Die Kleinbürger (German Edition)
als fünfundzwanzigtausend Franken?« fragte du Portail ungläubig.
»Gerät man um eine geringere Summe in Konkurs?« antwortete Cérizet wie ein Mann, der ein Axiom aufstellt.
»Ich sehe also, daß man Ihnen die Summe vorstrecken muß,« sagte du Portail gut gelaunt; »aber die Frage ist, ob Ihre Beteiligung an der Sache einen Verlust der Zinsen von dreiunddreißigtausenddreihundertdreiunddreißig Franken und dreiunddreißig Centimes wert ist.«
»Nun,« sagte Cérizet, »wenn ich einmal bei Thuillier Fuß gefaßt habe, dann würde es mir nicht schwer fallen, la Peyrade mit ihm in ein schlechtes Verhältnis zu bringen. Bei der Redaktion einer Zeitung gibt es tausend unvermeidliche Häkeleien, und wenn ich dann immer die Partei des Dummen gegen den Klugen nehme, würde ich die Eigenliebe des einen anstacheln und die des andern so verletzen können, daß ihnen das Zusammenleben bald unmöglich werden dürfte. Sie sprachen ferner von der politischen Gefahr: Sie müssen wissen, daß ein verantwortlicher Redakteur, wenn er die erforderliche Intelligenz besitzt, um kein bloßer Strohmann zu sein, der Sache unbemerkt den Stempel, den man wünscht, aufdrücken kann.«
»Es ist etwas Wahres an dem, was Sie sagen,« antwortete du Portail; »aber am meisten liegt mir daran, daß la Peyrade eine Schlappe erleidet.«
»Außerdem,« sagte Cérizet, »um ihn bei den Thuilliers zu vernichten, dazu glaube ich noch ein anderes kleines verfängliches Mittel zu kennen.«
»Dann sagen Sie es doch!« rief du Portail ungeduldig; »Sie drehen sich wie die Katze um den heißen Brei, als ob ich ein Mann wäre, bei dem es Zweck hat, Ausflüchte zu machen.«
»Sie werden sich erinnern,« entgegnete Cérizet, der klein beigab, »wie damals Dutocq und ich sehr erstaunt waren, daß la Peyrade ganz ungeniert plötzlich die fünfundzwanzigtausend Franken bezahlen konnte.«
»Sollten Sie«, bemerkte der Rentier lebhaft, »entdeckt haben, woher diese im Besitze des Herrn Advokaten unwahrscheinliche Summe herrührte? Und hat ihre Herkunft etwas Verdächtiges?«
»Hören Sie!« sagte Cérizet.
Und er erzählte mit allen Einzelheiten von der Angelegenheit der Frau Lambert, mußte aber hinzufügen, daß er, als er die Frau in der Gerichtsschreiberei des Friedensgerichts an dem Tage ihrer Begegnung mit la Peyrade beiseite genommen hatte, kein Geständnis von ihr hatte herausbekommen können, obgleich die edle Dame durch ihre Haltung jeden Verdacht, den Dutocq und er selbst gegen sie hegten, zu rechtfertigen schien.
»Frau Lambert, Rue du Val-de-Grâce Nr. 9, bei dem Herrn Picot, Professor der Mathematik«, sagte du Portail und machte sich eine Notiz. »Schön, mein lieber Herr Cérizet,« fügte er hinzu, »besuchen Sie mich morgen wieder.«
»Aber denken Sie daran,« sagte der Wucherer, »daß ich morgen im Laufe des Tages la Peyrade Bescheid geben muß. Er drängte sehr mit dem Abschluß.«
»Schön! Sie werden zusagen und für die Hinterlegung der Kaution einen Aufschub von vierundzwanzig Stunden verlangen, und wenn wir nach den eingezogenen Erkundigungen kein Interesse an der Sache haben sollten, dann werden Sie eben ihr Wort nicht halten; man kommt deshalb noch nicht vor die Geschworenen.«
Abgesehen von dem gewissermaßen faszinierenden Einfluß, den er auf seinen Agenten ausübte, ließ du Portail nie eine Gelegenheit vorübergehen, ohne auf den etwas trüben Ursprung ihrer Beziehungen anzuspielen.
Als Cérizet am nächsten Tage bei dem Rentier erschien, sagte du Portail zu ihm:
»Sie haben richtig vermutet: die Frau Lambert, genötigt, das Vorhandensein ihres Geldes geheimzuhalten, und im übrigen voll Verlangen, die unterschlagene Summe zu gutem Zins anzulegen, wird auf den Gedanken gekommen sein, la Peyrade deshalb aufzusuchen; seine äußere Scheinheiligkeit empfahl ihn ihrem Vertrauen, sie wird ihm den Betrag sicher ohne Quittung ausgehändigt haben. Mit was für Geld ist Dutocq bezahlt worden?«
»Mit neunzehn Tausendfranken- und zwölf Fünfhundertfrankenscheinen.«
»Es stimmt genau,« fuhr du Portail fort, »es bleibt uns kein Zweifel mehr. Was für einen Gebrauch gedenken Sie nun Thuillier gegenüber von dieser Aufklärung zu machen?«
»Ich gedenke ihm klar zu machen, daß la Peyrade, dem er sein Patenkind geben will, bis über die Ohren in Schulden steckt; daß er sich heimlich und zu Wucherzinsen Geld geliehen hat; daß er, um die Schulden loszuwerden, die Zeitung bis auf die Knochen aufessen wird; daß seine
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