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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Geiste Berechnungen an und prägte sich alles ein. Vielleicht war der Besuch am Ende doch keine Zeitverschwendung. Die Stadt war schwer getroffen worden. Sehr schwer, wenn man bedachte, wie weit sie von der Grenze entfernt war. Eine Weile würde sie noch leiden.
    Yuran stolzierte hinter ihm her, während seine Empörung sich langsam legte. Prätorin Gorsal ging links neben ihm, blieb aber auf Abstand. Sie gab sich einsilbig und wagte es offenbar nicht, noch einmal das Wort zu ergreifen.
    Einige Schritte vor ihnen stolperte ein Mann aus einer geborstenen Tür auf die Straße. Er war unrasiert und schmutzig. Sein Haar hing in Strähnen herab, und seine Miene barg eine Verzweiflung, die Jhered berührte. Der Mann bemerkte sie, betrachtete sie genau, schließlich fiel sein Blick auf Jhered. Er schnappte sich einen zerbrochenen Krug und ging auf den Einnehmer los.
    Gorsal erstarrte vor Schreck, nicht einmal ein Schrei kam ihr über die Lippen. Jhered jedoch duckte sich unter dem Schlag weg und blockte ihn energisch mit dem linken Arm ab. Die Scherbe flog davon und zerbrach an einer Mauer. Jhered packte den Mann an den Oberarmen und hielt ihn fest. Speichel spritzte Jhered bei jedem anklagenden Wort ins Gesicht.
    »Deinetwegen ist sie fort, du Schweinehund. Sie sind beide fort. Wir wollten nur in Frieden leben, aber deinetwegen haben sie uns alles genommen. Alles, was ich geliebt habe, ist verloren.« Er entspannte sich ein wenig. »Ich will sie zurück, ich will sie doch nur wiederhaben. Wo sind sie? Sie haben meine Frau und meinen Sohn mitgenommen. Du musst mir helfen, du musst.«
    Der Mann sackte in sich zusammen. Jhered nahm ihn in den Arm und zog ihn an sich. Der Arme schluchzte jetzt haltlos und bebte am ganzen Körper. Jhered spürte jede Erschütterung und hielt ihn fest.
    »Tsard wird fallen«, versprach er. Sein Atem strich durch die Haare des Mannes. »Die Konkordanz wird die Ordnung wiederherstellen, und alles, was euch weggenommen wurde, soll zurückgegeben werden. Gott wird dich und deine Angehörigen schützen. Glaube mir. Vertraue der Advokatin, vertraue der Konkordanz. Wie heißt du?«
    »Jesson.« Seine Stimme war gedämpft, weil sein Gesicht noch an Jhereds Brust lag. »Han Jesson.«
    »Sei stark, Han Jesson. Ich bin Paul Jhered. Ich bin der Schatzkanzler der Einnehmer und spreche für die Konkordanz. Wir werden dir deine Frau und deinen Sohn zurückgeben.«
    Er überließ Jesson der ungläubig starrenden Prätorin Gorsal.
    »Der Mann sollte nicht allein bleiben«, fuhr Jhered fort. »Hört mir zu. Der einzige Weg, die Überfälle zu verhindern, ist der Sieg über Tsard. Dorthin gehen eure Steuern, und für diesen Feldzug werden eure Bürger einzogen. Es wird wieder Frieden herrschen, Atreska wird aufblühen, seine Einwohner werden im Herzen der Konkordanz leben. Niemand kann sich dieser Schlacht entziehen, aber wir werden siegen. Und jetzt gehe ich zum Haus der Masken. Ich muss für die kommenden Zyklen der Gefallenen beten.«

 
6

     
    844- Zyklus Gottes, 40. Tag des Solasauf
    11. Jahr des wahren Aufstiegs
     
    N un beruhigt euch doch«, sagte Shela Hasi und klatschte in die Hände.
    Die anderen drei schütteten sich fast vor Lachen aus, und selbst Gorian musste grinsen, was selten genug geschah. Zehn Jahre alt und schon so ernst. Anscheinend war er seinem Alter erheblich voraus. Kessian wollte den wundervollen Moment auskosten, doch es musste einmal vorbei sein, und die Nerven stachen in seinem alten Kopf, auch wenn er es die Kinder nicht merken lassen würde. Bald schon. Es musste bald geschehen. Heute, bei Gott, bitte.
    Die vier waren mit Shela und Kessian den langen Abhang bis zum Obstgarten über dem Hafen hinaufgewandert. Zweifellos war es der bisher schönste Tag des Jahres. Die Sonne strahlte von einem makellosen blauen Himmel herab, eine Brise kühlte die Tageshitze.
    Von ihrem unvergleichlichen Aussichtspunkt aus konnten sie beobachten, wie zwischen den Fischerbooten in der Bucht das Sonnenlicht auf den Wellen spielte und sich auf den bemalten Rümpfen der Handelsschiffe spiegelte, die ein Stück vor dem Strand geankert hatten. Auf den Hängen rings um Westfallen grasten Schafe und Kühe oder dösten in der Hitze. Auf den Terrassen wiegte sich träge das beinahe reife Korn. Es würde eine gute Ernte werden, genau wie Hesther es damals, noch im frühen kalten Genasauf, vorhergesagt hatte.
    Kessian lehnte sich an den Stamm des Orangenbaums, unter dem er saß. Dankbar für den Schatten hörte

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