Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14
»Die offenbar rund um die Uhr eingeschaltet ist.« Er zuckte zusammen, als ihm klar wurde, dass er schon wieder zu viel gesagt hatte. »Und wie lange hast du zugeschaut, bis du zu diesem Schluss gelangt bist?« »Ich wüsste nicht, was das für eine Rolle spielt...« Hogan ignorierte den Einwand. »Ich muss Claverhouse darüber informieren.« »Nein, musst du nicht.« »John, wenn Herdman scharf auf dieses Mädchen war...« »Ich will bei ihrer Vernehmung dabei sein.« »Ich glaube nicht, dass du...« »Ohne mich wüsstest du gar nichts davon, Bobby!« Rebus merkte, dass er laut geworden war und schaute sich um. Er saß an der Theke, dicht am Fenster, und sah gerade noch, wie zwei junge Frauen, wahrscheinlich Büroangestellte bei ihrer Pause, hastig den Blick abwandten. Wie lange hatten die beiden ihn schon belauscht? Rebus senkte die Stimme. »Versprich mir, dass ich dabei bin, Bobby. Das ist mir wirklich wichtig.« Hogans Ton wurde etwas zugänglicher. »Ich werde sehen, was ich tun kann. Hoffen wir, dass Claverhouse kein Veto einlegt.« »Können wir Claverhouse denn nicht außen vor lassen?« »Wie meinst du das?«
»Wie wär's, wenn nur wir beide mit ihr reden...« »So was mache ich nicht, John.« Der Ton war wieder kühler geworden. »Gut, wenn du meinst, Bobby.« Rebus fiel etwas ein. »Ist Siobhan bei euch?« »Ich dachte, sie wäre bei dir.« »Nicht so wichtig. Du sagst mir Bescheid, sobald feststeht, wann ihr Teri vernehmt?« »Ja.« Das Wort mündete in einen Seufzer.
»Tschüss, Bobby. Du hast was gut bei mir.« Rebus beendete das Gespräch und ging hinaus, obwohl er seinen Kaffee noch nicht ausgetrunken hatte. Draußen zündete er sich eine weitere Zigarette an. Die Büromiezen steckten die Köpfe zusammen und tuschelten hinter vorgehaltener Hand - vielleicht fürchteten sie, er könne von den Lippen ablesen. Sie vermieden es, ihn direkt anzuschauen. Er blies den Rauch gegen das Fenster und kehrte in die Bibliothek zurück.
Siobhan war früh nach St. Leonard's gefahren, hatte eine Weile im Fitnessraum trainiert und war dann ins CID-Büro hinaufgegangen. Dort gab es einen großen begehbaren Schrank, in dem die Unterlagen über alte Ermittlungen aufbewahrt wurden, aber als sie die Rücken der braunen Aktenkartons aus Pappe entlangfuhr, stellte sie fest, dass einer fehlte. Er war durch einen Zettel ersetzt. Martin Fairstone. Auf dienstliche Anordnung entfernt. Gill Templers Unterschrift. Verständlich. Fairstones Tod war kein Unfall gewesen. Man hatte Untersuchungen in einem Mordfall eingeleitet, verbunden mit einer internen Ermittlung. Gill Templer hatte die Akte an sich genommen, um sie den zuständigen Beamten zur Verfügung stellen zu können. Siobhan schloss die Schranktür wieder und drehte den Schlüssel herum, dann ging sie auf den Flur hinaus und lauschte an Gill Templers Tür. Nichts zu hören bis auf das entfernte Klingeln eines Telefons. Sie schaute den Gang hinauf und hinunter. Nur zwei Kollegen im CID-Büro: DC Davie Hynds und »Hi-Ho« Silvers. Hynds war noch zu neu, um irgendwelche Fragen zu stellen, aber wenn Silvers sie entdeckte... Sie holte tief Luft, klopfte und wartete, drehte dann am Knauf und drückte gegen die Tür. Sie war nicht abgeschlossen. Siobhan zog sie hinter sich zu und schlich auf Zehenspitzen durch das Büro ihrer Chefin. Auf dem Schreibtisch selbst lag nichts herum, und die Schubladen waren nicht groß genug. Sie starrte den grünen Aktenschrank mit den vier Schubfächern an. »Wennschon - dennschon...«, murmelte sie und zog das oberste Schubfach auf. Es war leer. Die anderen enthielten eine Menge Papierkram, aber nicht das, wonach sie suchte. Sie atmete geräuschvoll aus und blickte sich noch einmal suchend um. Was bezweckte sie damit? Hier gab es keine Verstecke. Der Raum war rein funktional eingerichtet. Früher hatten bei Gill Templer wenigstens ein paar Pflanzen auf der Fensterbank gestanden, aber selbst die waren verschwunden, entweder mangels Pflege eingegangen, oder bei einer Aufräumaktion aussortiert. Templers Vorgänger hatte auf dem Rand seines Schreibtischs lauter Fotos seiner vielköpfigen Familie stehen gehabt, jetzt hingegen sah man dem Büro nicht einmal an, dass hier eine Frau arbeitete. In der sicheren Überzeugung, nichts übersehen zu haben, öffnete Siobhan die Tür und stand direkt vor einem Mann, der sie stirnrunzelnd betrachtete.
»Sie habe ich gesucht«, sagte er.
»Ich wollte nur...« Siobhan schaute über die Schulter in das Büro,
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