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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Gwythen Terol Kinder der zwölften Linie unter dem Herzen trugen. Fraglich war allerdings, ob Westfallen die Neuankömmlinge begrüßen würde. »Er ist mein Sohn. Ich brauche deine Hilfe, weil ich nicht weiß, wie ich mit ihm umgehen soll.«
    »Unbedingt«, sagte Kessian. Auch die anderen nickten. »Wie geht es ihm jetzt?«
    »Wie geht es ihnen allen?«, warf Willem Geste trocken ein.
    »Richtig. Aber eins nach dem anderen. Meera?«
    »Oh Ardol, ich verstehe es einfach nicht«, erwiderte sie. Plötzlich war sie den Tränen nahe. Hesther legte ihr eine Hand auf den Arm. »Ich habe Stunden mit ihm verbracht, wenn ich nicht gerade bei Ossacers Mutter war, um mich zu entschuldigen. Die arme Frau. Aber Gorian – nichts dringt zu ihm durch.«
    »Was meinst du damit?«, fragte Andreas Koll.
    »Er glaubt nicht, dass er irgendetwas Falsches getan hat«, flüsterte Meera.
    Darauf senkte sich Stille über den Raum, bis nur noch das Hypokaustum und Kessians rasselnder Atem zu hören waren. Sie warteten, dass Meera es ihnen erklärte. Unter den mitfühlenden Blicken der anderen sammelte sie sich.
    »Er glaubt, er hätte das Recht, sofort zu erfahren, was Ossacer gelernt hatte, und als Ossacer es nicht verraten wollte, habe er ihn zwingen müssen, es zu sagen. Er zeigt weder Schuldgefühle noch Reue. Wenn überhaupt, dann findet er, man müsse Ossacer die Schuld geben.«
    »Was ist mit Arducius? Gorian muss doch erkennen, dass er etwas falsch gemacht hat«, schaltete sich Genna ein.
    Meera schüttelte den Kopf. »Er hat überhaupt kein Gefühl dafür. Er meint, im Leben seien die Starken erfolgreich, weil sie sich nehmen, was sie wollen, wenn sie es brauchen. Die Schwachen mögen tapfer kämpfen, aber am Ende würden sie immer verlieren. Arducius habe sich durch eigene Hand verletzt.«
    »Hat er das wirklich gesagt?«, keuchte Willem.
    »Beinahe Wort für Wort.«
    »Er ist noch nicht einmal vierzehn«, zischte Willem. »Wie kann er so etwas sagen?«
    »Er war schon immer sehr launisch«, meinte Jen.
    »Das ist keine Laune«, widersprach Hesther. »Es ist eiskalte Berechnung. Willem hat recht. Er ist zu jung, um sich so zu verhalten. Meint ihr nicht auch?«
    Wie immer, wenn die Autorität unsicher war, wandten sich alle an Kessian. Dieser Abend bildete keine Ausnahme. Was würden sie nur tun, wenn er in die Erde zurückgekehrt war? Er hatte mit zunehmender Schwermut den Wortwechsel verfolgt. Sie wollten, dass er ihnen Gorians Verhalten erklärte und ihnen einen Grund gab, es nicht ganz so bedauerlich zu finden. Kessian konnte jedoch nicht schönreden, was nicht zu verteidigen war.
    »Wir dürfen uns nichts vormachen. Der Augenblick, in dem dies geschah, hätte kaum schlechter gewählt sein können. Arvan Vasselis ist in Estorr und berichtet der Advokatin, was wir hier tun. Zweifellos wird er ihr erklären, welch wundervolle Dinge wir für die ganze Konkordanz vollbringen können, wenn das Programm fortgesetzt wird, nachdem es nun seine ersten Früchte getragen hat. Heute haben wir jedem, der es sehen wollte, bewiesen, dass die Fähigkeiten der Aufgestiegenen trotz der guten Taten, die wir vollbringen wollen, auch benutzt werden können, um anderen zu schaden und Böses zu tun.
    Die Advokatur wird uns sicherlich genau unter die Lupe nehmen. Der Orden wird Druck ausüben, sobald er erfährt, was hier geschehen ist. Wenn das Gerede in der Stadt dahin geht, dass wir gefährliche und gewalttätige Missgeburten gezüchtet hätten, dann wird früher oder später jemand in Westfallen den Orden bitten, die Angelegenheit zu untersuchen. Vergesst nicht, dass wir, wenn es nach dem Orden geht, als Ketzer gelten und verbrannt werden müssen, falls man uns für schuldig befindet. Im Augenblick steht die Stadt noch hinter uns, aber die Leute werden nervös, wenn sie an unsere vier Aufgestiegenen denken. Ich kann ihnen keinen Vorwurf machen. Generationen des Vertrauens zählen nicht, wenn einzelne Menschen sich von denen bedroht fühlen, an die sie eigentlich glauben sollten.
    Wir haben immer gewusst, dass von der Welt jenseits unserer Grenzen eine Gefahr ausgeht. Jetzt müssen wir die Tatsache akzeptieren, dass uns auch von denen, die uns am nächsten sind, Gefahr droht, wenn es uns nicht gelingt, Gorians Verhalten zu ändern.«
    Er hielt inne und betrachtete die anderen Mitglieder der Autorität. Keiner war überrascht über das, was er gerade gesagt hatte. Kessian nickte und rang sich ein Lächeln ab.
    »Wir sind Pioniere«, machte er ihnen

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