Die Kleinbürger (German Edition)
verletzen könnte, bewahrt.‹«
»Nun, darin täuschest du dich,« antwortete Thuillier, bei dem das Eis gebrochen war; »ich spiele damit so wenig Verstecken, daß ich dir nur sagen will: ich komme direkt von dir! Deine Portiersfrau hat mich hierher geschickt.«
»Na endlich!« sagte la Peyrade, »diese Offenherzigkeit ist mir lieber; mit Leuten, die mit offenen Karten spielen, kann man sich verständigen. Also, was wolltest du von mir? Du wolltest mit mir über deine Wahl reden? Ich habe mich schon damit befaßt.«
»Wirklich?« sagte Thuillier, »und wie das?« »Hier,« entgegnete la Peyrade, suchte unter der Robe in seiner Tasche nach und zog ein Papier heraus, »das habe ich in der Sitzung hingekritzelt, während der Advokat meiner Gegenpartei, wie der Fachausdruck lautet, abschweifte.«
»Was ist es denn?« fragte Thuillier.
»Lies nur, dann wirst du schon sehen.«
Auf dem Papier stand folgendes:
Voranschlag für eine Zeitung in kleinem Format bei einem jährlichen Abonnementspreis von dreißig Franken.
Bei einer Auflage von fünftausend betragen die Kosten monatlich:
??? Tabelle
Papier, fünf Ries zu zwölf Franken . 1,860 Fr. Satz ... ... ... . . 2,400 " Druck ... ... ..... 450 " Ein Rechnungsführer ..... 250 " Ein Gehilfe ... ... ... 100 " Ein verantwortlicher Redakteur, der zugleich Kassierer ist ..... 200 " Ein Expedient ... ..... 100 " Falzerinnen ... ... ... 420 " Ein Bureauschreiber ... ... 80 " Kreuzbänder und Bureaukosten ..... 150 " Miete ... ... ..... 100 " Stempel und Porto ... ... 7,500 " Redaktion u. stenographische Berichte 1,500 "
Im ganzen monatlich: 15,110 Fr. " " jährlich: 181,320 "
»Du willst eine Zeitung gründen?« fragte Thuillier ängstlich.
»Ich will gar nichts,« erwiderte la Peyrade; »ich muß dich fragen, ob du Deputierter werden willst.«
»Ganz gewiß, da du, als du mich in den Generalrat brachtest, mir diesen Ehrgeiz in den Kopf gesetzt hast. Aber bedenke doch, mein Lieber, ich soll hunderteinundachtzigtausenddreihundertzwanzig Franken hinauswerfen! Bin ich so reich, daß ich das aushalten kann?«
»Jawohl,« antwortete la Peyrade; »zunächst kannst du durchaus, ohne daß es dich genieren würde, diese Ausgabe ertragen, die im Hinblick auf das Ziel, das du erreichen willst, absolut nicht übermäßig ist. In England bringt man für einen Sitz im Parlament noch ganz andere Opfer. In jedem Fall aber bitte ich dich, zu erwägen, daß die Sätze des Anschlags sehr hoch angenommen sind. Einzelne Posten können sogar ganz gestrichen werden, so der Rechnungsführer, den du ja nicht brauchst: Du, ein alter Rechnungsbeamter, und ich, ein ehemaliger Journalist, wir können das übernehmen und nebenher erledigen; ebenso brauchen wir für Miete nichts einzustellen; du hast ja noch deine alte Wohnung in der Rue Saint-Dominique, die noch nicht vermietet ist und die ein vorzügliches Redaktionsbureau abgeben wird.«
»Alles das,« sagte Thuillier, »bedeutet aber nur eine Ersparnis von zweitausendvierhundert Franken jährlich.«
»Auch das ist schon etwas, aber dein Irrtum besteht darin, daß du mit einer Jahresausgabe rechnest. Wann finden die Wahlen statt?«
»In zwei Monaten«, sagte Thuillier. »Also auf zwei Monate gerechnet betragen die Kosten für dich dreißigtausend Franken, wobei noch angenommen wird, daß die Zeitung keinen einzigen Abonnenten haben soll.«
»Das ist richtig,« sagte Thuillier, »die Ausgabe ist in der Tat weniger groß, als ich zuerst glaubte; aber scheint es dir denn unentbehrlich, daß wir eine Zeitung haben?«
»So unentbehrlich, daß ich, ohne diese Macht in der Hand zu haben, die Sache nicht mitmachen würde. Du machst dir keine Vorstellung davon, mein armer Junge, wie ungeheuer du durch deinen Wegzug auf die andere Seite des Flusses, vom Standpunkt der Wahl aus betrachtet, an Boden verloren hast. Du bist jetzt nicht mehr der Vertrauensmann des Viertels, man kann dich mit dem einen Wort: absentisme, wie die Engländer sagen, kaltstellen. Du hast jetzt eine viel schwierigere Rolle zu spielen.«
»Ich gebe das zu,« antwortete Thuillier; »aber für die Zeitung brauchen wir doch außer Geld noch einen Namen, einen Herausgeber, Redakteure.«
»Den Namen haben wir; Redakteure sind wir beide und einige junge Leute, wie man sie in Paris scheffelweise haben kann; als Herausgeber habe ich schon jemanden im Auge.«
»Und wie soll der Titel heißen?« fragte Thuillier.
»Das ›Echo de la Bièvre‹.«
»Aber es gibt doch schon ein Blatt
Weitere Kostenlose Bücher