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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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solche Erfindungen wie das Perpetuum mobile und andere Maschinen drauf, womit er sich schon ruiniert hat und mich dazu.«
    »Sie wünschen also,« sagte la Peyrade, »daß von dem Ihnen eben zugefallenen Legat weder die Akademie noch Ihr Herr irgend etwas erfahren sollen?«
    »Wie klug der Herr ist, und wie gut er die Sache versteht!« sagte die Fromme lächelnd.
    »Und andererseits«, fuhr der Advokat fort, »möchten Sie das Geld nicht bei sich aufbewahren.«
    »Damit es mein Herr nicht findet und mir wegnimmt! Andererseits wird der Herr verstehen, daß ich es nicht ungern sehen würde, wenn das Geld einige Zinsen brächte, damit ich meinem braven Herrn auch mal etwas Gutes antun könnte.«
    »Und so hohe Zinsen als möglich, nicht wahr?« sagte der Advokat.
    »Nun ja, fünf bis sechs Prozent.«
    »Sie wünschten also seit längerer Zeit meinen Rat gleichzeitig wegen einer Bittschrift bezüglich des Tugendpreises und wegen einer Geldanlage?«
    »Ach, der Herr ist ja so gütig, so wohltätig und so entgegenkommend!«
    »Die Angelegenheit mit der Bittschrift, wenn erst einige Nachforschungen angestellt sind, ist nicht schwierig; aber Ihnen eine Anlegungsmöglichkeit zu verschaffen, über die, bei absoluter Sicherheit, heiliges Stillschweigen bewahrt wird, das ist eine erheblich weniger leichte Sache.«
    »Ach, wenn ich es wagen dürfte!« sagte die Fromme.
    »Was?« fragte la Peyrade.
    »Der Herr versteht mich schon ...«
    »Ich? Nicht im geringsten.«
    »Und ich habe doch eben zum Himmel gebetet, daß der Herr selbst das Geld an sich nehmen möchte; bei Ihnen hätte ich volles Vertrauen, daß ich es wieder erhalte, und daß darüber nicht gesprochen wird.«
    La Peyrade erntete jetzt die Frucht seiner gespielten Hingebung für die Bedürftigen. Der Chor der Portiersfrauen des Viertels, der ihn bis in den Himmel erhob, hatte allein diesem Dienstboten das unbegrenzte Vertrauen einflößen können, das ihm hier entgegengebracht wurde. Er dachte sogleich an Dutocq und war nicht weit von dem Glauben entfernt, daß ihm dieses Weib von der Vorsehung gesandt worden sei. Aber je mehr es ihn trieb, von der Gelegenheit, frei zu werden, Gebrauch zu machen, um so mehr empfand er das Bedürfnis, den Anschein hervorzurufen, daß er nur der Gewalt, die auf ihn ausgeübt wurde, wiche, und er machte unzählige Einwendungen.
    Im Ganzen genommen setzte er kein großes Vertrauen in den Charakter seiner Klientin und hatte Bedenken, vulgär gesprochen, den Teufel mit Beelzebub auszutreiben und anstelle eines Gläubigers, der nach allem doch sein Komplize war, ein Klatschweib zu setzen, das von einem Augenblick zum andern sehr anspruchsvoll werden und sich zum Drängen auf Rückzahlung und zu einem Skandal hinreißen lassen mochte, der seinem Ruf sehr schaden konnte. Er entschloß sich also, alles auf eine Karte zu setzen.
    »Meine gute Frau,« sagte er, »ich selbst brauche kein Geld, aber ich bin nicht reich genug, um Ihnen den Betrag von fünfundzwanzigtausend Franken zu verzinsen, ohne ihn anzulegen. Alles, was ich für Sie tun kann, ist, daß ich es auf meinen Namen bei dem Notar Dupuis unterbringe; das ist ein frommer Mann, den Sie am Sonntag in seinem Kirchenstuhl in unserer Pfarrkirche sitzen sehen können. Wie Sie wissen, geben die Notare keine Quittung; ich werde ebenfalls keine ausstellen, sondern kann Ihnen nur versprechen, daß ich, für meinen Todesfall, in meinen Papieren eine Aufzeichnung machen werde, die Ihnen die Rückgabe der deponierten Summe verbürgt. Sie sehen, es ist eine Sache blinden Vertrauens, und ich lasse mich nur sehr ungern darauf ein und nur um einer Person gefällig zu sein, die sich durch ihren frommen Sinn und den wohltätigen Gebrauch, den sie von ihrem kleinen Vermögen zu machen beabsichtigt, meinem Wohlwollen ganz besonders empfiehlt.«
    »Wenn der Herr der Ansicht ist, daß es nicht anders zu machen geht ...«
    »Es ist alles, was ich für möglich halte«, sagte la Peyrade. »Im übrigen ist es wohl möglich, daß ich Ihnen eine Verzinsung von sechs Prozent verschaffen kann, und Sie dürfen darauf rechnen, daß Ihnen die Zinsen pünktlich auf den Tag bezahlt werden. Nur könnte es sechs Monate bis ein Jahr dauern, bevor Ihnen der Notar das Kapital wieder herauszuzahlen in der Lage ist, weil die Notare das Geld gewöhnlich in Hypotheken anlegen und es damit für mehr oder weniger lange Zeit unkündbar wird. Wenn Sie nun den Tugendpreis erhalten haben, was ich allem Anschein nach für Sie durchsetzen

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