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Die Kinderhexe

Die Kinderhexe

Titel: Die Kinderhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Zangenreißen stand auf dem Plan, achtmal Aufs-Rad-Binden, Geißeln, Knochen brechen, Hände abschlagen, Pfählen, Erdrosseln und nur viermal die Exekution mit dem Schwert. Wem wurde diese Gnade zuteil?
    Den beiden Studenten von edler Herkunft, des Bürgermeisters Sekretär und Apotheker Grein für sein unerwartet schnelles Geständnis und seine Verdienste um die Stadt und das Bürgerwohl. Die anderen würden auf dem Scheiterhaufen vom Leben zum Tod gebracht.
    «Warum erhält gerade er die Gnade des Bischofs?», fragte der Henker. Hatte der Apotheker nicht das Vertrauen des Bischofs in besonderer Weise missbraucht, und hatte er nicht ein besonders abscheuliches Verbrechen begangen, als er die Hexen in der Kunst der Alchemie unterwiesen hatte?
    Der Malefizschreiber stimmte zu. Allerdings hatte Grein eine letzte große Wohltat begangen, als er seine beiden Töchter Lene und Lotti als Hexen erkannt hatte. Die waren nämlich bei der Befragung von Kathi durch ihr ungewöhnlich störrisches Verhalten aufgefallen, als sie die bereits überführte Hexe von der Zauberei freisprachen. Das hatte Meister Faltermayer gleich bemerkt, und er hatte gut daran getan, die Anklage Greins ernst zu nehmen.
    Das verstanden der Henker und seine Gehilfen. Wenn die beiden Töchter mit ihrem Vater gerichtet wurden, hatte es mit der Grein’schen Zauberer- und Hexenfamilie endlich ein Ende.
    Die Hexenbrut musste mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden, egal, ob es sich um Kinder und Eltern handelte, um niedrige oder so angesehene Leute wie die Greins. Keine Gnade für niemanden. Alle waren vor dem Schwert gleich … bis auf ein paar Auserwählte des Hexenkommissars und des Bischofs.
    «Die Hinrichtungen finden heute und in der nächsten Zeit nicht auf dem Sanderanger statt», verkündete der Malefizschreiber. «Die Bestrafungen und Urteile werden auf dem Marktplatz vollzogen, gleich neben der Ritter-Kapelle.»
    «Warum das?»
    «Der Bischof will dem Treiben fremder Händler einen Riegel vorschieben. Das Geld ist gut ausgegeben, wenn es Würzburger Wirten und Händlern zugutekommt.»
    Diese Entscheidung war zu begrüßen, schließlich wurden viele hundert Schaulustige erwartet, und deren Geld würde die leeren Säckel wieder füllen.
    «Die Scheiterhaufen bleiben aber von den Toren.»
    Auch das ging in Ordnung. Nicht auszudenken, wenn eines der Feuer auf die anliegenden Häuser oder gar auf die Kirche übersprang. Dann wurde er als Feuerteufel zur Rechenschaft gezogen und konnte gleich mitbrennen.
    Ein Folterknecht kam die Treppe herunter. «Seid ihr endlich so weit? Meister Faltermayer lässt nach euch rufen. Er sagt, dass der Bischof heute den Hinrichtungen beiwohnen will. Also, sputet euch.»
    Die Nachricht versetzte die beiden in Unruhe. Wenn der Bischof sich angemeldet hatte, durften sie sich keinen Fehler erlauben.
    «Folterknecht!», rief der Malefizschreiber, «öffne die Zellen.»
     
    Kathi lag in ihrem blutgetränkten Büßerhemd auf dem nackten Steinboden. Sie spürte die nasse Kälte auf der Wange kaum, die ihr die Gelenke lähmte und die Sinne vernebelte. Auch die Wunden, die in kürzester Zeit vereitert waren und schmerzhafte Entzündungen hervorgerufen hatten, waren unwichtig. Was sollten diese Gedanken, wenn die Wunden keine Zeit mehr hatten zu heilen? Heute war der Tag, an dem sie sterben würde. Zehn Jahre Leben in dieser Hölle waren genug. Sie würde nicht länger den Stock des Lehrmeisters fürchten, den Hunger aussitzen und ein besseres Leben herbeisehnen müssen. All das Leid würde mit dem heutigen Tag enden.
    Folterknechte gingen auf und ab, Zellentüren wurden aufgerissen und fielen mit Schwung ins Schloss zurück. Ihr Blick ruhte auf Ursula, die noch immer besinnungslos dalag, so, wie sie der Folterknecht vor ein paar Stunden hereingeschleppt und neben sie auf den Boden geworfen hatte.
    Liebe, gute Ursula.
    Wie sehr hatte sie sich für ihre Freundin gewünscht, dass sie endlich die Eltern bekam, die sie sich so sehnlich gewünscht hatte. Nun würde es auch für sie keine erzwungenen Diebestouren mehr geben, kein Wühlen in den Abfällen, keine Prügel aus nichtigem Anlass oder der puren, gehässigen Lust eines Menschenschinders wegen. Das war die gute Nachricht. Aber was würde danach kommen, wenn sie dieses Leben verlassen hatte?
    Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nie ins Himmelreich kommen.
    In dieser letzten Stunde vor ihrem Tod hoffte sie, dass kein Erwachsener der Verheißung gerecht würde. Sie

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