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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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tauchte verschwommen das Schlafzimmer auf. Er hätte sich wünschen können, es so klar zu sehen wie mit normalen Augen, aber für Ossacer war auch dies schon eine Gnade Gottes. Es war wie ein zweites Leben, und nun lag es bei ihm, alles daraus zu machen, was er nur konnte. Die anderen und die Autoritäten hatten angenommen, er sei in diesem Dusas ungewöhnlich still und reserviert, und er ließ sie gern in diesem Glauben. Sobald sie wussten, dass er nur etwas bedrückt, aber sonst auf dem Damm war, ließen sie ihn in Ruhe.
    Was er entdeckt hatte, würde jedoch sein Leben verändern. Er wäre nicht mehr auf Hilfe angewiesen, sondern konnte sich unabhängig machen. Fast durch Zufall hatte er es entdeckt, auch wenn er begriff, dass die Notwendigkeit, seine anderen Sinne zu entwickeln, dazu beigetragen hatte. Er hatte gelernt, auch die winzigsten Geräusche aufzufangen, um sich ein geistiges Bild seiner Umgebung zu erschaffen. Dabei streckte er gewöhnlich die Hände vor, um den Raum vor ihm und an den Seiten abzutasten und die winzigen Luftströmungen zu erspüren, die seinen Körper erreichten. So waren seine Fingerspitzen äußerst empfindlich geworden, bis er sogar die Entfernung und die ungefähren Ausmaße fester Objekte vor sich ausmachen konnte.
    Seine Nase war gleichermaßen empfänglich und konnte die feinsten Düfte auffangen. Sie half ihm, die Richtung zu finden. Er konnte die Villa auf dem Hügel riechen und fand ohne Begleitung den Weg von der Villa zum Forum. Außerdem konnte er ohne Hilfe zum Obstgarten über den Genastrofällen hinaufsteigen. Niemand hatte mehr Angst, er könne über die Klippe stürzen. Für ihn waren das kleine Siege in einem beharrlichen Kampf gegen seine Unzulänglichkeiten. Doch bei seinen wenigen Begegnungen mit blinden Menschen hatte er herausgefunden, dass seine Sinne erheblich scharfer waren als die der anderen.
    Das machte ihn nachdenklich. Der einzige Vorteil seiner Blindheit, auch wenn die Erkenntnis einen bitteren Nachgeschmack hatte, war die Tatsache, dass er auf diese Weise, frei von den Ablenkungen der Welt des Lichts, genügend Zeit zum Nachdenken hatte. Dieses Mal war die Belohnung jedoch gewaltig. Ihre Ausbildung hatte sich vor allem darauf konzentriert, die Energien Gottes und der Erde zu zähmen, um ihre Ziele zu erreichen, ob sie nun Pflanzen wachsen, Bäume zur falschen Jahreszeit Früchte tragen lassen oder beim Vieh den Entzündungsherd feststellen wollten.
    Sie mussten noch viel lernen, nicht zuletzt auch, ihre Fähigkeiten möglichst effizient einzusetzen. Eine einzige Anwendung ihrer Fähigkeiten, und sie waren müde und bekamen Runzeln, die manchmal erst nach Tagen wieder verschwanden. Allerdings hatten sie alle herausgefunden, dass es ihnen sehr half, wenn sie Energien benutzten, die ihrer jeweiligen Fähigkeit besonders nahe verwandt waren. Sie vermochten zwar, auch Energien aus fremden Bereichen einzusetzen, doch dabei ermüdeten sie sehr schnell.
    Vater Kessian hatte ihnen erklärt, es sei so, als wollten sie das Wasser mit einem Schwamm und nicht mit einem Eimer von einem Ort zum anderen tragen. Es war möglich, aber es war viel anstrengender, weil man für die gleiche Menge Wasser öfter laufen musste und unterwegs zu viel verlor.
    Deshalb hatte Ossacer daran gearbeitet, die Löcher im Schwamm zu stopfen. Er hatte dies vor dem Hintergrund der Gewissheit getan, dass die Schärfe seiner Sinne auf mehr als nur Anstrengung und Glück beruhte. Es lag an dem, was er war. Rings um ihn gab es Energie. Sie strömte durch seine Fingerspitzen, seine Nase, seine Ohren und seine Zunge direkt in sein Bewusstsein, wo er sie verarbeiten konnte.
    Er war ein geborener Schmerzfinder und konnte mühelos eine Infektion, ein Fieber, eine Zerrung oder einen Bruch im Körper eines Menschen und mit etwas weniger Erfolg auch bei einem Tier feststellen. Was er aber nicht vermochte, was keiner von ihnen auch nur im Entferntesten geschafft hatte, war das Heilen. Gorian, der erste Gorian, hatte geschrieben, man könne Energiebahnen verbinden, um zu heilen, aber das hatte sich als unmöglich erwiesen, weil alle Krankheiten wie graue Schatten erschienen, die den Energiefluss überdeckten. Es war einfach unmöglich gewesen, diese Schatten zu durchdringen. Bis jetzt.
    Ossacer war recht schnell bewusst geworden, dass es überall Energien gab, die man zähmen konnte, um zu heilen, wenngleich mitunter nicht sehr wirkungsvoll. Aus diesem Grund war es überhaupt nicht nötig, die grauen

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