericht zu überbringen.
    Harkov hatte ihm ein Pferd für den Heimweg angeboten, aber D’Allinnius hatte abgelehnt. Es war ein klarer, warmer Abend, vom Meer her wehte eine leichte Brise und hielt die Luftfeuchtigkeit erträglich niedrig. Seine Villa war ohnehin nicht weit vom Hafen entfernt, und nun schlenderte er gemächlich durch die belebten Straßen. Sein Gepäck sollte am nächsten Morgen nachgeschickt werden.
    Da die Spiele gerade erst vorüber waren, schmückten immer noch Banner und Bänder die Straßen, und die Begeisterung der Einwohner war beinahe körperlich spürbar. D’Allinnius konnte es in der Luft riechen und in den Tavernen und Schenken hören. Voll neuem Respekt für die Entscheidung der Advokatin zog er die Augenbrauen hoch.
    D’Allinnius war in der ganzen Stadt, und vor allem in dem Viertel, in dem er lebte, sehr bekannt. Immer wieder hielten ihn Leute auf, die sich nach seiner Gesundheit erkundigten und wissen wollten, wo er in den letzten Tagen gewesen sei. Ob ihm die Spiele gefallen hätten … war der Solastro dieses Jahr nicht besonders prächtig, und ob er nicht auf einen Trank einkehren wolle … Höflich antwortete er und schlug alle Einladungen aus, indem er die Müdigkeit nach einem langen Tagewerk vorschützte. Als er endlich durchs Tor seiner Villa getreten war, betrachtete er die sorgfältig gestutzten Büsche vor seiner Vordertür, blieb stehen und holte tief und ausgiebig Luft, um sich vom Frieden des Gartens umfangen zu lassen.
    Seine Diener wussten, dass er kam, und so brannte drinnen Licht. Auf dem Herd stand Essen bereit, und sie hatten Wasser

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