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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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langes Bedenken wunderte, gesagt, »das ist schon eine furchtbare Aufgabe; aber über den Geist – wer kann sich einem solchen Amt gewachsen fühlen?«
    Auch dieses Mal wieder hatte die Familie, diese Klippe für alle verständigen Entschlüsse, versucht, einen Angriff auf seine Überzeugung zu machen, und die Aussicht auf freie Logen- und andere Plätze, über die das künftige Komiteemitglied zugunsten der Seinigen zu verfügen haben würde, hatte in seiner Umgebung eine so stürmische Gärung hervorgerufen, daß die Freiheit seiner Entscheidung eine kurze Zeit bedroht erschien. Aber glücklicherweise konnte Brutus sich in demselben Sinne entscheiden, zu dem ihn ein förmlicher Aufruhr des gesamten phellionischen Tribus drängte; auf die Gründe Barniols, seines Schwiegersohnes, hin und auch nach seiner eignen Einsicht war er davon überzeugt, daß er, da er immer für moralisch unangreifbare Werke stimmen und mit wohlüberlegter Absicht jedem Stücke den Weg versperren würde, in das eine Familienmutter ihre Tochter nicht mitnehmen könnte, berufen war, der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit den größten Dienst zu leisten.
    Phellion war also, um seine Ausdrucksweise anzuwenden, Mitglied des »Areopags« geworden, dem Minard präsidierte. Und er hatte, um weiter in seiner Sprache zu reden, »sein Haus verlassen«, um seine ebenso »interessanten wie delikaten« Amtspflichten zu erfüllen, als die Unterhaltung, die wir hier wiedergeben, stattfand; da sie für das Verständnis der späteren Ereignisse dieser Geschichte nötig ist und außerdem das Gefühl des Neides, eines der hervorstechendsten Züge des Bourgeoischarakters, deutlich ins Licht setzt, so muß diese Unterredung unvermeidlich hier ihre Stelle finden.
    Die Sitzung des Komitees war sehr stürmisch gewesen.
    Anläßlich einer Tragödie mit dem Titel: »Der Tod des Herkules« waren sich die klassischen und die romantischen Ansichten, die der Herr Bürgermeister absichtlich gleichmäßig in dem Komitee verteilt hatte, beinahe in die Haare geraten.
    Zweimal hatte sich Phellion zum Worte gemeldet, und man war erstaunt darüber, welche Unzahl von Metaphern die Rede eines Bataillonskommandeurs der Nationalgarde enthalten kann, wenn seine literarischen Überzeugungen angegriffen werden.
    Nach der Abstimmung, bei der die Partei, deren beredtes Organ Phellion gewesen war, gesiegt hatte, sagte er, als er mit Minard die Treppe des Theaters hinabging:
    »Wir haben heute tüchtige Arbeit geleistet! Dieser ›Tod des Herkules‹ erinnert mich an den ›Tod des Hektor‹ von dem seligen Luce de Lancival; das Werk, das wir angenommen haben, enthält erhabene Verse.«
    »Ja,« sagte Minard, »die Verse sind geschmackvoll; es enthält auch schöne Sentenzen, und ich muß Ihnen gestehen, daß ich diese Literatur doch etwas höher stelle, als die Anagramme des edlen Colleville.«
    »Oh,« sagte Phellion. »Collevilles Anagramme sind einfache Wortspiele, die mit den ernsten Tönen Melpomenes nichts gemein haben.«
    »Nun,« fuhr Minard fort, »ich kann Ihnen versichern, daß er diesen Albernheiten einen außerordentlichen Wert beimißt, wie sich der Herr Musikus auch auf eine Anzahl anderer Dinge viel einbildet. Übrigens haben seit ihrer Übersiedelung in das Madeleineviertel nach meiner Ansicht nicht nur der gestrenge Herr Coleville, sondern auch seine Frau, seine Tochter, die Thuilliers und die ganze Sippschaft ein schwer zu rechtfertigendes hochfahrendes Benehmen angenommen.«
    »Was wollen Sie?« sagte Phellion, »man muß einen sehr gefestigten Charakter besitzen, um den betäubenden Duft der Opulenz zu ertragen; unsere Freunde sind durch den Ankauf des Grundstücks, das sie sich zu bewohnen entschlossen haben, sehr reich geworden, man muß ihnen eine gewisse Trunkenheit in der ersten Zeit zugute halten; übrigens war das Diner, das sie uns gestern zur Einweihungsfeier gegeben haben, ebenso gewählt wie schmackhaft.«
    »Auch ich«, sagte Minard, »schmeichle mir, einige hervorragende Diners gegeben zu haben, an denen sehr hochgestellte Mitglieder der Regierung nicht verschmähten teilzunehmen, aber ich habe mich deshalb doch nicht maßlos aufgeblasen, und ich bin immer derselbe, so wie man mich gekannt hat, geblieben.«
    »Sie, Herr Bürgermeister, sind bereits seit langer Zeit an das vornehme Leben, das Sie Ihren hohen kaufmännischen Fähigkeiten zu verdanken haben, gewöhnt; aber unsere Freunde, die, im Gegensatz dazu, erst seit gestern Passagiere des

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