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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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werde, und Sie dann nicht mehr nötig haben werden, was ich augenblicklich durchaus verstehen kann, Ihr kleines Vermögen zu verheimlichen, so muß ich Ihnen doch erklären, daß im Falle einer Indiskretion Ihrerseits Ihnen das Kapital sofort wieder zugestellt werden, und daß ich mich nicht abhalten lassen würde, öffentlich bekannt zu geben, wie Sie Ihre Erbschaft vor ihrem Herrn verheimlichten, für den Sie sich angeblich so völlig aufgeopfert haben. Sie verstehen, daß das Ihre Gutherzigkeit als falsch erweisen und Ihrem Rufe als fromme Person sehr schaden würde.«

»Oh, wie kann der Herr denken,« sagte sie, »daß ich so eine bin, die etwas sagen könnte, was sie nicht soll!«
    »Lieber Gott, bei Geschäftsangelegenheiten, meine Beste, muß man auf alles gefaßt sein; das Geld entzweit die besten Freunde miteinander und veranlaßt zu Schritten, an die man am wenigsten gedacht hätte. Also überlegen Sie sich die Sache und kommen Sie in einigen Tagen wieder, vielleicht finden Sie bis dahin eine bessere Lösung, und auch ich, der ich augenblicklich diese Angelegenheit, gegen die ich mich im Grunde genommen sträube, leicht nehme, werde bis dahin vielleicht Schwierigkeiten bei unserm Arrangement entdeckt haben, die ich jetzt noch nicht sehe.«
    Diese zum Schluß geschickt hingeworfene Drohung mußte die sofortige Entscheidung herbeiführen.
    »Ich habe alles überlegt«, sagte die Frau; »bei einem so frommen Manne, wie der Herr einer ist, kann man keinerlei Gefahr laufen.«
    Und sie zog aus ihrem Brusttuch ein Portefeuille heraus und entnahm ihm fünfundzwanzig Kassenscheine. Die gewandte Art, mit der sie sie aufzählte, war für la Peyrade wie eine Offenbarung. Dieses Weib mußte Übung haben, mit Geld umzugehen, und ein eigenartiger Gedanke schoß ihm durch den Kopf ...
    »Sollte ich etwa«, dachte er, »eine Hehlerrolle spielen? – Nein,« sagte er dann, »um die Bittschrift an die Akademie abzufassen, muß ich, wie ich Ihnen eben schon sagte, einige Nachforschungen anstellen und infolgedessen bald zu Ihnen kommen. Um welche Zeit sind Sie allein?«
    »Um vier Uhr; da geht mein Herr im Luxembourg spazieren.«
    »Und wo wohnen Sie?«
    »Rue du Val-de-Grâce, Nummer 9.«
    »Also auf vier Uhr; und wenn, woran ich nicht zweifle, die Auskünfte günstig sind, will ich Ihr Geld an mich nehmen. Wenn Sie andererseits Ihre Absichten auf den Tugendpreis nicht weiter verfolgen sollten, hätten Sie ja kein Interesse daran, Ihre Erbschaft zu verheimlichen; Sie könnten sie dann zu besseren Bedingungen unterbringen, als ich sie Ihnen vorzuschlagen gezwungen bin.«
    »Ach, der Herr ist so ängstlich«, sagte die Frau, die die Sache schon für erledigt hielt. »Ich habe das Geld doch, gottlob, nicht gestohlen, und der Herr kann sich in unserm Viertel über mich erkundigen.«
    »Das ist auch unbedingt nötig«, sagte la Peyrade trocken, dem dieser unter äußerer Harmlosigkeit versteckte Verstand, der alle seine Gedanken durchschaute, unangenehm war; »der Tugendpreis wird nicht auf Ihre bloße Aussage hin verliehen, und wenn man auch keine Diebin ist, so braucht man darum noch keine barmherzige Schwester zu sein; es ist viel Raum zwischen diesen beiden Extremen.«
    »Wie es dem Herrn beliebt«, sagte sie; »der Herr leistet mir einen zu großen Dienst, als daß ich ihn nicht alle Vorsichtsmaßregeln treffen lassen sollte.«
    Und nach einer salbungsvollen Verabschiedung entfernte sie sich mit ihrem Gelde.
    »Teufel noch mal!« dachte la Peyrade, »dieses Weib ist schlauer als ich; sie schluckt die bittersten Pillen hinunter, ohne eine Miene zu verziehen. Ich bin noch nicht imstande, mich so zu beherrschen.«
    Er fürchtete, daß er sich zu gewissenhaft gezeigt habe und erwog, ob nicht seine Gläubigerin bis zu seinem angekündigten Besuch anderer Meinung geworden sein würde.
    Aber das Übel war geschehen, und obwohl er sehr in Sorge war, daß er die gute Gelegenheit versäumt haben könnte, hätte er sich doch eher ein Bein abnehmen lassen, als daß er, seinem Drange entsprechend, die für den Besuch festgesetzte Stunde auch nur um eine Minute verkürzt hätte.
    Die Auskünfte, die er in dem Viertel erhielt, waren ziemlich widerspruchsvoll: die einen erklärten seine Klientin für eine Heilige, die andern für einen gerissenen Schlaukopf; aber im ganzen wurde gegen ihren moralischen Ruf nichts Belastendes vorgebracht, was la Peyrade genötigt hätte, auf den unverhofften Glücksfall, der sich ihm bot, zu verzichten.
    Als

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