Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14
Sie schüttelte den Kopf. Sie wusste noch, wie Rebus sie gefragt hatte; ihre Antwort hatte ebenfalls aus einem Kopfschütteln bestanden. Aber sie hatte sich keine Illusionen gemacht ... keine Illusionen, dass er nicht eins und eins zusammenzählen würde. »Erst als ich von seinem Tod erfahren habe«, sagte sie, »bin ich zur Chefin gegangen und habe es ihr erzählt.« Eine Weile herrschte Stille. Beide hoben ihre Flasche an den Mund, schauten einander an. Siobhan schluckte und leckte sich die Lippen.
»Ich habe ihn nicht umgebracht«, sagte Rebus leise. »Er hat eine Beschwerde gegen Sie eingereicht.« »Und umgehend wieder zurückgezogen.« »Es war also ein Unfall.« Er schwieg einen Moment lang. Dann wiederholte er: »Schuldig bis zum Beweis der Unschuld.« Siobhan hob ihr Bier in die Höhe: »Auf die Schuldigen.« Rebus zeigte die Andeutung eines Lächelns. »Nach letztem Donnerstag haben Sie ihn nicht mehr gesehen?« Sie nickte. »Und Sie?« »Hatten Sie denn keine Angst, dass er zurückkommen würde?« Er sah den Blick, den sie ihm zuwarf. »Okay, >Angst< also nicht... aber Sie müssen doch darüber nachgedacht haben.« »Ich habe Vorsichtsmaßnahmen ergriffen.« »Was für welche?« »Die üblichen: Habe mich regelmäßig umgeschaut... habe im Dunkeln meine Wohnung möglichst nur dann betreten oder verlassen, wenn jemand in der Nähe war.« Rebus legte den Kopf an die Rückenlehne des Sessels. Die Musik hatte aufgehört. »Soll ich noch was anderes auflegen?« »Sie sollen mir sagen, dass Sie Fairstone nach unserem Besuch in seiner Wohnung nicht mehr gesehen haben.« »Das wäre gelogen.« »Und wann haben Sie ihn gesehen?« Rebus drehte den Kopf zur Seite, um sie anzusehen. »Am Abend vor seinem Tod.« Er legte eine Pause ein. »Aber das wussten Sie ja bereits, oder?« Sie nickte. »Templer hat es mir erzählt.« »Ich bin bloß durch ein paar Pubs gezogen. In einem davon bin ich ihm begegnet. Wir haben ein bisschen geplaudert.« »Über mich?« »Über das blaue Auge. Er sagte, er habe sich bloß verteidigt.« Erneut legte er eine Pause ein. »So wie Sie es erzählen, könnte das sogar stimmen.« »In welchem Pub war das?« Rebus zuckte die Achseln. »In irgendeinem in der Nähe von Gracemount.« »Seit wann besuchen Sie Pubs, die so weit entfernt von der Oxford Bar sind?« Er sah sie an. »Vielleicht wollte ich mit ihm reden.« »Sie haben ihn gesucht und gefunden?« »Da höre sich einer unser kleines Fräulein Staatsanwalt an!« Rebus' Gesicht verfärbte sich. »Und zweifellos war dem halben Pub sonnenklar, dass Sie Bulle sind«, stellte sie fest. »Darum hat Templer davon erfahren.« »Nennt man das nicht Beeinflussung von Zeugen« »Ich kann meine Schlachten selbst schlagen, John!« »Er hätte Sie immer wieder auf die Bretter geschickt. Der Typ war gewalttätig. Sie haben doch sein Vorstrafenregister gesehen...« »Das gab Ihnen trotzdem nicht das Recht -« »Wir reden hier nicht davon, wer was für Rechte hat.« Rebus sprang auf, marschierte zum Esstisch und holte sich eine weitere Flasche Bier. »Wollen Sie auch eine?« »Nein, ich muss noch fahren.« »Wie Sie wollen.« »Ganz genau. Es hätte danach gehen sollen, was ich will, nicht was Sie wollen.« »Ich habe ihn nicht umgebracht, Siobhan. Ich bin bloß...« Den Rest des Satzes verkniff Rebus sich. »Was?« Sie drehte sich auf dem Sofa zur Seite, um ihn direkt anzusehen. »Was?«, wiederholte sie. »Ich bin mit zu ihm nach Hause gegangen.« Sie starrte ihn an, den Mund einen Spaltbreit offen. »Es war seine Idee.« »Seine Idee?« Rebus nickte. Der Flaschenöffner in seiner Hand zitterte, und er ließ sich von Siobhan die Flasche aufmachen. »Das Arschloch spielte gerne Spielchen, Siobhan. Er schlug vor, wir sollten zu ihm gehen und das Kriegsbeil begraben.« »Das Kriegsbeil begraben?« »Genau das waren seine Worte.« »Und das haben Sie beide dann auch getan.« »Er wollte reden... nicht über Sie, sondern über Gott weiß was. Über seine Zeit im Gefängnis, seine Zellengenossen, seine Jugend. Das übliche rührselige Zeug: Der Vater schlägt seinen Sohn, die Mutter vernachlässigt ihn...« »Und Sie haben ihm friedlich zugehört?« »Ich habe ihm zugehört und dabei gedacht, dass ich ihn am liebsten verprügeln würde.« »Aber das haben Sie nicht getan?« Rebus schüttelte den Kopf. »Als ich ging, war er ziemlich breit.«
»Aber er war nicht in der Küche?« »Nein, im Wohnzimmer...« »Haben Sie die Küche gesehen?« Erneut
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