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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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würdest du ein besserer Deputierter sein als ich«, bemerkte Thuillier bescheiden. »Aber du hast ja, wie ich glaube, noch nicht das gesetzliche Alter.«
    »Es gibt noch einen besseren Grund dafür,« sagte la Peyrade, »nämlich den, daß ich dein Freund bin; ich habe dich als den alten wiedergefunden, und ich werde dir mein Wort, das ich dir gegeben habe, halten. Ich ziehe es vor, daß man von mir sagt: ›Er machte Deputierte und wollte keiner sein.‹
    Jetzt muß ich dich verlassen und zu meiner Verabredung gehen. Also morgen um zwölf Uhr bei mir, ich werde dir dann Neues mitteilen können.«
    Wer einmal zu den Journalisten gehört hat, kommt nicht mehr davon los: dieses Horoskop kann man so sicher stellen wie das der Säufer.
    Wer einmal dieses fieberhaft beschäftigte und zeitweilig doch so müßige Leben gekostet hat; wer diese Lehnshoheit ausgeübt hat, von der die Intelligenz, die Kunst, das Talent, die Tugend, die Lächerlichkeit und sogar selbst die Wahrheit abhängig ist; wer auf dieser Tribüne gestanden hat, die von seinen eigenen Händen errichtet wurde, ausgestattet mit den Vollmachten dieses Amtes, zu dem man sich eigenmächtig befördert hat; wer endlich auch nur einen kurzen Zeitraum der Mandatar der öffentlichen Meinung gewesen ist, der sich selber mit seinem »allgemeinen« Stimmrecht zustimmt – der wird sich, wenn er zum Privatleben verdammt ist, wie ein Verbannter, wie eine Majestät auf dem Weg ins Exil vorkommen; und mit wie heißem Verlangen streckt er, sobald sich ihm eine Gelegenheit bietet, die Hand aus, um sich seiner Krone wieder zu bemächtigen!
    Schon allein deswegen, weil la Peyrade vor einigen Jahren Journalist gewesen war, wurden, als Etienne Lousteau ihm die Verfügung über die »Echo de la Bièvre« genannte Waffe anbot, bei ihm alle Instinkte des Pressemenschen wach.
    Die Zeitung war fallen gelassen worden; la Peyrade gedachte, sie wieder aufzunehmen. Ihre Abonnenten waren nach dem eigenen Geständnis des Verkäufers immer ziemlich dünn gesät gewesen; man würde auf sie ein kräftiges und unwiderstehliches compelle intrare ausüben. Sollte er unter den Umständen, unter dem sich ihm die Sache darbot, sie nicht für einen Wink der Vorsehung betrachten? In seiner Stellung als Advokat bedroht, würde der Provenzale, wie übrigens schon bemerkt wurde, sich damit die Situation eines »detachierten Forts« sichern, und wenn er gezwungen werden sollte, sich zu verteidigen, selbst zum Angriff schreiten und verlangen können, daß man mit ihm rechne.
    Für die Thuilliers würde ihn die Zeitung zu einer wichtigen Persönlichkeit machen; er hatte mehr Aussicht, die Wahl durchzusetzen, und gleichzeitig verband er sie, wenn ihr Geld in ein Unternehmen gesteckt war, das ohne ihn ein Abgrund und eine Schlinge für sie werden mußte, gewissermaßen eng mit sich selber und hatte von ihren Launen und ihrer Undankbarkeit nichts mehr zu befürchten.
    Diese glänzende Aussicht war dem Provenzalen bei dem Besuche Etienne Lousteaus sofort vor Augen getreten, und wir haben gesehen, in welch entscheidender Weise er Thuillier für die Entdeckung dieses Steins der Weisen begeistert hatte. Der Preis für den Ankauf war fabelhaft niedrig: eine Banknote von fünfhundert Franken, über die Etienne Lousteau den Aktionären niemals besonders Rechenschaft ablegte, machte Thuillier zum Eigentümer des Namens, des Mobiliars und der Kundschaft der Zeitung, mit deren Umgestaltung sofort begonnen wurde.
    Während diese erfolgte, begab sich Cérizet eines Morgens zu du Portail; mit diesem in keine Verbindung zu treten, war la Peyrade mehr als je entschlossen.
    »Nun«, sagte der kleine Alte zu dem Armenbankier, »weiß man schon, was für einen Eindruck die Anzeige bei dem Vorsitzenden der Advokatenkammer auf unsern Mann gemacht hat? Ist die Angelegenheit im Justizpalast schon ein wenig durchgesickert?«
    »Pah!« sagte Cérizet, den die anscheinend ziemlich häufigen Besuche bei dem Manne in der Rue Honoré-Chevalier diesem gegenüber auf den Fuß einer gewissen Vertraulichkeit gesetzt hatten; »als ob es sich darum handelte! Der Aal will uns wieder entschlüpfen; weder Zuckerbrot noch Peitsche wirken bei diesem Teufelskerl: wenn er mit dem Vorsitzenden schlecht steht, so steht er dafür bei ›seinen‹ Thuilliers in besserem Geruch als je. ›Die Nützlichkeit bringt Entfernte zueinander‹, sagt Figaro. Thuillier bedarf seiner für seine Kandidatur im Bezirk Saint-Jacques, man hat sich wieder umarmt und

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