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Die Klassefrau

Die Klassefrau

Titel: Die Klassefrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Michelle
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sterben!«
    »Nein, ich werde nicht -«, begann er.
    »Hör auf, mich zu belügen!«, schrie sie und riss sich los. »Ich habe es gesehen. Ich habe gesehen, wie das Blut aus dir strömte, und ich denke nicht daran, hier zu bleiben und auf die Beerdigung zu warten!«
    Sie riss die Tür auf und stürmte die Treppen hinunter. Peter rief ihr etwas hinterher. Ihr Mercedes war bereits auf der Straße, als Peter aus der Tür stürzte, barfuß und nur mit seinen Jeans bekleidet.
    »Mallory!«
    Sie trat aufs Gaspedal, und der Mercedes schoss die Diamond Street hinunter. Tränen strömten ihr übers Gesicht, so dass sie kaum etwas sehen konnte. Doch das spielte keine Rolle. Sie bettelte geradezu um einen Autounfall, um dieser unerträglichen Pein ein für alle Mal ein Ende zu machen. Das Steuerrad fühlte sich eiskalt unter ihren Händen an. So eiskalt wie ihre Seele.
    Dieser alles überdeckende Schmerz war etwas vollkommen Neues für Peter. Er ging ihm durch Mark und Bein, fraß an seinem Herzen, seiner Seele, bis er sich vor Qualen krümmte und am liebsten verkrochen hätte. Aber das ging nicht, denn der Schmerz würde nur vergehen, wenn Mallory wieder in seinen Armen lag. Sein Leben war auf die einfachsten Dimensionen reduziert: Mallory oder Leere. Er musste sie finden. Es gab keine zweite oder dritte Möglichkeit. Er musste Mallory finden und es irgendwie schaffen, durch den Schmerz und das Entsetzen, die sie erfasst hatten und ihm entfremdeten, zu ihr vorzudringen.
    Sie war nicht zu Hause und in der Werkstatt ebenso wenig. Da Peter gesehen hatte, wie sie aus seiner Einfahrt gerast war, überprüfte er vorsichtshalber sämtliche Krankenhäuser der Stadt. Nichts.
    Er versuchte es im Golden Gate Park, in ihrem Fitnessclub, in der Gärtnerei, überall dort, wo sie sein könnte. Nichts.
    Er fuhr zu ihrem Haus, doch er brauchte gar nicht erst zu läuten, um zu wissen, dass sie nicht da war. Aber Peter hatte auch nicht die Absicht zu läuten. Als sie am Samstag das Haus verlassen hatten, hatte sie die Tür zwar abgeschlossen, sich aber nicht die Zeit genommen, auch den Sicherheitsriegel vorzulegen. Er brauchte nur zwanzig Sekunden, um das Türschloss zu knacken, und trat ein.
    Horace begrüßte ihn mit einem lauten »Miau«, bevor er zielstrebig in Richtung Küche voranging. Pflichtschuldigst gab Peter ihm sein Frühstück, obwohl es sich in Wahrheit schon um sein Mittagessen handelte. Dann ging er ins Wohnzimmer. Auf dem Kaminsims standen die Fotos von all den Menschen, die Mallory geliebt und verloren hatte. Peter betrachtete sie und spürte wieder ihr Entsetzen und ihren Schmerz. Was hatte sie nur gesehen? Wie konnte sie von seinem nahen Tod überzeugt sein, wo sie doch dazu bestimmt waren, ihr Leben gemeinsam zu verbringen? Was war geschehen?
    Zitternd setzte Peter sich auf die Couch, um auf Mallory und die Antworten zu warten, die er herbeisehnte.
    Als er am Montagmorgen aufwachte, lag er immer noch auf der Couch. Zum ersten Mal in seiner Laufbahn meldete er sich krank. Mallory war noch nicht wieder zurückgekommen.
    Um zehn Uhr durchstreifte er ruhelos ihr Haus, gegen Mittag hatte er das Gefühl, den Verstand zu verlieren.
    »Sie ist irgendwo in der Stadt«, schäumte er und funkelte Horace an, der sich auf einer Fensterbank sonnte. »Ich weiß es. Ich fühle es.« Abrupt hielt er inne. »Ich kann ihre Gegenwart fühlen !«, flüsterte er.
    Den ganzen Sonntag über hatte er ihre Verzweiflung und ihren Schmerz gespürt; die ganze Nacht über hatte er sie in seinem Traum gesehen, ihre unaufhörlich fließenden Tränen gesehen, wie sie zusammengekauert in irgendeinem fremden Bett lag.
    Seine Erleichterung war schier grenzenlos. Die unzertrennliche Verbindung, die durch ihre Liebesnacht entstanden war, hatte gehalten! War er in der Lage, ihre Gegenwart zu spüren, konnte sie das umgekehrt vielleicht auch, wenn er sich Mühe gab. Schließlich hatte sie erst vor einer Woche gespürt, wie Bertochs Messer ihn aufschlitz te. Sie musste ihn einfach spüren können, denn sein gegenwärtiger Schmerz war um vieles größer als der, den ihm der Messerstich zugefügt hatte.
    Peter setzte sich auf den Fußboden in Mallorys Wohnzimmer und begann zu meditieren – oder er versuchte es zumindest. Er musste länger als dreißig Minuten tief und gleichmäßig atmen, um die innere Ruhe und Konzentration für die Meditation zu finden.
    Dann öffnete er sein Herzchakra, und sein sechster Sinn schickte seine Liebe hinaus in die Stadt auf die Suche

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