Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
nach Südwesten gehen, werden sie uns abfangen?«
»Das ist möglich«, bestätigte Davarov. »Wenn sie sich hier im Tal auf eine Schlacht einlassen, würden sie jedenfalls verlieren. Ich glaube auch nicht, dass sie dazu bereit sind, weil sie wissen, dass wir sie hier auf den Hängen auseinander nehmen können. Ebenso klar ist ihnen allerdings, dass wir lieber sofort angreifen würden, ehe sie sich mit ihrem anderen Heer in Gestern vereinigen können.«
»Damit ist die Entscheidung eigentlich schon gefallen«, sagte Roberto. »Wann werden sie hier eintreffen? In vier Stunden?« Die Späherin nickte. »Dann können wir uns rechtzeitig aufstellen und in der Senke und am Fluss die günstigeren Positionen beziehen.«
»Was wird, wenn wir sie auf der Hochebene verfolgen müssen?«
»Dann werden wir es tun«, sagte Roberto. »Wir können in höherem Gelände Reiter aufstellen, die jede Bedrohung von oben her abwehren. Wenn es gut läuft, können wir sie nach Belieben angreifen und schlagen.«
»Dazu hast du nicht genug Zeit«, sagte jemand hinter ihm.
Roberto drehte sich im Sattel um. »Ich kann mich nicht erinnern, dich zu dieser Besprechung eingeladen zu haben, Schatzkanzler Jhered.« Er wandte sich an die Kundschafter. »Wegtreten.«
»Du musst mir vertrauen. Lass sie kommen und täusche deinen Angriff nur vor. Sei bereit, weiter nach Südwesten zu gehen, und überlasse die Tsardonier mir.«
Roberto lachte. »Aber sicher, klar doch. Ich bin jederzeit bereit, das Leben aller Bürger in meiner Armee in die Hände deiner kleinen Kinder zu legen. Eine Entscheidung, für die ich als Kommandant nur Lob und Respekt ernten werde.«
Jhered ließ sich nichts anmerken. »Wann habe ich dir je einen schlechten Rat gegeben?« Darauf wollte Roberto nicht antworten. »Denk drüber nach, General. Schnell.«
Er machte kehrt und ritt eilig davon.
»Glaubst du, an diesen Aufgestiegenen ist etwas dran?«, fragte Davarov. »Immerhin setzt sich Jhered für sie ein, nicht irgendein Idiot aus den nördlichen Sümpfen von Gosland.«
»Ich weiß«, erwiderte Roberto. »Das macht es ja so eigenartig.
Aber wie könnte ich diesen Behauptungen vertrauen? Wenn er sich irrt, haben Gestern und ich es eher mit vierzigtausend als mit dreißigtausend Gegner zu tun. Wenn er recht hat, weiß ich nicht, wie viele Leute in meinem Heer morgen früh noch im Lager sind. Ich kann es mir nicht leisten, ihm zu glauben.« Mit gerunzelter Stirn wandte er sich an Kastenas und Davarov. »Ich habe doch recht, oder?«
Kastenas nickte. »Keine Waffe ist mächtig genug, um allein eine ganze Armee zu besiegen. Gäbe es so etwas, dann hätte uns die Advokatin befohlen, sie einzusetzen, statt nach ihm Ausschau zu halten und ihn mitzubringen.«
»Ich stimme zu«, ergänzte Davarov. »Offen gestanden klingt die ganze Angelegenheit derart widersinnig, dass nicht einmal ein beschränkter Gosländer sie hätte erfinden können. Es ist verrückt, Roberto, und wenn du ihm glaubst, dann wirst du dein Heer verlieren.«
Roberto war erleichtert. Jhered hatte etwas so Überzeugendes an sich, dass man ihm kaum einen Wunsch abschlagen konnte. Genau deshalb war er vermutlich auch ein so guter Schatzkanzler.
»Gut«, sagte er. »Gebt die Befehle. Wir machen uns kampfbereit. Das Lager wird noch heute Abend auf dieser Hochebene stehen. An die Arbeit.«
Auch wenn es draußen kühler wurde, im Wagen blieb es heiß. Arducius bemühte sich, Ossacer und Gorian davon abzuhalten, sich wieder zu streiten. Mirron war ihm keine Hilfe. Sie schlug sich grundsätzlich auf Gorians Seite, und das machte ihn wütend. Aber andererseits, was erwartete er? Kovan war nicht bei ihnen im Wagen, also konnte sie ohne jede Schuldgefühle Gorian anhimmeln. Es war eine ungewöhnlich große Erleichterung, als Jhered hinter ihrem Wagen auftauchte.
»He, ihr – könnt ihr reiten?«, fragte er.
»Ganz so unfähig sind wir nicht«, erklärte Arducius. »Die Pferde hören auf uns, deshalb werden wir nicht abgeworfen oder so, aber wir sind nicht gerade die geborenen Kavalleristen.«
»Gut. Was macht Ossacer?«
»Er sitzt hinter mir«, sagte Arducius.
»Ausgezeichnet. Dann reichen vier Pferde.«
»Wozu denn?«, wollte Gorian wissen.
»Es wird Zeit, dass ihr euch bewährt, meine jungen Aufgestiegenen«, sagte Jhered. »Wenn ihr mich hinsichtlich eurer Kräfte angelogen habt, dann solltet ihr jetzt zu beten beginnen, dass ich innerhalb der nächsten Stunde tot umfalle.«
Arducius entging nicht, wie
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