Die Kleinbürger (German Edition)
ja der edle la Peyrade. Sie machen ja nette Sachen mit Ihrem Freunde Thuillier!«
»Wie geht es dir?« fragte la Peyrade in bestimmtem, aber freundlichem Tone.
»Ich bin, wie du siehst,« antwortete Cérizet, »immer noch an meine Galeere geschmiedet; aber, um bei dem nautischen Bilde zu bleiben, will ich dich fragen, welcher Wind dich herführt: sollte es vielleicht ein widriger Wind sein?«
Ohne darauf zu antworten, setzte sich la Peyrade neben ihn und sagte ernst:
»Mein Lieber, wir müssen miteinander reden.«
»Mir scheint,« sagte der giftige Cérizet, der nicht nachließ, »daß sich dein Verhältnis zu den Thuilliers seit der Beschlagnahme der Broschüre ganz schauderhaft abgekühlt hat.«
»Die Thuilliers sind undankbare Menschen,« antwortete la Peyrade, »ich habe mit ihnen gebrochen.«
»Bruch oder Verabschiedung,« sagte Cérizet, »ihre Tür ist dir darum nicht weniger verschlossen, und nach dem, was mir Dutocq erzählt, spricht Brigitte über dich in einer mehr als leichtfertigen Weise. Siehst du, lieber Freund, das kommt davon, wenn man seine Geschäfte allein machen will: gerät man dann in Schwierigkeiten, so hat man niemanden, der sie aus dem Wege räumt. Hättest du mir die Gesamtmiete verschafft, so wäre ich bei den Thuilliers eingeführt worden, Dutocq hätte sich nicht von dir zurückgezogen, und wir hätten dich allmählich in den Hafen gesteuert.«
»Und wenn ich nun gar nicht in diesen Hafen einfahren will?« entgegnete la Peyrade ziemlich lebhaft. »Ich sage dir, ich habe die Thuilliers bis hierher; ich habe zuerst mit ihnen gebrochen und ihnen gesagt, daß sie mir aus dem Wege gehen sollen; und wenn Dutocq etwas anderes behauptet, dann kannst du ihm sagen, daß er lügt. Ist das deutlich? Habe ich mich nun klar ausgedrückt?«
»Aber, mein Lieber, gerade wenn dir die ganze ›Thuillerie‹ so zuwider ist, hättest du mich bei ihnen einführen müssen; da hättest du gesehen, wie ich dich gerächt haben würde, indem ich sie ausgebeutet hätte.«
»In dieser Beziehung hast du recht,« bemerkte la Peyrade, »und es wäre zu wünschen, daß ich dich auf sie losgelassen hätte; aber eins muß ich bemerken: in der Sache mit dem Mietvertrage habe ich nichts durchsetzen können.«
»Jedenfalls«, sagte Cérizet, »hast du dich verpflichtet gefühlt, Brigitte zu sagen, daß sie die Summe von zwölftausend Franken, die ich an ihr verdienen wollte, ebensogut in ihrer Tasche behalten könne.«
»Es scheint,« antwortete der Advokat, »daß Dutocq das ehrenwerte Handwerk eines Spions, das er früher in den Bureaus des Finanzministeriums betrieb, fortsetzt, und daß er, wie alle Leute, die dieses schmutzige Gewerbe betreiben, ebenso geistreich wie wahrheitsgemäß Bericht erstattet ...«
»Nimm dich in acht!« sagte Cérizet, »du sprichst von meinem Chef und in seiner Höhle.«
»Höre, ich bin hergekommen,« sagte la Peyrade, »um mit dir von ernsthaften Dingen zu reden; willst du mir nun den Gefallen tun, und die Thuilliers und, was mit ihnen zusammenhängt, beiseite lassen und mir aufmerksam zuhören?«
»Also sprich, mein Lieber,« sagte Cérizet, und legte seine Feder weg, die bis dahin unausgesetzt über das Stempelpapier gelaufen war, »ich höre dir zu.«
»Du hast mir seiner Zeit«, fuhr la Peyrade fort, »von einer Partie mit einem reichen, majorennen Mädchen erzählt, das, wie du dich euphemistisch ausdrücktest, an einer leichten Hysterie leidet.«
»Also doch!« rief der Wucherer aus; »darauf wartete ich; du hast dir aber recht lange Zeit gelassen, darauf zurückzukommen!«
»Was beabsichtigtest du,« fragte la Peyrade, »als du mir diese Erbin antrugst?«
»Nun, dich ein ausgezeichnetes Geschäft machen zu lassen; du brauchtest dich nur zu bücken und es aufzunehmen. Ich war in aller Form beauftragt, es dir vorzuschlagen, und ich bekam dafür keine Vermittlungsgebühr, sondern wäre ganz auf deine Freigebigkeit angewiesen gewesen.«
»Aber du hattest doch nicht allein den Auftrag, mich auszuforschen; eine Dame hatte doch ihrerseits dieselbe Mission?«
»Eine Dame?« entgegnete Cérizet ganz unbefangen, »nicht daß ich wüßte.«
»Ja, eine ziemlich junge hübsche Ausländerin, der du in der Familie meiner Zukünftigen begegnet sein mußt, der sie aufs wärmste ergeben zu sein scheint.«
»Niemals«, sagte Cérizet, »ist bei dieser Angelegenheit von einer Frau die Rede gewesen; ich habe allen Anlaß, zu glauben, daß ich ausschließlich mit dieser Sache betraut
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