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Die Klassefrau

Die Klassefrau

Titel: Die Klassefrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Michelle
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nach Mallory, sandte ihr in Gedanken immer wieder dieselbe Botschaft: »Komm nach Hause.«
    Eine Stunde lang konzentrierte er seine Gedanken ausschließlich auf diese Nachricht, dann eine weitere Stunde und noch eine. Er hatte so etwas noch nie bewusst probiert, doch als er nun auf Mallorys Holzfußboden saß, spürte er, wie er über die Stadt glitt und Straße für Straße nach ihr absuchte, vom Ocean Drive bis zur Fähre, vom Glen Park bis zum Hafen.
    Er bekam gar nicht mit, wie der Tag verging. Er registrierte nicht, dass im Wohnzimmer automatisch das Licht anging, als irgendwo eine Uhr acht schlug. Hin und wieder schliefen seine Beine ein, worauf er seine Position veränderte, aber er blieb immer auf das eine fokussiert: auf Mallory. Es gab nur Mallory. Und er musste sie finden.
    Er arbeitete die ganze Nacht hindurch bis zum Morgen, aber es gab keine Verbindung. Sein flehentliches Rufen blieb ohne Antwort. Steifbeinig erhob er sich, fütterte Horace und rief im Büro an. Consuela war am Apparat.
    »Ich komme heute nicht zur Arbeit«, sagte er mit tonloser Stimme.
    »Peter, was ist los? Geht es dir gut?«
    »Nein. Mallory ist verschwunden, Consuela. Ich kann sie nicht finden. Ich komme erst wieder, wenn ich sie gefunden habe. Sag George, ich habe die Grippe.«
    »Aber -«
    »Bis dann.«
    Er legte den Hörer auf, ging zurück ins Wohnzimmer und versetzte sich wieder in Trance. Auch der Dienstag verstrich, ohne dass er es bemerkte.
    Um acht Uhr abends schaltete sich erneut automatisch das Licht im Wohnzimmer an. Um ihn herum wurde es dunkler, und seine Entschlossenheit wuchs. Er schickte ihr Bilder von ihrer Liebesnacht und wiederholte im Geiste jeden einzelnen Moment dieses unglaublichen Samstags. »Das ist die Wahrheit«, beteuerte er wieder und wieder. »Nicht mein Tod. Meine Liebe ist es.«
    Als sich die Nacht allmählich über die Stadt senkte, suchte er immer noch nach ihr. Er spürte keinen Hunger. Sein Körper war wie betäubt. Es gab nur noch seine Liebe und Mallory, und diese beiden Teile zu vereinen, war alles, was für ihn zählte.
    Er begann wieder von vorn, rief sich ihren ersten elektrisierenden Kuss ins Gedächtnis, als er aus der Dusche gekommen war und sie ihn umarmt hatte. Langsam ließ er an sich vorbeiziehen, wie er sie entkleidet hatte, das Gefühl seiner Lippen an ihren Brustwarzen, seiner Hände, die ihre seidenweiche Haut erforscht hatten, wie er sich an sie gepresst und sein Mund ihr feuchtes, heißes Zentrum in Besitz genommen hatte.
    »Hör auf, hör auf, hör auf !«, rief Mallory verzweifelt und schlug die Haustür so heftig hinter sich zu, dass das ganze Haus erbebte.
    Peter schlug die Augen auf und sprang auf die Füße. Oder versuchte es jedenfalls, aber die gesamte untere Hälfte seines Körpers war taub und trug ihn nicht.
    »Mallory -«, sagte er schwach.
    »Was zum Teufel tust du da eigentlich?!«, wütete sie und kam drohend auf ihn zu. »Wie kannst du es wagen, mich den ganzen Tag und die ganze Nacht zu verfolgen, so dass ich keinen klaren Gedanken fassen kann?! Ich bin eben beinahe überfahren worden, als ich über die verdammte Straße gehen wollte!«
    Unwillkürlich brach Peter in Gelächter aus. Es hatte funktioniert, es hatte tatsächlich funktioniert!
    »Hör sofort auf mit diesem albernen Gekicher, Peter Drake, und verlass auf der Stelle mein Haus, bevor ich dich wegen Einbruchs verhaften lasse!«
    Da er nicht aufstehen konnte, blieb Mallory nichts anderes übrig, als zu ihm zu gehen. Peter ergriff ihre Hände und riss sie in seine Arme.
    »Lass mich los!«, schrie sie und begann zu strampeln.
    »Nein«, antwortete Peter. Er hatte sie wieder und gewiss nicht die Absicht, sie jemals wieder gehen zu lassen, egal wohin. Er presste sie auf den Boden, legte sich auf sie und drückte ihre geballten Fäuste hinter ihrem Kopf auf den Fußboden. »Wir müssen reden.«
    »Ich hasse dich, Peter Drake. Ich hasse dich unglaublich!«
    »Das ist bedauerlich«, murmelte Peter und küsste ihr sanft die Tränen von den Wangen, »weil ich dich nämlich über alles liebe.«
    »Eine Liebe, die auf Lügen und Täuschung basiert«, höhnte Mallory und wandte den Kopf ab.
    Mit reiner Willenskraft zwang er sie, ihm in die Augen zu schauen. »Du bist erfüllt von meiner Liebe, Mallory, und du weißt, dass das nicht wahr ist. Ich habe dich nie belogen. Von Anfang an nicht. Damals kannte ich dich noch gar nicht, liebte dich noch nicht. Wir sind Seelenverwandte, Mallory Atkinson. Wir sind

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