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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Lena«, erwiderte Rensaark. »Ich habe dich gewarnt. Ich habe dich in den vergangenen Jahren immer wieder gebeten, aber du warst taub für meine Worte. Jetzt tue ich, was ich tun muss.«
    »Die Konkordanz wird für uns sorgen!«, rief der Leser mit klarer, fester Stimme. »Gott wird euch alle beschützen. Seine …«
    Eine tsardonische Faust traf seinen Bauch, er krümmte sich und sank auf die Knie, sein Gesicht berührte fast die Erde.
    »Ihr könnt mich nicht zum Schweigen bringen.« Die Stimme des Lesers klang schwach und gedämpft vor Schmerzen. »Betet mit mir: Unter dem Himmel und über der Erde, über den Wellen und auf den Gipfeln der Berge baden wir im Glanz deiner Schöpfung …«
    Murmelnd stimmten einige in das Gebet ein. Rensaark schritt zum knienden Mann und versetzte ihm einen Tritt ins Gesicht. Das Blut spritzte in alle Richtungen, und das Gebet brach ab. Auf ein Nicken zerrten die Männer den Leser wieder auf die Füße. Der Tsardonier packte mit einer behandschuhten Hand sein blutiges Kinn.
    »Nun soll dein Gott dich retten, falls er dazu fähig ist.«
    Wieder ein Nicken. Han erschrak, als vier Angreifer mit Fackeln ins Haus der Masken rannten. Rasch fraßen sich die Flammen empor, da sie in den Vorhängen, Wandteppichen und den Holzregalen, auf denen die Masken der kürzlich Verstorbenen lagen, reichlich Nahrung fanden. Anschließend zogen sich die Angreifer zurück. Das Feuer loderte im Handumdrehen bis zu den Dachsparren empor, Rauch wallte aus dem Eingang. Der Leser hauchte angesichts der Entweihung ein stummes Gebet.
    Ein drittes Nicken, und die Männer schleppten den Leser zur Flammenhölle. Er machte keinerlei Versuch, sich zu wehren, erhob jedoch abermals die Stimme.
    »Vergib jenen, die alles zerstören, weil sie blind für dein Licht und deine Gnade sind. Errette jene, die zu dir stehen. Ich gehe nun zu den Teufeln im Wind. Meine Asche wird nicht zu dir zurückkehren und deine wärmende Umarmung spüren, aber ich gehe im Wissen, dass deine Kraft all jene leiten wird, die noch leben.«
    Sie stießen ihn ins Gebäude und schlossen die Tür. Dann steckten sie einen Speer durch den Griff und klemmten ihn am Türrahmen fest. Einige Zuschauer schrien und riefen etwas. Gorsal wollte vortreten, aber die Reiter bedrängten die Menge von allen Seiten und trieben die Bürger zurück.
    Trotz des Hustens, der ihn erschütterte, übertönte die Stimme des Lesers das gedämpfte Tosen der Flammen im fensterlosen Gebäude. Er unternahm keinen Fluchtversuch. Die Tür bebte nicht im Rahmen, er schlug nicht gegen die Wände.
    Han schloss sich den anderen Bürgern an, die für den Leser beteten, der Gott gestohlen worden war und nie mehr in die Erde zurückkehren konnte. Weinend beteten sie, bis die Rufe des Lesers erstickten Schreien wichen, die gnädigerweise sehr bald schon erstarben.
    Schweigen breitete sich unter den Bürgern aus, die vor den knackenden Flammen und den stampfenden Pferden standen.
    »Das war unverzeihlich, Sentor«, sagte Gorsal, als sich der Tsardonier wieder an sie wandte. »Dieser Mann war nicht dein Feind. Wir sind nicht eure Feinde.« Sie konnte vor Erregung kaum sprechen.
    Jesson nickte zustimmend, erfüllt von ohnmächtiger Wut.
    »Jeder, der sich entschließt, freiwillig unter dem Banner der Estoreanischen Konkordanz zu leben, ist unser Feind«, entgegnete Rensaark. »Euer Leben ist verwirkt. Ihr könnt von Glück reden, dass wir nachsichtiger sind als eure eigenen Herrscher, die in diesem Augenblick die Einwohner ganzer Dörfer abschlachten. Siedlungen, in denen mein Volk lebt. Die Leute wollen Frieden und die Freiheit haben, im Königreich Tsard zu leben.«
    Damit drehte Rensaark sich um und machte eine kreisende Bewegung mit dem Finger. Ein Dutzend Tsardonier rannten mit gezückten Krummsäbeln auf die Bürger zu. Die Menge wich zurück. Die Angreifer schritten durch die Menge, befahlen den Leuten, sich in Reihen aufzustellen, und warnten sie, ja keinen Schritt weiter zu gehen, als es von ihnen verlangt wurde.
    »Euer Leser hat herausgefunden, wie er belohnt wird, wenn er einen falschen Gott anbetet. Ihr werdet jetzt herausfinden, welchen Preis ihr für die Zugehörigkeit zu Estorea zahlen müsst. Welchen Preis ihr dafür zahlen müsst, dass ihr nicht auf mich gehört habt, Lena.«
    Es geschah blitzschnell. Die Tsardonier kamen von vorne und hinten, gingen zwischen den Reihen hindurch und zählten. Sie berührten jeden Zehnten an der Stirn und schleppten ihn oder sie aus der

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