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Die Kinderhexe

Die Kinderhexe

Titel: Die Kinderhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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zurück. Das, was jetzt noch auf dem Platz stattfinden würde, brauchte er nicht zu sehen. Es war ekelhaft, und außerdem war er hungrig.
    «Kommt, lasst uns verschwinden», flüsterte Kathi Barbara und Otto zu. Von den vielen Malen zuvor wussten sie, welch entwürdigendes und grausames Schauspiel nun folgen würde.
    Der Moment war günstig. Ludwig hatte die Hände zum Gebet gefaltet und schien ganz in sich versunken. Sie versuchten, sich an den Umstehenden vorbeizudrängen, was nicht einfach war.
    Doch so leicht ließ sich Ludwig nicht überrumpeln. «Hiergeblieben!»
    Die drei erstarrten. Und damit sie nicht noch einmal auf den Gedanken kamen, vor der Vollstreckung des Urteils zu flüchten, postierte er sie direkt vor sich. So hatte er sie jederzeit im Griff.
    Während der Scharfrichter seine beiden Gehilfen anwies, den bereitstehenden Kessel aus dem Kanzleihof zu holen, machte er sich daran, Witwe Glöckner und Schultheiß Haag für den ersten Teil der Vollstreckung zu präparieren. Als Erstem riss er Haag das dünne Hemd vom Leib. Der nackte Oberkörper zeigte zahlreiche frische Wunden. Die Schaulustigen in den vorderen Reihen bestaunten und zählten die Verletzungen, um Rückschlüsse zu ziehen, wie lange Haag geleugnet hatte. Einige nickten anerkennend.
    Ganz anders sah es bei der Glöcknerin aus. Als ihr das Hemd vom Leib gerissen wurde und die Brüste sichtbar wurden, sah man keine auffälligen Verletzungen, aber viele kleine, die von einer Nadel stammten. Sie hatte mehrmals die Nadelprobe über sich ergehen lassen müssen, die zeigen sollte, ob bestimmte Muttermale bluteten, wenn man in sie stach. Bluteten sie nicht, war der Hexenbeweis geführt. Auch hier prüften die Vorderen genau, ob sich Blutspuren an den Muttermalen befanden oder nicht.
    Der mit brennender Kohle gefüllte Kessel stand bereit. Oben heraus schauten zwei dünne Eisenstangen, die sich als Schenkel einer langen Zange erwiesen, sobald sie der Scharfrichter herausgeholt hatte. Die Kneifbacken glühten rot.
    Ihr Anblick und die Gewissheit, was als Nächstes geschehen würde, erweckten die Glöcknerin und Haag aus ihrer Lethargie. Bisher hatten sie geschwiegen und alles bereitwillig über sich ergehen lassen. Die Furcht jedoch, erneut gefoltert und um einen schnellen Tod gebracht zu werden, ließ sie zurückschrecken und verzweifelt schreien. Die beiden Gehilfen mussten sie festhalten.
    Der Scharfrichter nahm sich Haag als Ersten vor. Als die glühenden Kneifbacken in sein Fleisch drangen, schrie er markerschütternd auf. Für einen Augenblick verstummten die Schaulustigen. Ihr Blick war auf die Kneifbacken gerichtet, die sich rauchend und zischend ins Fleisch fraßen.
    Würde der Teufel nun aus ihm weichen? Man sagte, wenn die Hülle zerstört war oder in Flammen aufging, könne man den flüchtenden Teufel für einen Augenblick sehen. Doch außer Blut und verschmortem Fleisch war da nichts zu erkennen. Ob es bei der Glöcknerin anders war?
    Auch sie schrie sich die Seele aus dem Leib, noch bevor die Zange sie berührte. Als es dann so weit war, drohte sie das Bewusstsein zu verlieren. Nachdem der Scharfrichter von ihr abgelassen hatte, kam sie wieder zu sich. Sie fiel in ein Schluchzen und Flehen und richtete sich damit an eine Frau, die in vorderster Reihe ihre Peinigung verfolgte.
    «Hilf mir», schrie sie, «so wie ich auch dir geholfen habe, als du Mann und Kind verloren hast. Ich habe dich bei mir aufgenommen.»
    Doch statt der erhofften Hilfe spuckte die Frau sie an. «Du widerliche Hexe. Du bist an allem schuld. Heulen und brennen sollst du.» Dann zwängte sie sich durch die Reihen davon und sah nicht, wie der Scharfrichter mit einem Messer auf die Witwe zuging. Er packte sie an der Schulter und schnitt ihr in einem Zug die rechte Brust ab. Und mit einem zweiten Schnitt die linke. Dann nahm er beide in die Hand und zeigte sie reihum den Schaulustigen.
    Kathi, Barbara und Otto stockte der Atem, so wie jedes Mal, wenn der Scharfrichter seine Arbeit von der grölenden Menge bewundern ließ. Das Blut tropfte noch aus dem Fleisch, als seine Hand an den Augen der Kinder vorbeifuhr. Dies waren Brüste, die sie einst genährt hatten und an die sie flüchteten, wenn sie verzweifelt waren. Einige Kinder erstarrten.
    Andere aus der Gruppe des Vikars interessierte das hingegen überhaupt nicht. Sie saßen an der Absperrung und spielten mit allem, was sie mitgebracht hatten oder was sie in die Hand bekamen. Es war ihr Weg, sich aus den

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