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Die Kinderhexe

Die Kinderhexe

Titel: Die Kinderhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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kommst du darauf, dass sich etwas ändern wird?», erwiderte Kathi. «Wenn es stimmt, was die Zeichen sagen, dann ist das Ende nahe. Die Flüsse sind vergiftet, und vom Himmel fallen die Sterne.»
    «Das kann nicht sein», widersprach Barbara.
    «Wieso nicht?»
    «Weil es nicht sein darf. Es muss einfach besser werden. Ich halte es nicht mehr lange aus.»
    In diesem Punkt hatte sie zweifellos recht. Kathi blickte in ihr bleiches Gesicht. Sie würde Barbara später einen Teil der Ration abgeben, die sie von ihrer alten Amme Babette bekam.
    An Essen zu denken war in diesem Moment jedoch keine gute Idee. Wenn alles so ablief wie die letzten Male, dann würden sie die nächsten zwei, drei Stunden hier und auf dem Sanderanger verbringen, wo die Verbrennungen stattfanden. Außerdem ließ sich Babette bei Hinrichtungen normalerweise nicht blicken. Sie verabscheute dieses Schauspiel zutiefst.
    Heute aber würde Babette eine Ausnahme machen. Das hatte sie Kathi versprochen. Der alte Ambrosius hatte frischen Honig gemacht, und den würde sie am Brandtag gut verkaufen können. Immer montags besuchte sie ihn in seiner Waldhütte und schaute nach dem Rechten. Er war nicht mehr ganz klar im Kopf, und es war besser für ihn, sich von den Menschen fernzuhalten. Über Babette sagte man das übrigens auch. Kathi und ihre Freunde waren da anderer Meinung. Babette war die gescheiteste und gutherzigste Person, die es gab.
    Als Hebamme hatte sie die Kinder nach der Geburt noch lange versorgt. Schließlich mussten die Mütter schnell wieder auf die Beine kommen und zum täglichen Broterwerb beitragen. Da war kaum Zeit für ein Neugeborenes. Und da diese Übereinkunft so gut funktionierte, hatte Babette eine ganze Schar Kinder um sich, bis eins nach dem anderen selbst arbeiten gehen musste. Für Kathi, Barbara, Otto und viele andere war das die schönste Zeit ihres Lebens gewesen. Ihre leiblichen Mütter lernten sie erst später richtig kennen, und nicht wenige hätten lieber wieder zu Babette zurückgewollt. In ihrer kleinen Waldhütte gab es immer ausreichend zu essen, und vor allem gab es genug Zeit zum Spielen.
    «Und wenn sie doch nicht kommt?», fragte Otto besorgt.
    «Sie hat es versprochen», antwortete Kathi. «Wenn die Verurteilten zum Sanderanger gebracht werden, will sie uns treffen. Sie hat ihr Wort noch nie gebrochen.»
    Otto gab sich vorerst damit zufrieden, nicht zuletzt, weil sich das Tor der Kanzlei öffnete und zwei Stadtknechte mit Spießen in der Hand heraustraten. Ihnen folgten unter dem Raunen der Menge die Witwe Glöckner, der frühere Schultheiß Haag und die fünf Fremden, die wohl nicht damit gerechnet hatten, dass Würzburg zu ihrem Schicksal würde. Johanna hingegen fehlte.
    Alle reckten die Köpfe. Jeder wollte sehen, ob es tatsächlich die Glöcknerin und der Haag waren, die so viele Jahre unter ihnen gelebt hatten, ohne dass jemandem der Verdacht gekommen war, sie seien mit dem Teufel im Bund.
    Es war nicht einfach, die beiden zu erkennen. Der dicken Glöcknerin hatte man das lange braune Haar, das sie einst so stolz getragen hatte, bis auf die Haut geschoren. Die Nase war geschwollen, das rechte Auge hatte sich von den Schlägen geschlossen. Es war für jeden ersichtlich, dass die Folterknechte nicht zimperlich mit der feinen Dame umgesprungen waren. Keine Spur mehr von hochtrabendem Verhalten und unverschämten Reden. Jetzt steckte sie in einem verdreckten Büßerhemd, unter dem ihre schmutzigen und blutigen Füße hervorschauten. Die ersten Schmährufe wurden laut, Abfall und Steine kamen geflogen.
    Dem ehemaligen Schultheißen erging es nicht besser. Er humpelte hinter der Glöcknerin her. Sein linker Fuß war dick wie ein Kohlkopf, eine Hand war seltsam grün und blau geschwollen. Er hatte Bekanntschaft mit den Daumen- und Beinschrauben gemacht, einem furchtbaren Folterinstrument, das die Glieder quetschte, bis sie brachen. Ein Stein kam geflogen und traf ihn mitten ins Gesicht. Er stürzte zu Boden.
    Die fünf fremden Gestalten achteten nicht auf ihn. Sie hatten an ihrem eigenen Leid zu tragen. Wer noch laufen konnte, zwang sich irgendwie auf den Platz hinaus, und sei es nur, um endlich wieder an der frischen Luft zu sein. Statt lauter Häme ernteten sie Teilnahmslosigkeit. Niemand kannte sie, und niemand scherte sich um sie. Eine unverhoffte Gnade, verglichen mit den wütenden Vorwürfen, die sich über die Glöcknerin und den Haag ergossen.
    Einige Bürger drohten, die Holzschranke zu überwinden, um

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