Die Kleinbürger (German Edition)
lachenden Glücksschiffs sind, haben noch nicht, wie man sagt, die Seebeine.«
Und um dieses Gespräch, bei dem, wie Phellion fand, der Herr Bürgermeister sehr beißend wurde, abzubrechen, schickte er sich an, von ihm Abschied zu nehmen. Sie hatten nicht denselben Weg nach ihren beiderseitigen Wohnungen.
»Gehen Sie nicht durch den Luxembourggarten?« fragte Minard, der sich nicht abschütteln lassen wollte.
»Jawohl, aber ich halte mich dort nicht auf. Ich habe mit meiner Frau verabredet, daß sie mich mit den kleinen Barniols am Ende der großen Allee erwarten soll.«
»Nun,« sagte Minard, »dann werde ich auch das Vergnügen haben, Frau Phellion zu begrüßen und gleichzeitig ein wenig Luft zu schnappen; es ist ja sehr hübsch, so schöne Sachen zu hören, aber die Arbeit, die wir heute geleistet haben, macht Einem den Kopf warm.«
Minard hatte wohl gemerkt, daß Phellion nicht gern auf seine etwas spitzen Bemerkungen über die neue Behausung der Thuilliers antworten wollte. Er machte also keinen weiteren Versuch, auf diese Sache wieder zurückzukommen; aber sobald er mit Frau Phellion ins Gespräch kam, bei der er sicher war, daß seine Bosheiten eher ein Echo finden würden, sagte er:
»Nun, meine schöne Frau, was denken Sie über das gestrige Diner?«
»Es war sehr schön,« antwortete Frau Phellion, »und von der Geflügelsuppe an habe ich gemerkt, daß irgendein großer Traiteur wie Chevet an die Stelle der schlechten Köchin getreten war. Aber es war keine fröhliche Stimmung und nicht die Gemütlichkeit wie bei unserem kleinen Gesellschaften im Quartier Latin. Und haben Sie nicht auch bemerkt, daß weder Frau noch Fräulein Thuillier mehr Herrinnen in ihrem Hause zu sein scheinen? Ich habe schließlich geglaubt bei Frau ... wie heißt sie doch? – zu sein; ich habe mir ihren Namen nicht merken können.«
»Torna, Gräfin von Godollo«, sagte Phellion dazwischen. »Der Name ist aber doch äußerst wohllautend.«
»Mag er wohllautend sein, soviel du willst, mein Lieber, aber für mich klingt das überhaupt nicht wie ein Name.«
»Es ist ein madgyarischer, oder vulgär gesprochen, ein ungarischer Name. Wenn man über unseren Namen streiten wollte, so könnte man sagen, daß er wie aus dem Griechischen entlehnt klingt.«
»Möglich, aber wir, wir haben den Vorzug, daß man uns kennt, nicht allein in unserm Viertel, sondern in der ganzen Lehrerwelt, wo wir uns eine ehrenvolle Stellung errungen haben; aber diese ungarische Gräfin, die jetzt im Hause Thuillier den Ton angibt, wo stammt sie denn her? Wie war es ihr, zumal mit ihren Manieren einer großen Dame – denn das kann man ihr nicht absprechen, sie hat ein sehr vornehmes Auftreten, diese Frau –, wie war es ihr möglich, Brigitte in sich verliebt zu machen, die, unter uns gesagt, ihre Herkunft doch nicht verleugnen kann und schon von weitem nach der Portierstochter riecht, daß einem übel werden kann? Nach meiner Meinung ist diese so hingebungsvolle Freundin eine Intrigantin; sie hat gemerkt, daß hier etwas zu machen ist, und spart sich einen kleinen Ausbeutungsfeldzug für später auf.«
»Ach so,« sagte Minard, »Sie wissen also noch nicht, aus welchem Anlaß diese nahen Beziehungen zwischen der Frau Gräfin von Godollo und den Thuilliers entstanden sind?«
»Sie ist eine ihrer Mieterinnen, die das Zwischengeschoß unter ihnen bewohnt.«
»Gewiß, aber es kommt noch ein besonderer Umstand hinzu. Zélie, meine Frau, weiß es von Josephine, die damals gern bei uns in Dienst getreten wäre; es wurde nichts daraus, weil unsere Franziska, die heiraten und von uns weggehen wollte, sich schließlich anders besonnen hat. Erfahren Sie also, schöne Frau, daß die Auswanderung der Thuilliers einzig und allein der Frau von Godollo zuzuschreiben ist, die ihnen das Mobiliar geliefert hat.«
»Wie, eine Möbelhändlerin?« rief Phellion, »diese vornehme Dame, von der man sagen möchte: ›Incessu patuit dea‹, was wir ziemlich unvollkommen ins Französische mit ›ein Anstand wie eine Königin‹ übersetzen.«
»Erlauben Sie,« sagte Minard, »ich behaupte nicht, daß die Frau Gräfin von Godollo direkt eine Möbelhändlerin ist; aber in der Zeit, wo Fräulein Thuillier sich auf la Peyrades Rat entschloß, ihr Haus bei der Madeleine selbst zu verwalten, gelang es diesem kleinen Herrn, der auf sie durchaus nicht den Einfluß ausübt, wie er uns glauben machen möchte, – gelang es ihm nicht ohne Schwertstreich, sie dazu zu bestimmen, in
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