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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Truppe die Aufmerksamkeit der Leute von ihrer schrecklichen Aufgabe ablenkte. Die Einwohner sammelten sich. Yuran führte die Truppe zum Forum der Stadt, stieg ab und befahl seinen Männern, seinem Beispiel zu folgen. Jhered und seine Untergebenen saßen ebenfalls ab. Die Einnehmer waren vorsichtig und postierten sich rings um ihren Kommandanten, um ihn im Notfall schützen zu können. Unterdessen versammelten sich die Bürger, doch in ihren Bewegungen war keine Angriffslust zu erkennen. Sie wollten Neuigkeiten hören, sie brauchten Hilfe, und der Marschallverteidiger Yuran war gekommen, um ihnen beides zu geben. Niemand lächelte jedoch zum Gruß, und keine Dankbarkeit erhellte die verdreckten, erschöpften Mienen. In ihnen spiegelten sich nichts als Trauer, Verwirrung und Angst.
    Eine Frau in mittleren Jahren trat vor und wischte sich die von der Asche schmutzigen Hände an einem Kleid ab, das einst dunkelgrün gewesen sein mochte, inzwischen aber voller schwarzer Flecken und Streifen war. Sie hatte sich das graue Haar mit einem roten und weißen Tuch zurückgebunden. In den Falten ihres Gesichts hatte sich der Ruß gesammelt, ihre Augen waren blutunterlaufen und gereizt. Sie nahm Yurans ausgestreckte Hand und verflocht ihre Finger mit den seinen, wie es dem althergebrachten atreskanischen Gruß entsprach.
    »Marschallverteidiger Yuran, ich heiße dich willkommen.« Dabei schoss sie einen empörten Blick auf Jhered ab.
    »Leider komme ich zwei Tage zu spät. Ich grüße eure Toten, Prätorin Gorsal, und ich will später mit eurem Leser im Haus der Masken beten. Aber vorher sage mir, was ich für dich tun kann.«
    Gorsal ließ die Schultern hängen. »Wo soll ich beginnen? Unsere Häuser, die Ernte und die Läden sind verbrannt. Leute wurden verschleppt, das Vieh fortgetrieben. Wir waren nicht in der Lage, uns gegen die Tsardonier zu verteidigen, wir wurden überwältigt. Erwachsene Männer und Frauen sahen sich gezwungen, ihre Häuser zu verlassen und ihr Heil in der Flucht zu suchen. Unsere tapfersten Kämpfer wurden niedergemacht. Marschall, einige wurden zu Asche verbrannt, und ihre Zyklen sind beendet. Niemals wieder werden sie auf Gottes Erde wandeln. Es gibt hier viel Zorn. Sie waren Unschuldige, die angeblich unter dem Schutz der Konkordanz standen.«
    Ein Murmeln lief durch die Menge. Jhered schätzte, dass sich inzwischen mehr als einhundert Leute versammelt hatten. Mit einer kleinen Geste wies er seine Leute an, sich zu entspannen. Verbitterung und Zorn herrschten vor, und Yuran schien diese Gefühle eher noch zu fördern.
    »Ich verstehe deine Enttäuschung, Lena«, sagte Yuran. »Auch mir hat man versichert, unsere Grenzen seien sicher. Alle Kräfte, die ich entbehren konnte, befinden sich in unseren Grenzbefestigungen. Ich tue alles, was in meiner Macht steht, um die Sicherheit aller Atreskaner zu gewährleisten. Aber du musst begreifen, dass unsere Finanzen sehr angespannt sind. Die meisten Soldaten sind fort. Du weißt, wie viele Atreskaner sich inzwischen auf dem Feldzug gegen Tsard befinden. Wir haben erst vor zehn Tagen im Rat darüber gesprochen.«
    »Was soll ich jetzt meinem Volk sagen? Sollen wir jeden Morgen darum beten, dass die Reiter nicht zurückkehren, da wir sie nicht aufhalten konnten? Soll ich den Leuten sagen, dass uns die Konkordanz nicht beschützen wird? Dass unsere eigenen Herrscher in Haroq untätig herumsitzen und uns nicht die Mittel an die Hand geben, damit wir uns verteidigen können?«
    Die Stimme der Prätorin wurde schriller und schriller, bis sie schließlich brach und ihre Verzweiflung zum Vorschein kam. Hinter ihr regten sich die Leute unbehaglich und murmelten. Hier und dort konnte Jhered sogar eine Beleidigung hören. Er räusperte sich. Yuran drehte sich kurz um.
    »Seid Ihr sicher, dass Ihr damit erreicht, was Ihr wollt?«, fragte Jhered leise. Er verschränkte die Hände vor der Brust.
    »Ich höre mir an, was mein Volk zu sagen hat«, erwiderte Yuran. »Zollt ihnen so viel Respekt.«
    Jhered trat näher an Yuran heran und sprach leise genug, damit niemand in der Menge ihn hören konnte. »Ich will es nicht an Achtung mangeln lassen, aber es bringt uns nicht weiter, wenn Ihr den Zorn der Leute weiter anstachelt. Begutachtet lieber mit der Prätorin die Schäden, vergewissert Euch, was getan werden muss, und hört die Regenten der Stadt in der Basilika an, wie es dem Protokoll entspricht. Bald wird es dämmern, und ich bin nicht bereit, vor dem Pöbel Fragen zu

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