Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14
kleiner Pub: nur zwei Räume, beide kaum größer als das Wohnzimmer eines durchschnittlichen Reihenhauses. Im ersten Raum herrschte meist einiger Betrieb, was vor allem daran lag, dass er schon bei drei oder vier Gästen gut gefüllt wirkte. Im Nebenzimmer standen Tische und Stühle, und Rebus hatte sich dort in der dunkelsten Ecke niedergelassen, so weit vom Fenster entfernt wie möglich. Die Wände hatten dieselbe gallengelbe Farbe wie an dem Tag vor rund dreißig Jahren, als er das erste Mal zur Tür hereingekommen war. Das karge, altmodische Interieur vermochte Neulinge abzuschrecken, aber Rebus hätte nicht darauf gewettet, dass es diese Wirkung auch auf den Reporter haben würde. Er hatte in der Edinburgher Redaktion der Boulevardzeitung angerufen. Seine Nachricht hatte kurz und knapp gelautet: »Ich will mit Ihnen reden. In der Oxford Bar. Sofort.« Er hatte aufgelegt, ehe Holly ihn in ein Gespräch verwickeln konnte. Rebus wusste, er würde kommen. Er würde kommen, weil der Anruf seine Neugier geweckt hatte. Er würde kommen, weil er die Story als Erster gebracht hatte. Er würde kommen, weil das sein Job war. Rebus hörte, wie die Eingangstür auf- und wieder zuging. Wegen der Leute an den anderen Tischen machte er sich keine Sorgen. Sie würden alles, was sie zufällig mitbekamen, für sich behalten. Das war in dieser Sorte Pub so. Rebus hob sein fast leeres Glas hoch. Er konnte inzwischen fester zufassen. Um ein Glas an den Mund zu führen, brauchte er nur noch eine Hand, und der Schmerz beim Bewegen des Handgelenks war auszuhalten. Whisky verkniff er sich. Siobhan hatte ihm einen wirklich guten Rat gegeben, und dieses eine Mal würde er ihn befolgen. Er wusste, dass er bei vollem Verstand sein musste. Steve Holly würde wenig Bereitschaft zeigen, nach Rebus' Regeln zu spielen.
Schritte auf den Stufen, ein Schatten, der Hollys Eintritt in den Nebenraum vorausging. Er spähte ins Halbdunkel des Nachmittags und quetschte sich auf dem Weg zu Rebus zwischen den Stühlen an den anderen Tischen hindurch. Die Flüssigkeit in seinem Glas sah nach Bitter Lemon aus, dem vielleicht ein Schuss Wodka hinzugefügt worden war. Er nickte kurz und blieb stehen, bis Rebus ihn mit einer Handbewegung zum Hinsetzen aufforderte. Holly tat es, schaute aber immer wieder nach rechts und links, offenkundig behagte es ihm überhaupt nicht, mit dem Rücken zu den anderen Gästen zu sitzen.
»Keine Sorge, es wird sich hier niemand auf Sie stürzen und Sie abmurksen«, beruhigte ihn Rebus. »Ich nehme an, ich sollte Sie beglückwünschen«, sagte Holly. »Wie ich höre, haben Sie es geschafft, Jack Bell gehörig auf den Geist zu gehen.« »Und mir fällt auf, dass Ihre Zeitung seine Initiative unterstützt.« Holly verzog den Mund. »Trotzdem ist er ein Arschloch. Ihre Leute hätten sich nicht ins Bockshorn jagen lassen sollen, nachdem sie ihn auf dem Strich erwischt haben. Oder besser noch, sie hätten meine Zeitung anrufen sollen, dann wären wir gekommen und hätten von ihm ein paar Schnappschüsse in flagranti gemacht. Haben Sie die Ehefrau kennen gelernt?« Rebus nickte. »Meschugge«, fuhr der Reporter fort. »Nervenleiden, heißt es.« »Aber sie hat ihrem Mann zur Seite gestanden.« »Das tun die Frauen von Abgeordneten doch immer, oder?«, meinte Holly abfällig. Dann: »Also, wie komme ich zu der Ehre? Haben Sie beschlossen, mir Ihre Version der Geschichte zu erzählen?« »Sie sollen mir einen Gefallen tun«, sagte Rebus und legte die behandschuhten Hände auf den Tisch. »Einen Gefallen?« Rebus nickte. »Und was kriege ich dafür?« »Bevorzugte Behandlung.« »Das bedeutet?« Holly hob sein Glas an den Mund. »Das bedeutet, dass Sie von mir alles erfahren, was ich über den Herdman-Fall weiß.« Holly schnaubte. Musste sich einen Teil seines Drinks vom Gesicht abwischen. »Soweit ich weiß, sind Sie vom Dienst suspendiert.« »Das hat mich nicht daran gehindert, Augen und Ohren offen zu halten.« »Und was genau können Sie mir über Herdman erzählen, das ich nicht aus einem Dutzend anderer Quellen erfahren kann?« »Hängt von dem Gefallen ab. Dabei geht es um etwas, das niemand sonst weiß.« Holly nahm einen weiteren Schluck seines Drinks und spülte ihn im Mund hin und her. Dann schluckte er und machte ein schmatzendes Geräusch.
»Versuchen Sie gerade, ein Ablenkungsmanöver zu starten, Rebus? Ich habe Sie wegen der Fairstone-Sache am Wickel. Das weiß jeder. Und jetzt bitten Sie mich um einen Gefallen?« Er
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