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Die Kinderhexe

Die Kinderhexe

Titel: Die Kinderhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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zusammenzubrechen, wenn er nicht bald Wasser und einen Platz zum Ausruhen fand. Als der Reiter das Mainufer erreicht hatte, zog er die Zügel nach links und hielt auf Sankt Burkhard zu. Dann endlich, ein paar Häuser weiter, hatte er ein Einsehen und ließ den Hengst bis zum Tor an der Mainbrücke auslaufen.
    «Gut gemacht», sagte er und strich ihm die Mähne. «Jetzt kannst du ausruhen.»
    Das Geklapper der Hufeisen auf dem Kopfsteinpflaster alarmierte die Torwächter. «Wer da?»
    «Aufmachen», antwortete er streng, «im Namen des Kaisers.»
    «Gebt Euch zu erkennen.»
    Der Reiter nahm eine Schriftrolle aus den Satteltaschen und reichte sie der Torwache durch das Guckloch.
    «Los, beeilt euch. Mein Pferd braucht Wasser und ich einen Krug Wein.»
    Das Geschriebene konnten die Torwachen nicht erkennen, aber das kaiserliche Siegel räumte alle Bedenken aus dem Weg. Sie öffneten das Tor. Auf der Mainbrücke angekommen, wagte der Reiter einen Blick zurück, nach oben zur Burg, ob dort noch Lichter brannten.
    «Schlaf nur, mein Bischof. Morgen ist’s vorbei mit der Ruhe.»
    Dann, wie aus dem Nichts, hörte er den Schrei einer Eule über sich, gefolgt vom Krächzen eines Raben.
    Die beiden Vögel rauschten an ihm vorbei und stürzten sich auf eine Natter, die sich zu lange auf einem warmen Stein ausgeruht hatte.
    Der Kampf um die Beute war kurz, und wenn er es richtig sah, zog der Rabe mit der Schlange im Schnabel davon.

[zur Inhaltsübersicht]
    34
    Felicitas, des Ratsherrn Dornbusch Eheweib, strich der Malefizschreiber von der Liste der angeklagten Hexenleute, die am heutigen Brandtag gerichtet werden sollten. Es blieben:
     
    Des Schreiners Gehring älteste Tochter Magda.
    Drei unbekannte Vagabunden.
    Ein Spielmann aus Werneck.
    Der Friedrich Schraudt, Weinhändler.
    Ein elternloser Knabe, Jörg.
    Ein fremdes Weib.
    Des Fähnrichs Vinzenz Bruder Philipp.
    Der Hanns Rosenzweig, Sekretär des Bürgermeisters.
    Zwei fremde Bettlerinnen.
    Die Witwe Bolt, Wirtin vom Häckerhof.
    Ein edler Knabe von fünfzehn Jahren, Student zu Stift Haug.
    Noch ein Student von edler Herkunft.
    Das Waisenkind Ursula.
    Apotheker Grein.
    Des Apothekers Grein Töchter Lene und Lotti.
    Und des bischöflichen Kuriers Heinrich einziges Töchterlein Kathi.
     
    Das waren zwanzig Hexenleute, zählte der Malefizschreiber. Sie schafften Platz für die Angeklagten, die in den letzten Tagen beschuldigt worden waren. Es waren insgesamt dreiundzwanzig, von denen neun bereits geständig waren. Bei den Übrigen handelte es sich um acht Kinder, die sich selbst beschuldigten, also auch kein großes Problem darstellten. Die restlichen sechs waren schwieriger einzuschätzen. Da waren ein Ratsherr, ein Edler und seine Frau aus Rimpar, zwei Professoren der Universität und der Vikarius Franziskus von Stift Haug. Für den Vikar setzte sich der Stiftspropst ein – nach dem Bischof und dem Dompropst der drittmächtigste Mann in der Stadt. Diese Verhöre konnten dauern. Bei den anderen Angeklagten verhielt es sich ähnlich.
    Der Malefizschreiber überlegte angestrengt. Selbst wenn mit dem heutigen Brandtag neuer Platz in den Kerkern geschaffen wurde, so reichten die vorhandenen Zellen längst nicht aus, um alle Angeklagten aufzunehmen. Neuer Raum musste her, anders war das nicht zu schaffen. Faltermayer saß ihm im Nacken. Er forderte eine schnelle und reibungslose Abwicklung der Verfahren. Er hatte noch viel vor.
    Der Schreiber erhob sich, sammelte die Anklageschriften ein und machte sich auf den Weg hinunter in die Kerker. Zum einen hoffte er, dass kein Angeklagter in der vergangenen Nacht verstorben war – es wäre schade um die viele Arbeit gewesen –, andererseits würde ein vorzeitiger Tod ihn auch schneller ins Wirtshaus zur Gerichtsmahlzeit bringen. Wildschwein mit Klößen stand für den heutigen Brandtag auf dem Speisezettel.
    Als er hinunter in den Kerkertrakt kam, warteten bereits der Henker und seine beiden Gehilfen auf ihn. Die frühe Morgenstunde bekam den dreien nicht. Sie hatten die überraschend warme Nacht im Wirtshaus verbracht und waren in den Morgenstunden vom Nachtwächter an den Palisaden gefunden worden, der sie mit seiner Hellebarde unsanft geweckt hatte. Nun sollte sie ein Krug warmer Wein für die anstehende Arbeit kräftigen.
    Der Malefizschreiber ging mit ihnen die Liste der Angeklagten durch.
    Wer sollte wie gerichtet werden? Welche Bestrafungen sollten sie vorher noch erhalten? Welches Gerät war dafür vonnöten?
    Zehnmal

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